Interview mit Krimiautorin Elisabeth Florin

Nachdem Krimiautorin Elisabeth Florin im Frühjahr 2013 ihren Commissario Pavarotti ins Leben gerufen hatte, führte sie ihre Leser mit ihrem zweiten Roman »Commissario Pavarotti küsst im Schlaf« vor rund einem Jahr erneut in den Norden Italiens. Im Interview mit der Literaturplattform www.leserkanone.de sprach die Autorin über dieses Buch, über das kriminelle Potenzial von Südtirol und über ihre zukünftigen Projekte.

– Frau Florin, vermutlich hat noch nicht jeder Besucher unserer Webseite Notiz von Ihrem neuen Roman genommen. Könnten Sie unseren Lesern »Commissario Pavarotti küsst im Schlaf« kurz mit eigenen Worten vorstellen?

Das Buch ist ein Kriminalroman, der sich als übergeordnetes Thema mit der Suche nach Identität beschäftigt - und damit, wie eine Spirale von Gewalt und Hass entsteht, wenn Identität zerstört wird. In einem psychiatrischen Sanatorium in Südtirol wird ein Toter gefunden, von dem niemand weiß, wer er wirklich war. Es ist natürlich schwierig, einen Mörder zu finden, wenn selbst die Leiche so viele Rätsel aufgibt. Die psychiatrische Klinik ist eine Umgebung, in der sich Commissario Pavarotti nur höchst ungern bewegt. Deshalb ist er froh, dass die Deutsche Lissie von Spiegel, für die er tief im Inneren mehr als nur freundschaftliche Gefühle hegt, ihn auch in diesem Fall unterstützt. Ich glaube, ich darf versprechen, dass dem Leser rasante Ermittlungen in Südtirol, Frankfurt und sogar auf einem Kreuzfahrtschiff bevor stehen.

– Den Lesern welcher anderer Autoren oder welcher anderen Romane würden Sie Ihr Buch ans Herz legen? Haben Sie literarische Vorbilder, oder haben Sie Ihren eigenen Stil auf andere Weise gefunden? Was sind Ihre eigenen Lieblingsbücher?

Krimis müssen die Leser meiner Bücher natürlich mögen, sonst passt das nicht. Mein Metier sind Spannung und psychologischer Hintergrund. Gewalt und Brutalität stehen bei mir nicht im Vordergrund - nicht bei den Büchern, die ich lese und nicht bei denen, die ich schreibe. Menschen literarisch mit einem Messer auszuweiden ist nicht mein Fall, ich bevorzuge das psychologische Skalpell. Schockeffekte dürfen nie einen guten Plot ersetzen. Viele große Autorinnen sind mir dabei ein Vorbild, z.B. die großen Crime Ladies wie P.D. James, Ruth Rendell oder Elisabeth George. Ich bewundere außerdem als begnadeten Erzähler, wenn auch überwiegend in einem anderen Genre unterwegs, Stephen King.

– Sie stammen eigentlich aus der Finanzbranche. Zyniker könnten sagen, es sei also kein Wunder, dass Sie irgendwann angefangen haben, Bücher zu schreiben, in denen es um Verbrechen geht. ;) Was aber hat Sie damals tatsächlich dazu gebracht, unter die Autoren zu gehen?

Die Finanzbranche härtet sicher ab, wer dort gearbeitet hat, den schreckt nur noch wenig :) Bei dem schlechten Image, das Banker inzwischen haben, könnte ich aber keinen Krimi in der Branche schreiben, das wäre ja fast so, als wenn der Mörder am Ende der Gärtner ist, da fehlte mir die Überraschung. Grauen ist besonders dort eine starke Emotion, wo man es nicht erwartet. Zur Schriftstellerei bin ich gekommen, weil ich neben der Finanzbranche einen Ausgleich gesucht habe. Den ersten Roman habe ich während meiner Zeit in der Geschäftsführung einer Rating-Agentur geschrieben, nach Feierabend im Hotel, am Flughafen oder im Zug, morgens, wenn die anderen noch schliefen. Dadurch wurden die Tage zwar noch länger, aber der Kopf freier.

– Sie wuchsen in Süddeutschland auf und leben nun im Taunus, die beiden Commissario-Pavarotti-Bücher spielen jedoch in Südtirol. Was hat Sie dazu gebracht, diesen Schauplatz zu wählen? Was verbindet Sie selbst mit Südtirol? Und wäre es nicht einfacher gewesen, vor der eigenen Haustür zu bleiben - oder fehlt dem Taunus der notwendige kriminelle Flair, um einen Kommissar dort ermitteln zu lassen?

Der Taunus ist kriminalistisch zum Beispiel mit Nele Neuhaus ja gut versorgt. In Südtirol hat mich der Widerspruch gereizt - zwischen dem unbeschwerten Urlaubsflair, das viele Touristen wahrnehmen und dem Bösen im Dunkeln, mit dem jeder Krimiautor spielt. Übrigens habe ich mein Berufsleben in Südtirol begonnen, indem ich einige Monate beim deutschsprachigen Sender der RAI (Radiotelevisione Italiana) die ersten journalistischen Schritte machen durfte. Das ist über 35 Jahre her, seitdem bin ich Dauergast in Südtirol und die Region hat mich nicht mehr losgelassen. Ich habe dort viele liebe Menschen kennengelernt, die immer wieder geduldig meine Fragen beantworten und mich bei meinen Büchern mit viel Sachkunde unterstützen.

– »Commissario Pavarotti küsst im Schlaf« markiert bereits den zweiten Auftritt des von Ihnen erschaffenen titelgebenden Commissario Pavarotti. War von Anfang an geplant, ihn zu einer wiederkehrenden Figur werden zu lassen? Was zeichnet ihn Ihrer Meinung nach aus, so dass er es Ihnen wert war, ihn erneut auftreten zu lassen? Was schätzen Sie selbst an ihm?

Commissario Pavarotti hat im ersten Band »Commissario Pavarotti trifft keinen Ton« die Bühne betreten und ist mir ans Herz gewachsen. Ich habe den Eindruck, dass die Geschichte um die Person und seine Beziehung zu Lissie noch nicht zu Ende erzählt ist, deshalb lebt er nun als Figur weiter. Zumal er ein Ermittler ist, der kein glattes Profil hat, kein Commissario, der rundum sympathisch ist, sondern eine Figur, die menschliche Schwächen, Ängste und dunkle Seiten mit in die Geschichten bringt. Und Pavarotti entwickelt sich von Buch zu Buch weiter. Das mag ich, und das fordert mich auch als Autorin.

– In den letzten Jahren schossen Regionalkrimis wie Pilze aus dem Boden. Was unterscheidet Ihre Krimis Ihrer eigenen Meinung nach am deutlichsten von den anderen, so dass man trotz des breiten Angebots bei Ihnen zugreifen sollte?

Die deutlichste Abgrenzung liegt darin, dass Commissario Pavarotti kein Regionalkrimi ist. Im Vordergrund steht eine Geschichte, die hoffentlich fesselt, keine ausufernden Schilderungen von Örtlichkeiten, keine regionalen Rezepte, keine skurrilen Figuren, die eine Region verkörpern sollen. Wenn in meinen Romanen zeitgeschichtliche Bezüge auftreten, dann soll dies eine zusätzliche Facette ins Spiel bringen, die Regionalkomponente soll aber nicht Spannung und gute Sprache ersetzen. Insofern sollte der Leser zugreifen, wenn er einen guten Krimi sucht, egal ob »regional« oder nicht – ich bemühe mich jeden Tag sehr, damit er diesen auch bekommt.

– Was wünschen Sie sich vom deutschsprachigen Buchmarkt und von Ihrer Leserschaft im Speziellen? Haben Sie in den vergangenen Jahren Eindrücke gesammelt oder gibt es Vorschläge und/oder Kritikpunkte, die Sie mit Ihren Lesern teilen oder Ihnen mitteilen möchten?

Vom deutschsprachigen Buchmarkt wünsche ich mir, dass einige Kritiker im Krimibereich eine offenere Perspektive einnehmen. Häufig findet ein Krimi nur dann Beachtung, wenn der Autor bereits Beststellerstatus erreicht hat – dies insbesondere in den USA – oder wenn ein prominenter deutscher Verlag hinter dem Buch steht. Auswahlkriterien solcher Art gehen dann natürlich an der Qualität anderer Bücher und am Geschmack auch des anspruchsvollen Publikums, das gute neue Autoren sucht, vorbei. Viele großartige und erfolgreiche Kolleginnen und Kollegen von mir finden deshalb bei diesen Kritikern nicht statt. Das Internet und eine stetig wachsende Blogger-Szene führen aber zum Glück dazu, dass die Vielfalt hier zunimmt.

– Was können wir von der Autorin Elisabeth Florin in der nächsten Zukunft erwarten? Sind bereits neue Buchprojekte in Planung?

Der dritte Band der Commissario Pavarotti Reihe ist bis auf wenige Seiten fertig geschrieben. Er spielt in einem einsamen Bergdorf in Südtirol. Dort wird eine Kinderleiche gefunden, und ein alter Mordfall wird erneut aufgerollt. Das Buch geht jetzt ins Lektorat und erscheint im Frühjahr 2016. In den kommenden Tagen wird mit dem Verlag zusammen der endgültige Titel festgelegt – der beginnt natürlich wieder mit »Commissario Pavarotti...«. Ein weiteres Buchprojekt reift gerade in meinem Kopf. Es hat nichts mit Pavarotti zu tun, und es wird auch nicht Teil einer Serie sein. Die Handlung spielt auf einer Insel im Atlantik. Mehr kann ich an dieser Stelle leider noch nicht verraten...

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