Verlängertes antifaschistisches Wochenende in Zossen
Pressetext verfasst von AntifaTeltowFläming am Di, 2009-07-14 17:36.Rocken gegen Faschos im E-Werk
Am Samstag, den 04. Juli besuchten 150 zum größten Teil junge Menschen das Konzert „Love music, hate fascism!“ im Zossener E-Werk, wobei Hip-Hop, Rock und Funkbands aus Berlin und Brandenburg für ausgelassene Stimmung sorgten. Das Konzert, welches von der Projektgruppe „Zossen wird laut!“ veranstaltet wurde, richtete sich gegen faschistische Strukturen in Teltow Fläming und ist als jährlicher subkultureller Anlaufpunkt für kritisch alternative Jungendliche aus der Umgebung zu verstehen.
In den Jahren zuvor kam es bei linksalternativen Veranstaltungen bzw. Infoabenden im E-Werk regelmäßig zu versuchten Angriffen von der lokalen Neonaziszene, mit teilweise bis zu 30 Personen. Die Kameradschaft „Freie Kräfte Teltow-Fläming“, kurz FKTF, war bei diesen faschistischen Aktionen immer die mobilisierende Gruppe im Hintergrund. Nur durch konsequente antifaschistische Gegenaktivitäten und intensiver Aufklärungsarbeit über extrem rechte Personen und Strukturen, konnte dieses Jahr ein ähnlicher Angriff verhindert werden.
Farbangriff auf die Bürgerinitiative „Zossen zeigt Geicht“
Und trotzdem wurde auch dieses mal eine kleine Gruppe von Neonazis um Christoph Schack in Zossen beobachtet, wie diese versuchte Präsenz zu zeigen. Die Personengruppe konnten zwar nicht die antifaschistische Veranstaltung stören oder sich unerkannt unter die Besucher_Innen mischen, jedoch kam es nach dem Konzert, am frühen Morgen zwischen 4 und 5 Uhr, zu einem Farbangriff von Neonazis mit brauner Farbe auf ein Haus in der Fischerstrasse 23. Dieses Haus gilt in Zossen als parteiübergreifender Anlaufpunkt für Bürger_Innen, die sich in der Region gegen extrem rechte Strukturen engagieren möchten und ist der offizielle Treffpunkt der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“, die sich mit interkulturellen Bürgerfesten und Infoabenden, erfolgreich gegen rechtes Gedankengut zur wehr setzt. Der Angriff ist als Reaktion der Neonazigruppe gegen das antifaschistische Konzert zu verstehen, welches sie nicht unbeantwortet ablaufen lassen wollten.
Auf der Hauswand waren die Parolen „Volksverräter“ und „Linke Sau“ zu lesen, was deutlich macht, dass die Neonazis nicht nur gezielt den öffentlichen Treffpunkt der Bürgerinitiative angreifen wollten, sondern auch versuchten einen ihrer Aktivisten einzuschüchtern, der in den unteren Etagen des Hauses sein Geschäftsbüro hat. Es ist in diesem Zusammenhang nicht verwunderlich, dass am Tatort zwei Aufkleber der Kameradschaft „FKTF“ gefunden wurden, was den Täterkreis der extrem rechten Personen nochmals eingrenzt, da alle ihre aktiven Mitglieder bekannt sind. Obwohl die Polizei in unmittelbarer Nähe zum Haus ihr Revier hat und aufgrund der Erfahrungen aus den letzten Jahren vorgewarnt war und Neonazi Christoph Schack beim Ausspähen des Tatorts beobachtet wurde, konnte dieser Angriff nicht verhindert werden.
Neonazis lassen nicht locker…
Als Reaktion auf den Angriff, haben Aktivist_Innen der Bürgerinitiative am Montagmorgen mehrere Anti-Nazitransparente aus dem Haus in der Fischerstrasse heraus gehangen, wodurch die klare Botschaft vermittelt werden sollte, dass sie sich nicht von den Neonazis einschüchtern lassen werden. Kurze Zeit darauf zog diese Reaktion wieder zwei junge unbekannte Neonazis aus Zossen an, welche davon wohl verwundert waren und sich provoziert fühlten. Mindestens drei unabhängige Zeugen haben daraufhin beobachtet wie diese Personen versuchten, einzelne Transparente von dem Haus zu entfernen und faschistische Parolen brüllten. Eine Person mit nacktem Oberkörper, hatte zudem ein blaues Hakenkreuz auf dem Oberkörper, was er aus Provokation den anwesenden Personen beim versuchten Abreisen der Transparente zur Schau stellte. Die beiden Neonazis flüchteten mit Fahrrädern die Fischerstrasse entlang, vorbei an der Feuerwehr, in Richtung Einkaufscenter. Kurze Zeit später wurde die Polizei über den Vorfall informiert, welche die Lage ebenfalls als unsicher einstufte, da auch im Umfeld des Zossener Marktplatzes immer wieder einzelne Menschen aus dem extrem rechten Spektrum beobachtet wurden, unter anderem Christof Schack mit weiblicher Begleitung. Viele Aktivist_Innen der Bürgerinitiative haben an diesem Tag die Stadt Zossen als Angstraum wahrgenommen, aufgrund von ungehemmten Neonaziaktivitäten.
Antifaschistische Spontandemo gegen Zossener Zustände
Um diese faschistischen Aktivitäten in Zossen nicht unkommentiert zu lassen und um Solidarität mit den betroffenen Menschen der Bürgerinitiative zu symbolisieren, wurde noch am Montagabend gegen 21 Uhr eine Spontandemonstration in Zossen durchgeführt. Fast 40 Menschen beteiligten sich an dieser kurzen, aber lautstarken Aktion und stellten unter Beweis, dass durch solidarisches, gemeinsames und generationsübergreifendes Handeln gegen Neonazis, die Angst vor extrem rechten Angriffen bzw. Provokationen überwunden werden kann.
Einige Stadtverordnete der rechtskonservativen
Bürgerpartei Plan-B und der CDU sind in diesem Zusammenhang immer wieder als Vorreiter eines totalitaristischen Diskurses in der Region zu benennen, wobei eine plumpe Gleichsetzung von linksradikalen Positionen bzw. Aktivitäten, mit faschistischer Ideologie und Praxis durchgeführt wird. (siehe
Artikel: Stadt Zossen relativiert Naziaktivitäten) Das solche Positionen, der vermeintlich bürgerlichen Mitte unserer Gesellschaft, dazu beitragen, dass das historisch einmalige Phänomen des Nationalsozialismus und dessen zerstörerischen Folgen verharmlost werden und extrem rechte Positionen salonfähig gemacht werden, ist diesen Politikern entweder nicht bewusst oder nehmen sie taktisch in Kauf. Es ist durchaus sinnvoll hierbei von „Zossener Zuständen“ zu sprechen, welche es immer wieder ermöglichen, dass sich Neonazis im Stadtgebiet ungestört bewegen können und antisemitische Unternehmer wie Rainer Link, nicht dazu aufgefordert werden, ihre geschichtsrevisionistchen Transparente von der Hauswand zu entfernen. Das jetzt die Zeit der kleinstädtischen Ruhe in Zossen vorbei ist und das Neonaziproblem der Stadt nicht mehr durch politisches Schweigen oder durch kritiklose Verharmlosung geleugnet werden kann, da eine neue Qualität extrem rechter Gewalt erreicht wurde, dass können selbst rechtskonservative Politiker nicht unkommentiert hinnehmen.
Des Weiteren sehen wir die Tatsache äußerst kritisch, dass einer Neonazi-Gruppierung soviel Raum in öffentlichen Medien wie der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ), für ihre abstrusen Verschwörungstheorien und menschenverachtenden Propaganda gegeben wird. Eine kritische bzw. distanzierte Berichterstattung über Neonaziaktivitäten sieht anders aus.
Schlussfolgerungen
Der extrem rechte Farbangriff von Neonazis aus dem Umfeld der lokalen Kameradschaft „Freie Kräfte Teltow-Fläming“ gegen die Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“, reiht sich ein in eine Vielzahl faschistischer Aktivitäten und Aggressionen in der Region um Zossen. Zuletzt versuchte Christian Steffen, aus dem Umfeld der „FKTF“, mit zwei weiteren Neonazis am 20.06. in der Bahnhofsstraße vor der Sparkasse in Mahlow, einen alternativen Jugendlichen anzugreifen und verfolgten diesen, als er mit seinem Fahrrad flüchtete. Knapp eine Woche zuvor, am 14.06. griff ebenfalls Christian Steffen mit einem weiteren Neonazi am Bahnhof Mahlow einen alternativen Jugendlichen an. Nachdem der Betroffene angerempelt wurde, schlug Steffen ihn mit der Faust ins Gesicht. Eine Anzeige wurde erstattet. Auch bei einer Neonazi-Kundgebung am 11.02. in Zossen versuchten mehrere Teilnehmer, unter anderem die „FKTF“ Mitglieder Daniel Teich und Lutz Skupin, die Gegendemonstranten anzugreifen, scheiterten jedoch damit bereits an der Polizei. In der Vergangenheit gab es auch versuchte Angriffe auf antifaschistische Veranstaltungen in Rangsdorf und Zossen. Als nicht unbedeutend hinzuzufügen wäre, dass einmal mehr das „FKTF“ Mitglied Christoph Schack aus Zossen, vor dem extrem rechten Farbangriff beobachtet wurde, wie er den Tatort in der Fischerstrasse ausspähte und sich auch in den Tagen danach im Umfeld des Tatorts aufhielt. Zudem sind die meisten Mitglieder der „Freien Kräfte Teltow-Fläming“ bereits durch Gewalttaten der Polizei bekannt.
Das sich die lokalen Neonazis auf extrem rechten Internetseiten, durch Pressemitteilungen und in Zeitungskommentaren selbst als Opfer einer staatlichen Verschwörung gegen ihre neonazistische Kameradschaft darstellen wollen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass menschenverachtende Gewalt gegen Andersdenkende, Andersaussehende und antifaschistische Personen, oftmals bis zum Tod, ein wesentliches Moment faschistischer Ideologie und Praxis ist, wie sie unter Anderem die „FKTF“ aber auch die NPD vertritt. Diese Organisationen lassen sich hierbei lückenlos in eine faschistische Kontinuität einfügen, wie sie seit dem Ende des Nationalsozialismus in Deutschland vorzufinden ist. Insofern ist die Distanzierung der Gruppe von diesem Farbangriff mehr als unglaubwürdig und spiegelt lediglich die Angst vor staatlicher Repression wieder.
Antifa heißt Angriff
Unsere Solidarität gilt all denjenigen Gruppen und Personen, die sich antifaschistisch gegen menschenverachtende Strukturen einsetzen und nicht davor zurückschrecken, einen von Alltagsrassismus und herumziehenden Neonazis geprägten städtischen Normalzustand, entschlossen entgegen zutreten. Denn Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!