Prof. Querulix: Von Gesetzen, Anstand und Moral

„Das Glasperlenspiel des formalen Rechts dient nicht der Gerechtigkeit. Es ist ein ritualisierter Kampf um Macht und Beute, der dem Gauner die gleichen Gewinnchancen einräumt wie dem Ehrenmann.“ (Prof. Querulix, Volksmund)

Auch die Gesetze, die das Glasperlenspiel regeln sollen, dienen nicht der Gerechtigkeit. Sie sind Ergebnisse des – ebenfalls ritualisierten – Kampfes der Interessen innerhalb einer Gesellschaft oder Nation und zwischen Nationen. Wie in der Natur üblich, setzen sich die Stärkeren, Skrupelloseren und Gerisseneren durch und die Schwachen müssen sich fügen oder werden vernichtet. Wer sich das klar macht, versteht ohne weiteres, warum nicht nur Despoten, sondern auch sogenannte Volksvertreter Gesetze beschließen, die dem gerecht empfindenden und mit gesundem Menschenverstand urteilenden Beobachter unsinnig, ungerecht und im Hinblick auf das allgemeine Wohl schädlich erscheinen.

Beispiele, die zeigen, wie interessengeleitet und dem allgemeinen Wohl abträglich Gesetzgebung sein kann, gibt es auf allen Rechtsgebieten in Hülle und Fülle. Das jüngste mit fatalen Auswirkungen auf die Staatskasse und damit auf das allgemeine Wohl ist das Umwandlungsgesetz, das VW ermöglicht bei Kauf von Porsche durch einen ganz legalen Kniff rund 1,5 Milliarden – das entspricht ungefähr dem hunderttausendfachen des verfügbaren Jahreseinkommens deutscher Arbeitnehmer – Körperschafts- Gewerbe- und Grunderwerbsteuer zu sparen. Über dieses Geschenk dürften sich die Vorstände und Aktionäre von VW freuen, während die Mitbürgerinnen und Mitbürgern sich von den Politikern wieder einmal verschaukelt vorkommen, die beim Kauf eines Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung die kräftig erhöhten Grunderwerbssteuern zahlen müssen. So wirkt in unserer Lobbydemokratur die Steuergerechtigkeit.

Hinzu kommt, daß die Verantwortlichen versäumen, Gesetzen Geltung zu verschaffen. Radarfallen aufzustellen, ist einfach. Aber rücksichtslose, Fußgänger und Radfahrer behindernde, Feuerwehrzufahrten blockierende und verkehrsgefährdend parkende Autofahrer bleiben wegen des Personalaufwandes für ihre Disziplinierung weitgehend unbehelligt. Noch schlimmer ist es mit Radfahrern, die sich benehmen, als gehörten ihnen nicht nur die Radwege, sondern auch Straßen und Fußwege allein. Seit sie Einbahnstraßen in beiden Richtungen befahren dürfen, glauben sie offensichtlich, sie hätten Narrenfreiheit und Fußgänger seien auf „ihren“ Straßen und Wegen nur noch geduldet. Daß Rücksichtslosigkeit und Leichtsinn sich ausbreiten, ist kein Wunder, wenn die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden im untersten Promillebereich liegt. Gesetze, um deren Durchsetzung sich niemand kümmert, nimmt auch niemand mehr ernst. „Nichts verdirbt die Moral mehr als Gesetze, die nicht durchgesetzt werden.“ (Prof. Querulix, Volksmund)

„Gesetze sind aber auch ein untaugliches Mittel gegen Gewissenlosigkeit.“ (Prof. Querulix, Besser quer gedacht als quergeschossen) Anständige, gewissenhafte Menschen werden erzogen, gebildet. Da spielen vor allem Vorbilder eine wichtige Rolle. Sowohl an der Erziehung wie auch an Vorbildern mangelt es schon immer in der Geschichte des Raubtieres „Mensch“, aber heutzutage im Zeitalter der Beliebigkeit und der Maßlosigkeit ganz besonders.

Daß unter solchen Umständen das Recht sowohl an Achtung wie auch an Glaubwürdigkeit einbüßt, überrascht nicht. Das formale Recht und das, was Menschen als gerecht ansehen, driften immer weiter auseinander. Richter, die Streitfälle oberflächlich nach den Regeln des formaljuristischen Glasperlenspiels abhandeln, ohne den Sachverhalt ausreichend zu würdigen, leisten diesem Erosionsprozeß kraftvollen Vorschub.

So können dann mit Hilfe der Rechtsprechung illegitime Ziele mit legalen Mitteln erreicht werden. Kein Wunder daß entsprechend geartete Charaktere unter unseren Zeitgenossen diese Chance zunehmend auch ausnutzen. Ein haarsträubendes Beispiel dafür findet sich in einer Fallstudie des Qualitätsmanagements, die unter dem Titel „Qualitätsmanagement in der Praxis - Wenn Kunden sich als Beuteopfer fühlen - ein “Reise”-Erlebnis mit Gebeco/TUI“ veröffentlicht wurde. (Erschienen bei READ – Rüdenauer Edition Autor Digital, ISBN 978-3-943788-07-5) Der Autor, der das schlechte Qualitätsmanagement und seine ebenso kundenfeindlichen wie geschäftsschädigenden Folgen bei einem Reiseveranstalter dokumentieren wollte, hat unfreiwillig auch ein fatales Beispiel mangelnder Qualität der Rechtsprechung aufgezeigt.

Zwei Kunden haben beim Reiseveranstalter Gebeco auf dessen Anraten zusätzlich zum Reisepreis von 5.990 Euro einen Zubringerflug für 250 Euro pro Person gbucht. Der Flug wird kurz vor Reiseantritt gestrichen, so daß die Anschlußflüge nicht erreicht werden. Lufthansa stellt Umbuchungen gar nicht bzw. teilweise für zwei Tage später in Aussicht. Gebeco, von den Kunden unverzüglich telefonisch informiert, macht keinerlei Anstalten, den Kunden eine Beförderung zu ermöglichen. Die Kunden fordern deshalb den Reisepreis zurück. Gebeco weigert sich. Als die Kunden Monate später vor dem Landgericht Kiel klagen, behauptet der Reiseveranstalter, die Reise hätte problemlos auf einer anderen Route durchgeführt werden können. Das nach üblichem Standard des Qualitätsmanagements von dem Telefongespräch der Kunden mit Gebeco anzufertigende Protokoll kann (oder will? weil es formalrechtlich für Gebeco nachteilig gewesen wäre) der Reiseveranstalter nicht vorlegen. So bleibt offen, was besprochen wurde und die Widerlegung der Behauptung Gebecos, die Flüge hätten problemlos umgebucht werden können, ist den Kunden nicht möglich. Der Richter gibt zu erkennen, daß er dem Sachverhalt nicht weiter auf den Grund gehen und formalrechtlich gegen die Kunden entscheiden will. Die brechen das Verfahren daraufhin mit einem vom Richter vorgeschlagenen Vergleich ab, der sie unter dem Strich den gesamten Reisepreis kostet zuzüglich ihrer erheblichen weiteren Aufwendungen. Für die jahrelange Fortführung bis voraussichtlich mindestens dem BGH ist ihnen ihre wertvolle Lebenszeit Zeit zu schade.

Der Fall hat auch die Muttergesellschaft von Gebeco, die TUI AG beschäftigt und wird sie noch weiter beschäftigen. Ein Antrag auf Nichtentlastung des Vorstands wegen der Verletzung der Pflichten eines ordentlichen Geschäftsleiters fand auf der letzten Hauptversammlung viel Beifall und beachtliche Unterstützung. Der zerknirschten Entschuldigung des Vorsitzenden, Dr. Frenzel, bei den Betroffenen und seinem Versprechen, sich des Falles anzunehmen, sind bisher trotz freundlicher Erinnerung leider keinerlei Taten gefolgt. Mögliche Kunden Gebeco/TUIs mögen daraus ihre Schlüsse ziehen. Man muß seine Opferrolle ja nicht herausfordern.

So unterminieren Profiteure der zunehmenden Gleichsetzung bzw. Verwechslung von Legalität mit Legitimität die Glaubwürdigkeit des Rechts und das Vertrauen in die Rechtsprechung. Prof. Querulix zieht aus Vorfällen wie diesem den Schluß: „Wir treten ein in das Zeitalter der gesetzlich geregelten Gewissen¬losigkeit und erkennen zu spät, daß man Raubtiere nicht mit Para¬graphen bändigen kann, sondern nur durch Erziehung.“ (Prof. Querulix, Ach du schönes faules Ei!)
Solche und ähnliche Äußerungen des Aphoristikers, Satirikers, Gebrauchslyrikers und Privatphilosophen Prof. Querulix sind inzwischen in fünf Bändchen als eBooks bei READ – Rüdenauer Edition Autor Digital, dem eVerlag erschienen und über gute Buchhandlungen sowie direkt beim Verlag (www.read.ruedenauer.de) und bei new-ebooks zu beziehen.

Kontakt:
RÜDENAUER EDITION AUTOR DIGITAL
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
read@ruedenauer.de
www.read.ruedenauer.de