Christlichen Glauben auszuleben wird in Russland Anlass zur Strafverfolgung

Gorno-Altaisk (Russland) — Am 15. November 2010 wird das Strafverfahren gegen Aleksandr Kalistratov fortgesetzt. Er ist angeklagt, gemäß Art. 282 (1) des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation religiösen Hass gesät zu haben.

Die Eröffnungsverhandlung fand vom 20. bis 22. Oktober 2010 statt. Die 37 Zeugen, die Kalistratov persönlich kennen, erklärten auf Befragen, er sei ein gesetzestreuer Bürger, der ihren Respekt genieße. Noch niemals sei er dadurch aufgefallen, dass er religiösen Hass geschürt hätte. Sie waren überrascht, dass jemand seine Aktivitäten als „extremistisch“ einstufte — war es doch gerade seiner Tätigkeit und der Literatur von Jehovas Zeugen zu verdanken, dass sich ihr eigenes Leben zum Besseren gewendet hatte.

Kalistratov erklärt: „Meine angeblich ‚strafbare‘ Handlung ist einfach ein Ausdruck meines Glaubens.“ Er ergänzte: „Aus der Anklageschrift geht nicht hervor, was ich konkret getan haben soll, um Hass und religiöse Feindschaft zu schüren. Daher verstehe ich nicht, was die ganze Sache eigentlich soll.“ Zu den vagen Ausführungen in der Anklageschrift erklärte Staatsanwalt Bulat Yaimov: „Artikel 282 ist vage formuliert. Er erfordert keine konkrete Anklage.“

Die Gerichtsverhandlung brachte außerdem ans Licht, dass die Ermittlungsbehörden ihre Kompetenzen überschritten. Diese Beamten hatten willkürlich alle religiösen Publikationen, die sie finden konnten, bei Jehovas Zeugen aus dieser Region konfisziert mit der Begründung, diese seien gefährlich. Das war schon mehrere Monate bevor irgendein Gericht die eine oder andere Druckschrift als „extremistisch“ eingestuft hat. Ein Teil der Literatur wurde ohne Durchsuchungsbefehl oder irgendein anderes verfahrensrechtlich notwendiges Dokument konfisziert. In einem Fall konnte nachgewiesen werden, dass die Unterschrift unter einem Vernehmungsprotokoll gefälscht war. Von da an ließ Richterin Marina Sokolovskaya nicht mehr zu, dass die Zeugen ihre Protokollunterschriften selbst in Augenschein nehmen durften.

Die unrechtmäßige Anwendung des Extremismus-Paragraphen auf einen Glaubensangehörigen einer international bekannten christlichen Religionsgemeinschaft stellt einen Präzedenzfall dar, der die Religionsfreiheit in Russland gefährdet. Daher zieht dieser Fall beachtliches Medieninteresse auf sich. Grigory Martynov, Pressesprecher des Verwaltungszentrums von Jehovas Zeugen in Russland, gab bekannt: „Am 11. November 2010 findet im Unabhängigen Pressezentrum in Moskau eine Pressekonferenz statt. Dort wird das Verfahren erläutert und die Anwendung des Gesetzes zur Abwehr extremistischer Aktivitäten auf eine Einzelperson analysiert.“

Medienkontakt:
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J. R. Brown (USA), Telefon +1 718 560 5600
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