Hans Georg van Herste – ein Mann lebt für Widerstand und Aufklärung

Elisabeth Keller im Gespräch mit Brigitte Winkel, der ersten Vorsitzenden des gemeinnützigen Vereins TransBorderLes e.V.

EK Frau Winkel! Es freut mich, dass Sie sich dazu bereit erklärt haben, hier Rede und Antwort zu stehen über einen Mann, der doch sehr zwiespältige Reaktionen auslösen kann.
Wann haben Sie Herrn van Herste kennen gelernt?

BW Ich traf ihn 1991 auf einem Seminar.

EK …und waren sofort von ihm angetan?

BW Nein, eigentlich nicht. Er war dort auch nur Teilnehmer, hatte seine damalige Freundin dabei und passte nicht in mein Jagdprofil.

EK Was meinen Sie mit Jagdprofil?

BW Na ja, aus heutiger Sicht würde ich sagen, ich war ständig auf der Suche nach einem Mann, der meinem Vater ähnelt und mich wirklich liebt. Damals hatte ich noch nicht begriffen, dass eine körperliche Vereinigung nicht unbedingt etwas mit Liebe zutun haben muss. Ich war felsenfest davon überzeugt, dass ein Mann, der mit mir ins Bett geht, mich auch liebt. Da das fast nie klappte, war ich dauernd auf der Suche.
Ich hatte mich zu der Zeit in einen falschen Guru verliebt, der meine psychische Verfassung auszunutzen wusste, mit mir ab und zu das Bett teilte, mich hervorhob aus der Masse seiner Gläubigen und mich dadurch glücklich machte. Dass das alles nur Theater war, sah ich damals nicht. Dass er in jeder Stadt eine Geliebte hatte, wollte ich nicht wahrhaben, obwohl ich es wusste.

EK Wie ging es dann mit Herrn van Herste weiter?

BW Ein paar Monate später begegnete ich ihm erneut während eines großen Treffens. Ich übersah ihn einfach, suchte ihn dann allerdings doch auf, weil ich mir den Knöchel verknackst hatte. Eine Freundin hatte mir erklärt, sie hätte gehört, Herr van Herste könne solche Dinge schnell richten. Ich war skeptisch, suchte ihn aber trotzdem auf. Er besah sich meinen Fuß, drückte hier und zog da und schon konnte ich wieder laufen. Danach übersah ich ihn einfach wieder.

EK Das war aber kein Ausdruck großer Dankbarkeit.

BW Das ist mir heute klar. Aber damals erklärte mir mein Guru, dass alles von ihm käme und er Herrn van Herste als Instrument benutzt hätte. Und damals wollte ich mit Instrumenten nichts zutun haben. Instrumentalisierte Personen waren unter meinem Niveau.

EK Und das haben Sie wirklich geglaubt?

BW Ja, davon war ich sogar fest überzeugt.

EK Heute treffen Sie Herrn van Herste oft, sind sogar in seine Nähe gezogen. Wie kam es dazu?

BW Im Laufe der Jahre erkannte ich, dass Herr van Herste ein sehr mutiger Mann ist. Immer, wenn wir uns hier und dort trafen, machte er auf mich einen sehr offenen und gleichzeitig unbeugsamen Eindruck. Er ließ sich selten aus der Ruhe bringen und stand zu dem, was er sagte. Ich habe niemals erlebt, dass er seine Fahne nach dem Wind gehängt hätte. Es sollte allerdings noch über ein Jahrzehnt dauern, bis ich begriff, dass er ein Mensch ist, der anderen wirklich helfen will, der nicht nur redet, sondern tut, der seine Hilfe nicht benutzt, um sich selbst zu bereichern oder sich in den Vordergrund zu schieben. Er ist einer der ehrlichsten und aufrichtigsten Menschen, die ich kenne.

EK Vertraten Sie diese Auffassung schon immer?

BW Nein. Anfangs hielt ich ihn für einen Aufschneider. Er vertrat Ansichten, die ich nicht teilen konnte. Heute weiß ich, dass er kein Aufschneider ist, dass er viele seiner Pläne wirklich umgesetzt hat und dafür viele Widerstände überwinden musste.

EK Welche Pläne meinen Sie?

BW Er ist selbst Opfer von Kindesmissbrauch, war über viele Jahre hinweg grausamem Psychoterror ausgesetzt, hat seine heilerischen Fähigkeiten unterdrücken müssen, um nicht als Spinner dazustehen, und trotzdem immer versucht, Opfern und Diskriminierten zu helfen.
Er hat Missbrauchsfälle schon öffentlich angesprochen, als man für solche Äußerungen fast noch gesteinigt worden wäre. Er hat sich von Warnungen, wie z. B. „wenn du nicht bald die Klappe hältst, passiert was!“ nicht verunsichern lassen. Er hat Schläge riskiert und üble Nachrede und hat sich trotzdem nicht von seinem Weg abbringen lassen.
Er ist nach Südkorea geflogen und nach Südafrika, um Menschen von Schmerzen zu befreien und um Müttern das Gebären zu erleichtern. Er hat viele Unannehmlichkeiten auf sich genommen, um in Indien das richtige Ayur Veda zu erlernen. Er hat Essen gegessen, das hier jeder sofort in den Müll werfen würde. Und er hat als Dank für seine umfangreiche Ausbildung ein Hilfsprojekt ins Leben gerufen und viele Jahre lang selbst geleitet. Er hat hohe Summen investiert, um Menschen vom Rand der Gesellschaft wieder aufzurichten, um ihnen eine reelle Perspektive zu geben. Er hat Leuten Kredite gegeben, die nie im Leben kreditwürdig waren. Er hat Arbeitsplätze besorgt oder Ausbildungen unterstützt und Autos und Kleidung gekauft, um den Menschen einen Wiedereinstieg – manchmal auch Ersteinstieg – ins Berufsleben zu ermöglichen. Er hat gearbeitet bis ihm die Finger wehtaten, um das alles zu finanzieren, und immer eine Idee gehabt, wie man dieses oder jenes noch besser machen könnte.
Er hat Bücher geschrieben und Vorträge gehalten. Er hatte rund um die Uhr ein offenes Ohr für alle Betroffenen. Und obwohl viele gekommen sind, die zwar eine Ausbildung, ein Auto wollten, aber im eigentlichen Sinne keine Entwicklung, keine Erkenntnis und ihn/uns schnell oder erst nach Jahren wieder verließen, hat er weitergemacht. Sein Motto war immer: „Und wenn ich nur einem einzigen Menschen helfen kann, seinen Weg zu finden, hat sich das alles schon gelohnt.“

EK Aber wer könnte etwas dagegen haben, wenn ein Mensch sich dermaßen aufopfert?

BW Da gab und gibt es einige. Immer wieder sind Frauen bei ihm aufgetaucht, die ihn haben wollten. Natürlich waren sie von seinem Auftreten und seinem Status beeindruckt, wollten aber im Grunde genommen nicht ihn, sondern nur von ihm oder durch ihn profitieren. Sie wollten aus der Masse hervorgehoben werden. Wenn diese Frauen erkennen mussten, dass das mit Herrn van Herste nicht zu machen ist, waren die sauer und genauso schnell wieder weg, wie sie gekommen waren. Manche „rächten“ sich dann mit übler Nachrede.

EK Können Sie mir einen Fall beschreiben?

BW Vor vielen Jahren tauchte eine Frau bei ihm auf, um ihn um Rat zu fragen. Ihr Freund würde nicht tun, was sie verlangte. Er lud daraufhin beide ein. Die Frau erklärte ganz offen, dass sie ihren Freund nicht lieben würde. Sie wolle ein Kind von ihm und versorgt werden. Sie wäre zur Mutter geboren und nicht, um hinter irgendeinem Schreibtisch oder einer Ladentheke ihre Lebenszeit mit Arbeit zu vergeuden.
Daraufhin riet er dem Mann zur Trennung. Was hätte er bei so einer Konstellation auch anders sagen sollen? Beide verließen Herrn van Herste, um noch einmal über ihre Situation zu reden. Zwei Tage später erzählte der Mann am Telefon, dass er sich getrennt hätte, da er sich eine Beziehung unter diesen Umständen nicht länger vorstellen könne.
Ein paar Wochen später wurde Herr van Herste darüber unterrichtet, dass der Pastor in seiner Sonntagspredigt gegen ihn gewettert hätte. Herr van Herste wäre ein Sektenführer und würde unerlaubte Psychotherapien durchführen. Der Pastor warnte seine Gemeinde eindringlich vor einem Kontakt mit Herrn van Herste.
Herr van Herste rief daraufhin sofort bei dem Pastor an und fragte nach. Ja, erklärte der Pastor, er hätte viele Hinweise auf das schändliche Treiben von Herrn van Herste erhalten und wäre nicht umhin gekommen, die Leute vor ihm zu warnen. Daraufhin hatte Herr van Herste moniert, dass der Pastor kein Wort mit ihm darüber gesprochen hätte. Der Pastor erwiderte, dass er das nicht gemusst hätte. Mehrere Personen hätten ihm darüber berichtet.
Im Endeffekt sollte sich herausstellen, dass die oben erwähnte Frau dahinter steckte. Sie hatte aus Rache mehrere Pastoren im Umkreis angerufen und erklärt, sie sei einer Sekte entronnen und Herr van Herste wäre der Anführer. Da sie bei jedem Pastor einen anderen Namen benutzt hatte, war der Eindruck entstanden, viele Frauen hätten sich über Herrn van Herste beschwert.
Etwa ein Jahr später kam die Frau zu Herrn van Herste. Sie hatte ein total schlechtes Gewissen und klärte die Geschichte auf. Obwohl die Frau – nach ihren Angaben – alle angerufenen Pastoren ins Bild gesetzt hatte, wurde der Vorwurf, er würde einer Sekte vorstehen, niemals von den Pastoren zurückgenommen.
Selbst davon ließ er sich nicht von seinem Weg abbringen. Und das finde ich bewundernswert. Wie viele hätten spätestens da schon aufgesteckt?

EK Das heißt, Herr van Herste hat nie eine Sekte gegründet oder einer solchen vorgestanden?

BW Nein. Mit Sekten hat der nichts am Hut. Seit die Bagwan-Storys in der Bild-Zeitung erschienen waren – das muss in den Siebzigern gewesen sein –, war jedem klar, dass man mit den Begriffen „Sekte“, „Sex“ und „Ausbeutung“ jeden hinrichten kann. Schon Ende der Achtziger hatte ihn ein neidischer Mann zum Sektenguru erklärt. Entweder war die Frau von Herrn van Herste zu hübsch, sein Auto zu luxuriös, sein Auftreten zu selbstbewusst oder seine Heilerfolge zu bedeutend. Irgendetwas störte immer. Und zu der Zeit war Herr van Herste noch gar nicht in Indien gewesen.

EK Das heißt, es handelt sich ausschließlich um Verleumdung?

BW Natürlich. Diese Sektengeschichte wurde von Leuten benutzt, die ihre Schulden nicht zurückzahlen wollten, von Kinderschändern, denen Herr van Herste zu dicht auf den Fersen war, von Homo- und Transsexuellen, die zu feige waren, ihre Neigungen offen auszuleben und sahen, dass Herr van Herste viele Betroffene unterstützte und diese dann ganz offen damit lebten und glücklich wurden, von Ewiggestrigen, die nicht einsehen wollten, dass Homo- und Transsexualität ganz normal und angeboren sind, und natürlich von Leuten, die von sich selbst ablenken wollten, weil sie Dreck am Stecken haben.

EK Da hat er sich ja viele Feinde gemacht.

BW Na ja, ich würde sagen, diese Leute haben sich selbst zu Feinden gemacht. Es ist ja auch unglaublich, dass jemand, der Geld verleiht, das irgendwann zurückhaben will. So etwas geht ja gar nicht. Wo kämen wir dahin, wenn alle ihre Schulden tilgen müssten? Komisch, bei Banken haben die Leute nicht so viel Mut. Oder haben Sie schon mal gehört, dass Banker zu Sektenführern erklärt wurden?

EK Und was hat das mit der Kirche zutun?

BW Viele Kirchenleute tun heilig, sind aber weit davon entfernt, es zu sein. Ich will hier nicht alle über einen Kamm scheren. Es gibt auch ehrliche. Aber es gibt auch welche, die zwar dauernd die Zehn Gebote herunterleiern, sich selbst aber nicht dran halten. „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten“ steht da zum Beispiel. Wie passt das mit dem zusammen, was ein paar heilige Priester und ihre Helfer mit Herrn van Herste veranstalten? Ich bin nach wie vor erstaunt, wie viele Menschen solchen Leuten noch Glauben schenken. Die predigen Nächstenliebe und leben selbst nur Hass, Missgunst, Neid und Angst.
Aber die Zeit hat ja gezeigt, dass der Krug so lange zum Brunnen geht, bis er bricht. In vielen Priestergesichtern wurde der überhebliche Ausdruck unter dem Motto: „ihr könnt mir gar nichts“, durch einen Ausdruck der Angst und des Schreckens abgelöst. Haben früher viele über Herrn van Herste gelacht, so hat sich das jetzt wohl etwas geändert. Wie lautet ein Buchtitel von Margaretha Main? „Die Angst geht um in Narrenberge.“ Ich denke, dass die jetzt nicht nur in Narrenberge umgeht.

EK Warum haben die Opfer dieser Missbrauchskatastrophe nicht schon eher etwas unternommen?

BW Wie sich jetzt herausgestellt hat, haben viele schon geredet, wurden aber gnadenlos abgebügelt oder man wollte ihnen nicht glauben, wollte nicht wirklich wissen, was da so passiert. Jetzt kommen die ganzen Vertuschungsaktionen von Kirchen, Schulen etc. ans Tageslicht. Und viele Medienvertreter hatten Angst, es sich mit der Kirche, mit Professoren oder Lehrern oder Ärzten zu verderben. Wer wollte sich mit denen schon anlegen? Ein einziger Zeitungsmann hat meines Wissens nach zugegeben, selbst weggeschaut zu haben – und das war Herr Petzold vom Stern.

EK Das heißt, der lange Atem von Herrn van Herste trägt jetzt Früchte?

BW Natürlich. Vielleicht hat er nicht direkt jedes Opfer dazu animiert, sich zu äußern. Aber ich denke, dass sein Auftreten, seine Bücher, seine Vorträge, seine Filme doch so dies und das bewirkt haben. Auf der Buchmesse in Leipzig war der Saal ziemlich voll, als Herr van Herste seinen Auftritt hatte. Ich denke nicht, dass die alle gekommen sind, weil der Raum so schön ist.

EK Wie ist eigentlich Ihr Verein entstanden?

BW Zuerst gab es eine Selbsthilfegruppe für Lesben, eine für Transsexuelle und eine für Missbrauchsopfer. Da aber klar war, dass es auch Lesben und Transsexuelle gibt, die missbraucht werden oder wurden, konnten sich auch alle zusammenschließen, um gemeinsam aufzutreten. Natürlich wurde das nicht von allen gutgeheißen. Schwule stehen über den Lesben und Lesben über den Transsexuellen. Und mit Missbrauchsopfern wollte sowieso niemand etwas zutun haben. Aber, wie unsere Erfahrung zeigt, geht es sehr gut. Warum sollte eine lesbische Transsexuelle weniger wert sein, als eine missbrauchte Lesbe? Logisch wäre das nicht.

EK Welche Aufgaben haben Sie sich im Verein gestellt?

BW Zu allererst unterstützen wir Herrn van Herste und seine von ihm erdachte „Insel-Methode“. Diese hat sich als sehr effizient im Bereich Aufklärung und Prävention erwiesen. Mir wäre es am liebsten, wenn es ein weltweites Netz von „Inseln“ gäbe. Dann würde der Missbrauch von Kindern schnell zurückgehen. Auch die Diskriminierung von Frauen und Homo- und Transsexuellen hätte weniger Chancen. Und natürlich möchte ich die häusliche Gewalt gegen Frauen nicht vergessen. Auch da würden bestimmt rasante Fortschritte gemacht.
Wenn Täter und Verleumder wissen, dass man sie im Auge hat, sind sie vorsichtiger.

EK Liebe Frau Winkel! Es hat mich gefreut, dass Sie so viel Zeit für mich hatten. Ich wünsche Ihnen für die Zukunft viel Erfolg mit Ihrem Verein.

BW Es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu plaudern und dabei das eine oder andere ins rechte Licht zu setzen.

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Ayur Veda
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Der Autor beschreibt eine Verleumdungskampagne großen Stils, die er in ähnlicher Weise selbst erlebt hat. Menschen voller Hass, Neid, Missgunst und voller krimineller Energie versuchen, einen Menschen, der ihre Machenschaften durchschaut hat, unglaubwürdig, lächerlich und mundtot zu machen. Perfide angelegte Verleumdungen, die allerdings zum Schluss den Tätern mehr schaden, als dem Opfer.

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