Bayerischer Denkmalpflegepreis 2010: „Oscar der Denkmalpflege“ verliehen
Pressetext verfasst von Bayerische Inge... am Mo, 2010-09-13 16:35.Staatsminister Joachim Herrmann und Dr.-Ing. Heinrich Schroeter, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, haben am Dienstagabend im Neuen Schloss Schleißheim den Bayerischen Denkmalpflegepreis 2010 verliehen. Mit der Auszeichnung, die als „Oscar der Denkmalpflege“ gilt, würdigen die Kammer und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege das Engagement privater und öffentlicher Bauherren, die sich in vorbildlicher Weise für denkmalgeschützte Bauwerke in Bayern eingesetzt haben.
In der Kategorie „Private Bauwerke“, die mit einem Preisgeld von insgesamt 10.000 Euro dotiert ist, ging Gold an die Ritzmannshofer Mühle in Fürth. Ein ehemaliges Wohnstallhaus im mittelfränkischen Peuerling wurde mit Silber ausgezeichnet. Den dritten Platz teilen sich ein Wohnstallhaus in Oberndorf und ein Bauernhaus in Ried (Schwaben). In der Kategorie „Öffentliche Bauwerke“ gewann die Burg Dollnstein in Oberbayern. Der Bayerische Denkmalpflegepreis 2010 in Silber ging nach Bad Kissingen (Unterfranken). Ausgezeichnet wurde das Amtsgericht. Ebenfalls mit Silber gewürdigt wurde die Akademie der Bildenden Künste in München. Der Bayerische Denkmalpflegepreis in Bronze ging an die Länderbrücke Laufen-Oberndorf (Bayern/Österreich).
Die Auslobung war ein großer Erfolg: „Mehr als 60 Bewerbungen verdeutlichen die Fülle baulicher Denkmäler in Bayern“, so Kammerpräsident Dr.-Ing. Heinrich Schroeter. Die Jury sei von der Qualität der eingereichten Projekte und Ideen beeindruckt gewesen. In den beiden Kategorien wurden jeweils vier Preise vergeben. Die Leistungen von Bauingenieuren beim Erhalt historischer Bauwerke fände oft im Verborgenen statt, so Schroeter: „Haustechnik-Anlagen sollen möglichst unauffällig sein und grundlegende Ingenieurleistungen wie bauphysikalische Untersuchungen, Vermessungsleistungen oder Bauablaufplanungen sind am sanierten Denkmal nicht mehr ablesbar.“
Staatsminister Herrmann betonte in seiner Rede die Bedeutung der Denkmalpflege: „Die Denkmalpflege will keine historischen Kulissen ohne Nutzwert schaffen, sondern historische Substanz mit Leben erfüllen und in die Zukunft integrieren“, so Hermann in seiner Rede. Historische Bauwerke prägten das Erscheinungsbild eines Ortes und seien wertvolle Kulturgüter. Der Minister ging auch auf die Herausforderungen beim Erhalt eines denkmalgeschützten Gebäudes ein. Dies sei oft nur möglich, wenn eine zeitgemäße Nutzung gefunden werden könne, die mit moderner Technik einhergehe. „Ziel aller Beteiligten muss eine verträgliche und schonende Einbindung von neuen Elementen in historische Substanzen sein“, so Herrmann.
Die Bewahrung des baukulturellen Erbes sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, deshalb unterstütze der Staat die Pflege und den Erhalt denkmalgeschützter Bauwerke. Der Minister lobte die Gewinner und nannte ihre Projekte vorbildlich: „An realisierten Beispielen sehen Eigentümer und Bauherren, dass Denkmalschutz nicht im Widerspruch zu einer modernen und zeitgemäßen Nutzung steht.“ Der Bayerische Denkmalpflegepreis mache Eigentümern und Bauherren Mut, sich für den Erhalt ihrer Denkmäler einzusetzen.
Die Preisträger:
Kategorie Private Bauwerke
Preisträger Gold in der Kategorie Private Bauwerke: Ritzmannshofer Mühle (Fürth, Mittelfranken) – Preisgeld 5.000 Euro
In ihrer Begründung für den Sieger in der Kategorie Private Bauwerke hob die Jury besonders das große Engagement des Fürther Bauherren und Architekten Dr. Christofer Hornstein und die Leistungen des mit der Tragwerksplanung beauftragten Bayreuther Ingenieurbüros Burges + Döhring hervor, ohne das die Ritzmannshofer Mühle verloren gegangen wäre. Die Lage des Gebäudes nahe einer Quelle, dazu ein hoher Grundwasserspiegel und Hochwasserzeiten hatten eine Durchfeuchtung des Mauerwerks bewirkt. Auch die energetische Sanierung war eine Herausforderung. Laut Jury haben die behutsam vorgenommenen Eingriffe die Eigenheiten des Denkmals in vorbildlicher Weise erhalten.
Bauherr: Dr. Christofer Hornstein
Architekt: Dr. Christofer Hornstein, Fürth
Tragwerksplaner: Ingenieurbüro Burges + Döhring, Bayreuth
Gebietsreferent: Dr. Florian Koch
Silber in der Kategorie Private Bauwerke:
Ehemaliges Wohnstallhaus Peuerling (Mittelfranken) – Preisgeld 3.000 Euro
Seit Jahren leer stehend, verfiel das Gebäude zusehends und wies an seiner Holzkonstruktion gravierende Mängel auf. Mit der Sanierung wurde durch den Rückbau des nördlichen Zwerchhauses die Wiederherstellung des historischen Kehlbalkendachsystems möglich. Grundsätzlich orientierten sich Materialwahl und angewandte Techniken an historischen Traditionen und baubiologischen Grundsätzen. Das Gebäude ist nach Ansicht der Jury ein gelungenes Beispiel für qualitativ hochwertige und unaufdringliche Denkmalpflege.
Bauherren: Dr. Christiane Lauterbach und Dr. Dirk Witthaut
Architekt: Architekturbüro Conn und Giersch, Fürth
Tragwerksplaner: Ingenieurbüro Wolfrum GmbH, Nürnberg
Gebietsreferenten: Dr. M. Exner, Thomas Wenderoth
Bronze in der Kategorie Private Bauwerke:
Bauernhaus Ried (Schwaben) – Preisgeld 1.000 Euro
Raumhöhen von nur 1,85 Meter beeinträchtigten die Wohnqualität erheblich. Das Haus sollte nach seiner Sanierung zeitgemäßen Wohnbedürfnissen entsprechen. Vorgabe war, die wertvollen Wand- und Deckenvertäfelungen und den historischen Fußboden in der Stube im Erdgeschoss zu erhalten. Durch das Anheben des Dachstuhls um 50 Zentimeter konnte eine lichte Raumhöhe von 2,05 Meter sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss erzielt werden. Besonders zu würdigen sind laut Jury die Detaillösungen bei der Wärmedämmung, der Fensterkonstruktion als Kastenfenster und der Verstärkung der Decke.
Bauherren: Stefanie und Mathias Kappeler
Architekt: Franz Vogler, Oberstdorf
Tragwerksplaner: Ingenieurbüro Dr.-Ing. Koch, Kempten
Haustechnik: Ingenieurbüro Schenk & Karlinger, Oberstdorf
EnEV: Dipl.-Ing. (FH) Dieter Herz, Weitnau
Gebietsreferent: Dipl.-Ing. Tobias Lange
Bronze in der Kategorie Private Bauwerke:
Bauernhaus Bad Abbach – Oberndorf (Niederbayern) – Preisgeld 1.000 Euro
Das ehemalige Wohnstallhaus aus dem 14. Jahrhundert gehört zu den ältesten seiner Art in Bayern. Vor allem die Holzkonstruktion war stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Rückführung des Tragwerks in das ursprüngliche Tragsystem sowie dessen Reparatur standen im Vordergrund der Sanierungsmaßnahme. Durch dezente konstruktive Lösungen konnte das vom Abriss bedrohte Baudenkmal wieder einer sinnvollen Nutzung zugänglich gemacht werden. Der Jury gefiel, dass zeitgenössische Gestaltungselemente für ergänzende Bauteile bewusst eingebracht wurden.
Bauherren: Fanny und Alois Schröppel
Architekt: Dipl.-Ing. Günter Naumann, Regensburg
Tragwerksplaner: Ingenieurbüro Drexler und Baumruck, Straubing
Gebietsrefereten: Bernhard Herrmann, Dr. Hildegard Sahler
Kategorie Öffentliche Bauwerke:
Preisträger Gold in der Kategorie Öffentliche Bauwerke:
Burg Dollnstein (Oberbayern)
Bei der Instandsetzung der Burg Dollnstein wurde eine hervorragende Lösung für die Sanierung eines bereits nahezu zerstörten Baudenkmals gefunden. Das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gebäudes ist auch nach der Sanierung ablesbar. Besonders hervorzuheben ist, dass ein erheblicher Anteil an konstruktiven Oberflächenbefunden durch das Einbringen von Subsidiärkonstruktionen erhalten werden konnte: Das ursprüngliche Tragwerk des Daches wird nun durch filigrane Stahlbinder entlastet. Aus denkmalpflegerischer Sicht besitzen diese Stützkonstruktionen eine herausragende Qualität in allen Details und ordnen sich dezent dem historischen Bestand unter.
Bauherrin: Marktgemeinde Dollnstein
Architekt: Architekturbüro Feulner und Häffner, Ellingen
Tragwerksplaner: Ingenieurbüro Burges + Döhring, Bayreuth
Gebietsreferenten: Dr. Michael Mette, Dr. Florian Koch
Silber in der Kategorie Öffentliche Bauwerke:
Akademie der Bildenden Künste in München (Oberbayern)
Die Generalsanierung der Akademie der Bildenden Künste in München umfasste neben der Wiederherstellung des Dachgeschosses auch dessen Erweiterung. Umfassende Neuordnungen innerhalb des Gebäudes mit Entkernungen, neuen Treppenräumen, Liftanlagen sowie die Erneuerung der technischen Gebäudeausrüstung brachten das Haus auf einen zeitgemäßen Standard. Die Auseinandersetzung mit den umfangreichen
Anforderungen an detaillierte Lösungen führten laut Jury zu innovativen Ergebnissen.
Bauherr: Freistaat Bayern – Staatliches Bauamt München 1
Architekt: Braun und Partner Architekten, München
Tragwerksplaner: Planungsgruppe Brachmann, Gesellschaft für vernetztes Bauen, München
Gebietsreferent: Dr. Uli Walter
Silber in der Kategorie Öffentliche Bauwerke:
Amtsgericht Bad Kissingen (Unterfranken)
Der für den täglichen Büroablauf in einer Justizverwaltung erforderliche Einbau von Schrank- und Regalanlagen, die große Lasten aufnehmen können, stellte die Planer vor erhebliche Probleme. Eine unkonventionelle Lösung wurde durch den Einbau von Stahlträgern oberhalb der künftigen Regale erreicht, die sich von Tragwand zu Tragwand spannen, und an denen Regale und Schränke hängen. Diese Idee eines „schwebenden Schrankes“ sei eine außergewöhnliche ingenieurtechnische Leistung, die den Verlust an historischen Oberflächen fast vollständig vermieden habe, urteilte die Jury.
Bauherr: Freistaat Bayern – Bayerisches Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Architekt: Staatliches Bauamt Schweinfurt
Tragwerksplaner: Ingenieurbüro für Bauwesen, Peter Glatt + Peter Wolf, Bad Kissingen
Gebietsreferentin: Dr. Annette Faber
Bronze in der Kategorie Öffentliche Bauwerke:
Länderbrücke Laufen - Oberndorf
Die Schadensaufnahme hatte große Schäden erkennen lassen. So waren unter anderem die Diagonalstäbe, Windverbände, Knotenbleche und weitere Teile der Konstruktion stark korrodiert. Die durchgeführten Maßnahmen bestanden im Wesentlichen im Austausch von Fachwerkstäben und Einzelprofilen beziehungsweise in deren Verstärkung. Durch den rücksichtsvollen Umgang mit den historischen Bauteilen und beachtlichen ingenieurtechnischen Sachverstand sowie durch die vorbildliche Zusammenarbeit vieler Fachleute auf deutscher und österreichischer Seite konnte die Wiederherstellung der originalen Gestaltung des technischen Baudenkmals erreicht werden.
Bauherr: Freistaat Bayern – Staatliches Bauamt Traunstein
Tragwerksplaner: Ingenieurbüro Haumann & Fuchs, Traunstein
Gebietsreferent: Dr. Martin Mannewitz
Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau mit Sitz in München vertritt die beruflichen Belange ihrer mehr als 5.750 Mitglieder. Dabei handelt es sich um Ingenieure aus dem Bauwesen. Zu den wesentlichen Aufgaben der Kammer gehören die Beratung der Mitglieder, der Schutz der beruflichen Belange, die Überwachung der Erfüllung der beruflichen Pflichten, die Förderung der Baukultur, Wissenschaft und Technik sowie die Stärkung der Eigenverantwortung, Unabhängigkeit und Fachkompetenz. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau wurde 1990 durch ein Gesetz des Bayerischen Landtages als „Große Kammer“ für alle Ingenieure gegründet und ist eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts. Aufsichtsbehörde ist das Bayerische Staatsministerium des Innern.