TransBorderLes e.V., Margaretha Main und Hans Georg van Herste am Samstag, den 27. März 2010 auf der GayVention in Hamburg.

Die GayVention, das große Treffen der Schwulen und Lesben in Hamburg, residierte in diesem Jahr im Terminal Tango des Flughafens der Hansestadt. Über zweihundert Aussteller und viel Prominenz hatten sich angesagt, um nicht nur den schwul-lesbischen Bewohnern der Großstadt an der Elbe, sondern auch trans- und heterosexuell veranlagten Menschen viel Unterhaltung und Information zu bieten.

Auch der gemeinnützige Verein TransBorderLes e.V., sowie die bekannten Autoren Margaretha Main und Hans Georg van Herste waren mit von der Partie. Van Herste, der sich seit vielen Jahrzehnten für die Gleichbehandlung von Frauen und Homo- und Transsexuellen einsetzt und gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern zu Felde zieht, konnte schon Anfang der 1980er Jahre einige Mitstreiter um sich versammeln, die größtenteils selbst betroffen waren. Daraus entstand in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends der gemeinnützige Verein TransBorderLes e.V.

Im Laufe des Tages kamen viele Interessierte an den Vereinsstand, um sich dort durch die präsentierten Bücher oder intensive Gespräche informieren zu lassen. Brigitte Winkel, die 1. Vorsitzende des Vereins, sowie Christine Sonnenberg, Michaela Main, Matthias Nickel, Reinhard Winkel und Peter Hübner hatten sich viel Mühe gegeben, um ihren Gästen ein umfangreiches Info-Angebot zur Verfügung stellen zu können.

Um 14 Uhr gastierte die bekannte Autorin Margaretha Main im Eventraum und erzählte dem gespannt lauschenden Publikum von ihrem Ausflug zu einem lesbischen Motorradtreffen. Sie und ihre Freundin Mila waren dorthin eingeladen worden, um einen gemütlichen Abend zu verbringen. Wie von der Schriftstellerin nicht anders zu erwarten, endete dieses Gemeinschaftsgrillen in einem bodenlosen Chaos, das den Zuschauern mehrfach mehr als nur ein Lächeln entlockte.

Um 15.45 Uhr erklärte Hans Georg van Herste seinen Zuschauern den Weg der jungen Transsexuellen Johanna. Das Mädchen war in einem Jungenkörper geboren worden und musste sich schon in früher Kindheit Hohn und Spott gefallen lassen. Van Herste und ihre Mutter Anke ließen sich nicht davon beirren und ermöglichten dem Mädchen einen Weg aus der Misere. Johanna, die heute das Leben einer ganz normalen jungen Frau führen kann, bekam schon vor der Pubertät Hormone, um eine Vermännlichung aufzuhalten und eine Geschlechtsangleichung vorzubereiten. Johanna war darüber dermaßen glücklich, dass sie sich entschloss, mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen. Diese Entscheidung konnte im Laufe der Jahre vielen Betroffenen helfen. Nicht nur Zeitungsberichte und Dokumentationen wurden über den Werdegang der Johanna veröffentlicht, sondern auch ein Buch. Hans Georg van Herste stellt darin die Lebensgeschichten zweier Transsexueller gegenüber, die zeitlich zwanzig Jahre auseinander liegen, um den Fortschritt kenntlich zu machen, aber auch um auf die noch immer herrschenden Klischees und Vorurteile hinzuweisen. Dieses Buch, inzwischen viele tausend Mal verkauft, wurde auf der Buchmesse in Leipzig 2010 mit einem Buchpreis ausgezeichnet.

Nach ihren Auftritten standen sowohl Margaretha Main, als auch Hans Georg van Herste Interessierten am TransBorderLes-Stand für Gespräche zur Verfügung. Gegen 17 Uhr gab van Herste dem Sender AndersTV ein Interview. Während Gaylord Borcherding die Fragen stellte und Chefredakteur Christian Weber als Kameramann fungierte, erzählte der Autor aus seinem interessanten Leben.

Als Kind selbst Missbrauchsopfer, hatte er schon während seiner Jugend damit angefangen, andere Missbrauchsfälle in seiner direkten Umgebung öffentlich anzuprangern. Anstatt ihn zu unterstützen, war er bei den meisten Dorfbewohnern auf Ablehnung gestoßen. Verleumdungen und Verdrehungen waren für ihn an der Tagesordnung.

Obwohl ein Mann aus seiner Umgebung mehrere Mädchen sexuell missbraucht hatte und dafür sogar zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, standen viele im Dorf hinter ihm und es war kein Problem, ihn kurze Zeit später als Schützenkönig zu feiern. Während man van Herste nachsagte, er würde den Dorffrieden stören, ging der Missbrauch lustig weiter.

Später als Schmerztherapeut stellte er fest, dass viele körperliche Krankheiten auf psychischen Störungen basieren. Das führte dazu, dass ihn immer mehr Missbrauchsopfer, Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt waren, und Homo- und Transsexuelle um Rat fragten oder sich behandeln ließen. So entstanden schon Anfang der 1980er Jahre die ersten Selbsthilfegruppen um ihn herum, aus denen später der gemeinnützige Verein TransBorderLes e.V. hervorging.

Van Herste: „Während viele Menschen dem Täter beistehen oder einfach nicht wahrhaben wollen, zu welchen Taten Menschen fähig sind, leidet ein Opfer sein Leben lang. Häusliche Gewalt wird verniedlicht und die Diskriminierung von Homo- und Transsexuellen völlig ausgeblendet. Während angeborene Neigungen, wie Homo- und Transsexualität als abartig bezeichnet werden, werden Täter selten ernsthaft verfolgt, geschweige denn verurteilt.“

Der Autor ersann daraufhin die „Insel-Methode“, um Betroffenen zu helfen, Täter abzuschrecken oder dingfest zu machen und ewig Gestrige aufzuklären. Seine Idee war, wenn ein Opfer nicht zur Hilfe, also einer Beratungsstelle, kommen kann, muss die Hilfe zum Opfer kommen, da es kaum wahrscheinlich ist, dass ein achtjähriges Mädchen in die nächste Großstadt fährt, um dort einer fremden Person seine Geschichte zu erzählen.

Diese erfolgreiche Maßnahme führte dazu, dass er immer mehr ins Schussfeld der Täter geriet und z. B. von einem hohen kirchlichen Würdenträger, von dem bekannt ist, dass er seine homosexuellen Neigungen nicht öffentlich machen will, um seine Stellung nicht zu gefährden, mithilfe von Helfershelfern verleumdet wurde. Schnell wurde er zu einem bösen Sektenführer erklärt, der Frauen in seine Sex-Sekte lockt und zum Lesbensex zwingt. Gegen Geld erzählten angebliche ehemalige Sektenmitglieder die tollsten Horrorgeschichten über ihn, um ihn mundtot und unglaubwürdig zu machen. Diese Aktion konnte ihn allerdings nicht am Weitermachen hindern.

Van Herste dazu: „Schlimm sind nicht nur die Täter und Wegschauer. Schlimm sind auch Opfer und Betroffene, die aus Neid andere verleumden, weil sie es nicht ertragen können, dass Menschen, die keinen Hehl aus ihren sexuellen Neigungen machen oder sich trauen an die Öffentlichkeit zu gehen, glücklicher Leben als die Versteckspieler. Anstatt zusammenzuhalten, werden Frauen von Frauen bekämpft und Transsexuelle von Transsexuellen. Und plötzlich war der Missbrauch, waren die Schläge, war das verspottet werden gar nicht mehr so schlimm.“

Hans Georg van Herste rief auch diesmal Opfer und Betroffene dazu auf, sich zu melden, ihre Erlebnisse öffentlich zu machen, sich nicht mehr zu verstecken. Nur so könne der Misere ein Ende gesetzt werden. Nur so können Übergriffe und Verleumdungen verhindert werden. Nicht Betroffene rief er dazu auf, die Augen offen zu halten. Opfer gäbe es an jeder Straßenecke, in jedem vierten Haus. Wer wegschaut, macht sich mitschuldig.

Van Herste: „Glauben Sie einem Kind, das ihnen von merkwürdigen Papispielen erzählt. Die Chance, dass es lügt, ist verschwindend gering. Bieten Sie Ihrer Nachbarin Hilfe an, wenn Sie blaue Flecken oder Verstörtheit an ihr bemerken. Grenzen Sie einen Schwulen oder Transsexuellen nicht aus. Bieten Sie ihre Freundschaft an oder laden Sie ihn in ihren Verein ein. Manchmal können kleinste Gesten viel bewirken. Unsere Kegelabende oder Feiern sind sehr beliebt und geben Betroffenen das Gefühl, nicht ausgestoßen zu sein. Seien Sie vorsichtig, wenn Ihnen z. B. Priester mit heiliger Miene das Blaue vom Himmel einreden wollen. Viele dieser Menschen sind selbst krank, erklären Masturbation zur Todsünde, Reiki und Pilates zur Sekte und laufen einem angeblich unfehlbaren Oberhirten hinterher, der selbst erwiesenermaßen Kinderschändereien in den eigenen Reihen vertuscht hat. Gehirn einschalten! Das war schon immer meine Devise.“

Infos
www.van-herste.de
www.transborderles.de
www.margaretha-main.de

Buchtipps

Margaretha Main
Die Elfe im Garten – Die Autorin erzählt lustige Lausemädchengeschichten aus ihrer Kindheit
ISBN: 9783839109670 – 116 Seiten – 6,80 Euro
Teeny-Elfe – Die Autorin entwickelt sich vom Lausemädchen zur Lausefrau
ISBN: 978-3837025842 – 92 Seiten – 4,90 Euro
Das Leben kann so was von schön sein – Eine Lausefrau schlägt voll zu
ISBN: 9783837025880 – 80 Seiten – 4,90 Euro

Hans Georg van Herste
Ayur Veda – Der Weg zu einem langen, glücklichen und gesunden Leben
ISBN: 9783839117675 – 164 Seiten – 14,80 Euro
Der wahre Traum von Freiheit – Hilfe für Menschen zwischen den Geschlechtern
ISBN: 978-3839105979 – 100 Seiten – 6,80 Euro
Das Borderline-Syndrom
ISBN: 9783837095593 – 108 Seiten – 9,80 Euro
Das Mutter(un)tier – Frauen als Mitwisserinnen und Mittäterinnen im Bereich sexueller Kindesmissbrauch
ISBN: 9783837093926 – 108 Seiten – 9,80 Euro
Herstes Liste – Hans Georg van Herste gibt Opfern von sexuellem Kindesmissbrauch eine Stimme
ISBN: 9783839103029 – 136 Seiten – 9,80 Euro

Katja Groening
Die Burg der Nymphen – Ein missbrauchtes Heimkind geht durch die Hölle und wehrt sich
ISBN: 9783837018134 – 216 Seiten –18,50 Euro

Viktoria Grantz
Die Prinzessin vom Leuchtturm - Andrea wird aufgrund von sexuellem Missbrauch zur Mörderin
ISBN: 9783837069556 – 116 Seiten – 8,80 Euro
Mädchen in Fernost – eine thailändische Kinderprostituierte und ein deutscher Kinderschänder treffen aufeinander, mit ungeahnten Folgen
ISBN: 9783837013948 – 100 Seiten – 6,80 Euro

Lena Birkthal
Leben im Matriarchat – Eine Reise durch die Geschichte der Frau
ISBN: 9783839120385 – 136 Seiten – 19,90 Euro

Eva Maria Thalbach
Das Licht am Ende des Dornenwaldes – Die Geschichte einer Transsexuellen, die sich durchbeißt
ISBN: 9783839106839 – 152 Seiten – 9.80 Euro

Yvonne Zündler
Mitten im Abschaum – Missbrauchsopfer werden Opfer eines dubiosen Gurus
ISBN: 9783837019414 – 180 Seiten – 10,80 Euro

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