Widmung statt Kinderwegdräng- und Kontrollpolitik

Nachlese zur lautlos verhallten dpa-Meldung „Klassische Familie stirbt aus“ vom 29.11.2007

Der Verfall des „Biotops“ der leiblichen Familie ist traurig und fatal zugleich.
Dass Kinder nicht vom Fließband fallen und leibliche Eltern brauchen, zu dieser Einsicht braucht man politisch nicht gebunden sein. Ob in der Vergangenheit oder auch in Zukunft gilt: Eine vertrauensvolle Elternschaft in stabiler Kontinuität gibt Kindern - ob innerhalb oder außerhalb der Ehe - am ehesten Geborgenheit und eine unbeschwerte Kindheit. Und niemals könnten Institutionen Ersatz für Liebe und Widmung bieten. Mittlerweile sollte klar geworden sein, dass gerade bei Jungen, die statistisch z.B. die größeren schulischen Probleme aufweisen, das männliche Vorbild zur Findung des eigenen Selbst nicht mehr präsent ist und sich dadurch Identität und Verantwortung immer weniger ausprägen können. Auch durch eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Studie wurde jetzt sehr deutlich, wie benachteiligt Jungen im mittlerweile frauendominierten Erziehungs- und Bildungswesen sind und förmlich nach väterlicher Identitätsvermittlung schreien.

Haben wir also keine Kinder, weil im privaten Bereich zu wenig Zeit zur Verfügung steht oder vielleicht doch, weil es zu wenig Krippen gibt und die Schulen so schlecht sind? Das nämlich wollen uns OECD-Experten mit einer neuen Analyse weis machen. Mehr Krippen und mehr Erwerbsbeteiligung führe zu „mehr Geburten und weniger Kinderarmut“, so das selbstverständliche Kalkül der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, mit lautstarker Unterstützung der gegenwärtigen Familienpolitik.

Der Grund aber sowohl für Kindermangel als auch -armut ist nicht etwa in fehlenden Betreuungsmöglichkeiten zu suchen, so lehrt uns allein schon die Situation im Osten Deutschlands. Die Kinderzahl in den sogenannten „familienfreundlichen Top-Regionen“ ist sogar antiproportional zum Krippenausbau und anderen Faktoren dort. Vielmehr geht der Kindermangel mit dem Defizit an Vertrauen, Hingabe, Beziehung und Stabilität in der Familie einher. Die World Vision Kinderstudie zeigte kürzlich, dass die Klage über mangelnde elterlicher Zuwendung im direkten Zusammenhang mit dem Umfang der elterlichen Erwerbstätigkeit steht. Besonders unzufrieden waren dabei die Kinder erwerbstätiger Alleinerziehender.

Staatliche Anreize zur Erwerbstätigkeit von kinderwilligen Paaren müssen sich sogar kontraproduktiv auf die Geburtenzahl und später für Kinder auswirken. Die staatliche Förderung von Familienkompetenz dagegen wird leider nicht einmal in Erwägung gezogen. Beispielsweise wird an eine schulische Vorbereitung auf die Aufgaben in einer jemals eigenen Familie kein Gedanke verschwendet.

Die Folge dieser immer ungünstigeren Voraussetzungen für Kinder sieht in der Realität noch dramatischer aus als in der DPA-Meldung gezeichnet.

Besonders krass erscheint der Rückgang der Kinderzahlen in den „Kinderparadiesen“ Ostdeutschlands. Der Durchschnitt von 1,43 minderjährigen Kindern gilt dort pro (klassische) Familie, zu denen beispielsweise auch die kinderreichen Familien moslemischen Glaubens zählen. Noch nicht berücksichtigt ist in dieser Zahl z.B. die im Allgemeinen deutlich geringere Kinderzahl der Familien ohne Trauschein oder der geschiedenen Paare. Im Idealfall eines statistisch „klassischen“ Paares kommt also pro einzelnes Elternteil schon lange kein einziges Kind mehr hervor.
Die reale Fertilisationsrate, die sich in Einbeziehung aller lebenslang ledigen oder zumindest kinderlosen Mitbürger ergibt, wird weit unter 0,7 (1,4 pro Frau + 0,0 pro Mann = 1,4 pro 2 Elternteile) liegen. Anders ausgedrückt muss ein Kind später nicht nur für sich, sondern wahrscheinlich für mehr als zwei weitere Menschen sozialökonomisch aufkommen.

Dass aber - ganz abgesehen von wirtschaftlichen, steuerlichen und sozialversicherungstechnischen Zusammenhängen - Kinderfreundlichkeit etwas zu tun hat mit uneingeschränkter Zuwendung und intensiver, vertrauensvoller Beschäftigung und nicht primär mit Krippen, Ganztagsschulen und Steuerzahlungen, scheint an den grünen Planungstischen der kinderfernen „Bürokratur“ irgendwie nicht anzukommen. Familienpolitik heißt dort Kinderwegdrängungspolitik.

Spätestens, wenn uns die Krippe als erstes Glied in der Bildungskette verkauft wird (GEW), müssen wir ob einer ideologischen Umkrempelung der Gesellschaft aufhorchen. Eins muss immer klar sein: Keine staatliche Einrichtung kann das ersetzen, was gesunde und verantwortungsvolle Eltern zu leisten im Stande sind, wenn sie denn die politischen Rahmenbedingungen dazu hätten. Jedenfalls kann der Staat es sich nicht leisten, auf das Eigenengagement der Familien zu verzichten und die staatliche Erziehungskompetenz in jedem Falle als gleichwertig oder gar als die bessere darzustellen. Es ist bisher nicht einmal gelungen, die Kindergärten zu effektiven vorschulischen Bildungseinrichtungen umzugestalten. Wie sollten Zweijährige in Gruppen mit bis zu 27 Kindern ihre ersten Bildungserfahrungen machen?

Und wie lange will sich der Souverän der Demokratie diese ganze „Euphemismuspolitik“ und Bevormundung bieten lassen?