Mit Legaler Illegitimität der Auflösung entgegen

Schon 1999 konnten wir bei Prof. Querulix lesen: „Der Euro ist das Ergebnis konzertierter Schummelei, offensichtlich motiviert durch die Hoffnung, die selbst verursachten wirtschaftlichen Probleme künftig auf Kosten der Nachbarn lösen zu können.“ (Ein Jahr2000-Problem – und sonst nichts?, ISBN3-89811-028-1, 83 S. 9,95 Euro, lieferbar nur noch vom Verlag READ – Rüdenauer Edition Autor Digital, www.read.ruedenauer.de)

Nun werden wir nicht mehr lange warten müssen, bis wichtige Entscheidungen über die Währungsunion und ihre Mitglieder fallen – wohlgemerkt fallen, nicht etwa von den Verantwortlichen getroffen werden – denn die werden schon lange von der Entwicklung der Verhältnisse nur noch getrieben, längst sogar über die legalen Möglichkeiten der Krisenbewältigung hinaus. Die Geschäftsgrundlage der Verträge über die europäische Währungsunion wurde längst verlassen; für die Rettung der Banken und der von ihnen ruinierten staatlichen Haushalte scheint inzwischen jedes Mittel recht.

Leider ist die Banken- und Staatschuldenkrise nicht das einzige Problem, das unsere Politiker nicht lösen und das sich deshalb selber „lösen“ muß. Wirklich zukunftsweisende und zukunftssichernde Politik kommt seit Jahrzehnten bei allen Bundesregierungen zu kurz. Die produzierten Problem-„Lösungen“ bewirken geradezu gesetzmäßig immer neue Probleme.

Mit der gegenwärtigen Arbeits-, Sozial- und Finanzpolitik sägen die Politiker den Ast vollends ab, auf dem unsere Gesellschaft jetzt schon langsam aber sicher in die Tiefe rutscht. Mehrere Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger arbeiten heute unter prekären sozialen Bedingungen ohne Aussicht auf Besserung. Sie können weder angemessen am sozial-kulturellen Leben teilnehmen noch ihre berufliche und private Zukunft planen. Abgesehen von den fatalen Folgen für die Sozialkassen, die Konsumnachfrage und die weitere demographische Entwicklung werden diese Menschen sicherlich kaum begeisterte Anhänger eines Gesellschaftssystems werden, das sie zu Parias macht.

Solange sich aber Millionen Menschen ohne zu revoltieren ausbeuten und in die Armut drängen lassen, brauchen sich die Bessergestellten noch keine Sorgen um ihre Beute und ihr Wohlleben zu machen. Daß dies immer so weiter gehen wird, werden aber selbst die einfältigsten Gemüter nicht glauben. Für die nachhaltige Zerstörung der gesellschaftlichen Integrität wird den Herrschenden nach aller historischen Erfahrung letztlich immer die Rechnung präsentiert. Spätestens mit der Erosion des Mittelstandes wird die Lage ernst.

Die gesamte politische Klasse ist inzwischen dermaßen unglaubwürdig geworden, daß ihre Dummheiten trotz der zu erwartenden katastrophalen Folgen bei den Bürgerinnen und Bürgern nur noch ein müdes Lächeln hervorrufen. Zur Erinnerung nur drei kleine Kostproben:

Erstes Beispiel die Senkung des Beitrags zur Rentenversicherung. Dabei brauchen immer mehr Rentnerinnen und Rentner zusätzlich Sozialhilfe, um finanziell über die Runden zu kommen. Wie gerade die Geringverdienenden, deren Einkommen seit langem stagnieren, real sogar sinken, künftig vor entwürdigender Altersarmut geschützt werden sollen, ist schleierhaft. Die Vorschläge der Arbeits- und Sozialministerin zu diesem Thema sind zu lächerlich, um sie überhaupt zu diskutieren. Angesichts der Millionen sowohl von den rot-grünen wie auch den schwarz-gelben Regierungen gesetzlich sanktionierter, also gewollter prekärer Arbeitsverhältnisse fragt man sich heute schon, woher die Mittel für auskömmliche Renten in Zukunft kommen sollen.

Zweites Beispiel Betreuungsgeld. Gerade bildungsferne Familien, sozial schwache und solche mit Migrationshintergrund würden ihre Kinder zu Hause behalten und dafür eine staatliche Belohnung kassieren. Das frühzeitige Erlernen der Deutschen Sprache wird so verhindert, ebenso die integrative Erziehung zusammen mit deutschen Kindern. Die Mütter werden vom Arbeitsmarkt ferngehalten. Millionärsgattinnen, die ohnehin nicht arbeiten wollen, erhielten zudem ein Taschengeld auf Kosten der Allgemeinheit. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Drittes Beispiel der Vorschlag des FDP-Gesundheitsministers, private Pflegezusatzversicherungen mit einem lächerlich geringen Betrag von 5 Euro monatlich zu subventionieren und dadurch der Versicherungswirtschaft neues Geld in die Kassen zu spülen, ohne den Versicherten eine nennenswerte Verbesserung ihrer Vorsorge für den Pflegefall zu bieten. Man denkt unwillkürlich an das ebenfalls von der FDP bewirkte Mehrwertsteuergeschenk für die Hoteliers.

Anstatt die sozialen Für- und Vorsorgesysteme für die Zukunft zu rüsten und schnellstens für einen ausgeglichenen Haushalt zu sorgen, denken die Politiker nur an die kommenden Wahlen und an „Zuckerstückchen“ für ihre Klientele. Obwohl die Öffentlichen Kassen leer sind, fällt ihnen nichts anderes ein als mit unsinnigen Gefälligkeiten für Klientele Geld zu verplempern.

Die Moral der politischen Klasse ist geradezu erbärmlich. Die vor allem von CDU/CSU und FDP verweigerte Ratifizierung der Anti-Korruptions-Konvention ist ein Skandal, der den Ruf der Deutschen weltweit schädigt. Die Abgeordneten scheinen es nötig zu haben. Da machen sich die Bürger natürlich so ihre Gedanken und es wundert nicht, daß die Moral der Politiker zwangsläufig auf die Bevölkerung abfärbt. Wie der Herr, so’s G’scherr, erinnert uns der Volksmund.

Legal scheint alles möglich zu sein, vor allem, wenn man die Gesetze selber machen oder die Gesetzesmacher wenigstens zum eigenen Nutzen beeinflussen kann. Der nach dem Krieg gestartete zweite deutsche Demokratieversuch ist inzwischen zu einer parteioligarchischen beutekapitalistischen Lobbydemokratur entartet, beherrscht von Politikern, denen jede Erfahrung mit dem Leben der Bürgerinnen und Bürger fehlt, über deren Schicksale sie aus ihrer privilegierten Stellung heraus entscheiden, beherrscht von Politikern, die offenbar nicht in der Lage sind, das allgemeine Wohl gegen die Einflüsse der Lobbyvereine auf die Gesetzgebung zu verteidigen.

Daß Abgeordnete nach dem Grundgesetz nur ihrem Gewissen unterworfen sein sollen, klingt recht gut. Für gute politische Arbeit im Interesse des Allgemeinen Wohls sorgt diese Passepartout-Vorschrift aber nicht – wie wir mit wachsender Sorge beobachten. Wir brauchen deshalb eine strafbewehrte Verpflichtung der Abgeordneten auf das Allgemeine Wohl und ein Qualitätsmanagement, um zu gewährleisten, daß bestimmte Standards bei der Gesetzgebung eingehalten werden. Daran sind – nachvollziehbar – Politiker gar nicht interessiert. Denn denen geht es trotz des sozialen Niedergangs wachsender Bevölkerungsteile blendend – in vielen Fällen wegen exzellenter Nebeneinnahmen. Ein Schelm, wer im Zusammenhang mit der Verweigerung der Anti-Korruptions-Konvention Schlechtes denkt dabei. Die Frage drängt sich aber auf: wie lange kann sich ein politisches System halten, wenn es in der Bevölkerung massiv an Glaubwürdigkeit verliert?

Wohin die Banken- und Staatsschuldenkrise noch treibt und welche sozialen und politischen Konsequenzen sie hat, weiß niemand. Der Weg des geringsten Widerstandes wäre, einfach Geld zu drucken, also die Schulden auf Kosten der Geldsparer weg zu inflationieren. Daß dies die „Lösung“ sein könnte, deutet sich an, durch die Vorschläge für ein Schuldenkarussell, das in einem vorangegangenen Beitrag bereits vorgestellt wurde, und durch das Gerücht, die EZB wolle Zinsschwellen angeben, bei deren Überschreiten sie Anleihen der Pleiteländer aufkauft.

Die im Falle der Inflationierung zu erwartende Verstärkung der sozialen Verwerfungen werden diese und die kommende Bundesregierung aber vor gewaltige Herausforderungen stellen. Die von der Regierung Schröder begonnene und von der Regierung Merkel fortgesetzte Umverteilung von unten nach oben wird sich nicht durchhalten lassen. Staatsführungen, die proaktiv handeln, sind in solchen Situationen klar im Vorteil. Leider dürfen wir solche Weisheit von den gegenwärtigen Politikern nicht erwarten. Deshalb wird, so lange es geht, versucht werden, den Wohlstand der eigenen Klientel durch Ausbeutung der nicht Dazugehörigen zu sichern.

Für diese unmoralische, illegitime Art legaler Übervorteilung Schwächerer durch Skrupellosere und Stärkere wurde bereits der Begriff „Gebecoen“ geprägt, nach einer Studie, die dieses Vorgehen anhand eines Beispielfalles dokumentiert, in dem sogar noch die Justiz hilfreich war („Qualitätsmanagement in der Praxis - Wenn Kunden sich als Beuteopfer fühlen – ein “Reise”-Erlebnis mit Gebeco/TUI“, ISBN 978-3-943788-07-5, zu beziehen über jede gute (Internet-)Buchhandlung sowie beim Verlag www.read.ruedenauer.de).

Die illegitime Abzocke auf legalem Wege, breitet sich wie eine Seuche aus. Die „Großen“ machen es mit Steuergeschenken und Subventionen für ihre Klientel vor und die „Kleinen“ sagen sich: Was die können, kann ich auch, und zocken ihre Kunden und Mitarbeiter ab. So geht die Moral unweigerlich den Bach herunter und Bürgerinnen und Bürger, deren Lebensinteressen nicht durch starke Lobbys oder Politiker geschützt werden, bleibt nur die Devise: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.

Der moralische Abwärtstrend zum Gebecoen, dem legalen, aber illegitimen Für-Dumm-Verkaufen und Abzocken wird voraussichtlich stabil bleiben. Solange der einzige Maßstab des Wirtschaftens der Profit ist wird alles eben Mögliche getan, um ihn zu mehren – koste es andere was es wolle. Statt sich und die Politik wie jüngst unser Verkehrsminister mit albernen Vorschlägen lächerlich zu machen, sollten die Politiker endlich ihre Aufgaben im Interesse des Wohls unserer Gesellschaft wahrnehmen.

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