Da kommt er, strahlt vor Freude, schart seine Familie um sich. Sagt: "Schreibt mal auf, was ihr euch wünscht. Jeder hat einen Wunsch frei. Den erfülle ich euch." Dann rückt Papi mit der frohen Botschaft heraus: "Mein Chef hat mein Gehalt erhöht." Darüber freut sich die ganze Familie. Und füllt Wunschzettel aus. Dann geht Papi zu den Nachbarn. Die dürfen sich ebenfalls was wünschen. Auch die Nachbarschaft füllt Wunschzettel aus.

Den bekommen jetzt auch 41 000 Haushalte in Wilhelmshaven. Absender ist der CDU-Oberbürgermeisterkandidat Andreas Wagner. Der hat zwar nicht festgestellt, dass die Stadt nach seinem Amtsantritt mehr Geld haben wird als jemals erwartet, der möchte laut "Wilhelmshavener Zeitung" von heute nur eins ändern: "Viele Menschen haben den Eindruck, dass ihre Meinung ohnehin nicht sonderlich gefragt ist."

Also dürfen die Bürgerinnen und Bürger von Wilhelmshaven sich in den nächsten Tagen wünschen, was sie wollen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie dürfen schreiben, was sich ändern soll am Banter See/Südstrand, für Freizeit/Kultur, für Kinder/Jugend/Schule, für Senioren, bei Verfall/Leerstand von Gebäuden und Geschäften, bei Sauberkeit/Sicherheit, Wirtschaft/Arbeit und Straßen/Verkehr. Die Antworten sollen in das Wahlprogramm der CDU einfließen. Sogar die Basis bilden sollen sie.

Dass Andreas Wagner die Wünsche, die nun an ihn herangeschrieben werden, erfüllen kann, behauptet er vorsichtshalber gar nicht. Er ist nämlich nicht der Papi mit Gehaltserhöhung. Er wäre der Familienvater, der vor Schulden kaum noch in den Schlaf kommt.

Dass sich viele an dieser Aktion beteiligen werden, ist nicht zu erwarten. Wer sich aber beteiligt, sollte sich nicht in Bescheidenheit üben. Der sollte diesem Oberbürgermeister-Kandidaten zeigen, was er davon hält, wenn man ihn auf den Arm nimmt und irgendwann am langen Arm verhungern lässt.

Ich wünsche mir jetzt schon einmal: Der Banter See soll mich an die karibische See erinnern mit kleinen Cafés, stillen Buchten und kristallklarem Wasser, der Südstand möge der schönste Strand der Welt werden, was ich in meiner Freizeit tue, sollte kostenlos sein, ins kulturelle Programm wünsche ich mir Auftritte und Ausstellungen der berühmtesten Künstler bei freiem Eintritt, kein Kind soll mehr Hunger leiden, für jeden Jugendlichen wünsche ich mir den Arbeitsplatz, den er gern hätte, jede Schule soll vorbildlich ausgestattet sein, jede Lehrkraft ein pädagogisches und menschliches Gedicht, Senioren sollen ihre letzten Tage im Schoße liebevoller Familien verbringen, leer stehende oder unansehnliche Gebäude mögen bitteschön über Nacht verschwinden, Kriminalität soll ein Fremdwort werden, Sauberkeit eine Selbstverständlichkeit, die Wirtschaft möge zum Wohle aller brummen, Arbeit für alle Spaß machen, der Verkehr möge ruhig dahinfließen und nirgendwo über Schlaglöcher holpern.

Damit hätte die CDU die Basis für ein - Wolkenkuckucksheim...

Man könnte aber auch: Auf die Postkarte "Porto zahlt Empfänger" schreiben - mehr nicht...

Für alle, die Wilhelmshaven nicht kennen: Die Stadt hat rund 80 000 Einwohner und etwa 240 Millionen Euro Schulden...

Ein Beitrag für http://obkandidattjaden.blogspot.com