Strafverfahren gegen Jehovas Zeugen in Russland werden fortgesetzt

Gorno-Altaisk (Russland) — Am 7. Oktober 2010 fand vor dem Stadtgericht von Gorno-Altaisk die erste Anhörung in dem Strafverfahren gegen Aleksandr Kalistratov statt. Richterin Marina Sokolovskaya terminierte die Eröffnungsverhandlung auf den 20. Oktober 2010, 9.00 Uhr. Kalistratov wurde angeklagt, religiösen Hass gesät zu haben, weil er jemandem auf dessen Bitte hin zwei international publizierte religiöse Zeitschriften ausgehändigt hatte. Der Höchste Gerichtshof der Republik Altai stufte die Zeitschriften allerdings erst ein Jahr später als „extremistisch“ ein.

Das Strafverfahren gegen Jehovas Zeugen in Gorno-Altaisk begann mit einer Studie von Yuliya Khvastunova. Kalistratovs Rechtsanwalt Viktor Zhenkov bemerkte dazu: „Frau Khvastunova tut sich schon lange als erklärte Gegnerin unserer Aktivitäten hervor. Und die Tatsache, dass sie ihre ‚umfassende Studie‘ über 27 unserer Veröffentlichungen in nur drei Tagen erstellt hat, erscheint uns Grund genug zu sein, Zweifel an der Objektivität ihrer Arbeit zu haben.“ Auf der Basis ihrer Studie erhob der Staatsanwalt von Gorno-Altaisk Anklage wegen angeblichem religiösen Extremismus. In der Folge erklärte das Gericht von Gorno-Altaisk am 1. Oktober 2009 18 von Jehovas Zeugen publizierte und verbreitete religiöse Veröffentlichungen für extremistisch. Am 27. Januar 2010 bestätigte der Höchste Gerichtshof der Republik Altai diese Entscheidung, die nun vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig ist.

Auf der Basis des Urteils von Gorno-Altaisk und eines weiteren Urteils des Bezirksgerichts in Rostov beschuldigte man Aleksandr Kalistratov, gegen Art. 282 (1) des Strafgesetzbuchs der Russischen Föderation verstoßen zu haben („Erregung von Hass oder Feindschaft und Verletzung der Menschenwürde“). Im Laufe des Jahres wurden Kalistratov und andere Zeugen Jehovas in Gorno-Altaisk heimlich beschattet, was auf Befehl der Direktion des FSB für die Republik Altai (Inlandsgeheimdienst der Russischen Föderation) sogar Telefon- und Postzensur einschloss. „Die Diskriminierung gläubiger Menschen hat sich von der vielschichtigen Verletzung verfassungsmäßiger Rechte und Freiheiten zu ausgesprochener Verfolgung ausgewachsen und ist eskaliert“, stellt Vasily Kalin fest, Vorsitzender des Verwaltungszentrums von Jehovas Zeugen.

Am 9. September 2010 erhielt Aleksandr Kalistratov die Anklageschrift. Zhenkov kommentiert: „Dass der Staatsanwalt nur drei Arbeitstage darauf verwandt hat, sich einen Überblick über den Sachstand zu verschaffen, ist schon bemerkenswert — immerhin umfasst das aktenkundige Material zu dem Fall ganze 13 Bände. Es ist völlig unmöglich, so viel in derart kurzer Zeit zu analysieren. Außerdem wies der Staatsanwalt der Republik Altai insgesamt neun Beschwerden des Verteidigers zurück, was die ungesetzliche Art und Weise der Untersuchung noch betont.“ Es gibt keinen Beweis dafür, dass Kalistratov nach dem Entscheid vom 27. Januar noch irgendwelche Publikationen verbreitet hätte, die von einem Gericht als extremistisch eingestuft worden wären.

Kalistratov brachte seine eigenen Empfindungen in dieser Sache mit folgenden Worten zum Ausdruck: „Ich bin nicht überrascht; viele Christen mussten Verfolgung ertragen. Christliche Liebe zu Gott und zu meinem Nächsten wird mir helfen, das alles durchzustehen.“

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