Zweierlei Gesetz bei der Atomrüstung

Auf dem Atomsicherheits-Gipfel in Washington warnten US-Präsident Obama und Bundeskanzlerin Merkel vor internationalem Atomterrorismus. Die hierbei am ehesten realistische Vorstellung, dass nichtstaatliche Akteure über radiologische („schmutzige”) Bomben verfügen könnten, ist fraglos unangenehm. Ungleich gefährlicher bleiben aber die mehr als 20.000 echten Nuklearwaffen auf der Welt.

Immerhin kann man sich anhand der Phantasien, die manchen beim Thema „schmutzige Bombe” überkommen, ausmalen, wie sich ein normaler iranischer oder nordkoreanischer Bürger fühlt, der von der neuen Atomdoktrin der USA erfahren hat: Obama hat die Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen angehoben. Gegenüber dem Iran und Nordkorea hält sich die US-Regierung nach den Worten von Verteidigungsminister Robert Gates aber „alle Optionen” offen.

Angeblich, weil diese beiden Staaten sich nicht an den Atomwaffensperrvertrag hielten. Dabei ist Nordkorea ebenso wie Indien, Israel und Pakistan nicht (mehr) Mitglied dieses Vertrags. Und dem Iran, gegen den nun neue Sanktionen verhängt werden sollen, lässt sich ein Verstoß nicht nachweisen.

Auch dürfte es sich doch herumgesprochen haben, dass die USA und die anderen vier „offiziellen” Atommächte ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung aus Artikel 6 des Atomwaffensperrvertrags nicht nachgekommen sind, „in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen und zum Abschluss zu bringen, die zu nuklearer Abrüstung in allen ihren Aspekten unter strikter und wirksamer internationaler Kontrolle führen“.

Wichtiger als der Atom-Sicherheitsgipfel ist die Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag, die im Mai in New York stattfindet. Dort werden viele Habenichtse erneut thematisieren, wie die Besitzenden mit ihren Atomwaffen umgehen.

Ein Blick auf den nicht in Kraft getretenen Kernwaffenteststopp-Vertrag von 1996 erweist ebenfalls, dass nicht nur die anderen schuld sind. Von den 44 sogenannten Kerntechnik-Staaten haben ihn bisher nicht ratifiziert: Ägypten, China, Indien, Indonesien, Iran, Israel, Nordkorea, Pakistan – und die USA.

Der frühere Vizepräsident des Internationalen Gerichtshofs, der Sri-Lanker Weeramantry, bringt es auf den Punkt:

„Das Problem der atomaren Aufrüstung, das wohl das gewichtigste Problem des Völkerrechts und der internationalen Beziehungen ist, wird von den mächtigsten Staaten der Welt auf der Grundlage eines Gesetzes für sie selbst und eines anderen Gesetzes für alle übrigen behandelt.”

Das aber kann nicht funktionieren.

Gerhard Frey jr.


Über DSZ-Verlag

Benutzerbild von DSZ-Verlag

Nachname
DSZ-Verlag

Adresse

www.national-zeitung.de

Postfach 60 04 64
81204 München

Telefon +49 89 89 60 850
Telefax +49 89 83 41 534
E-Mail info@dsz-verlag.de

Homepage
http://www.national-zeitung.de

Branche
Zeitung