Taiwans Präsidentin gibt Erklärung zur Lage in Hongkong ab

Präsidentin Tsai Ing-wen gab am Nachmittag des 13. Juni im Präsidialamt eine Erklärung zur Lage in Hongkong ab. Sie erklärte, dass die demokratischen Proteste in Hongkong, die Taiwaner nicht nur ihr bestehendes demokratisches System und ihre Lebensweise noch mehr schätzen ließen, sondern ihnen auch deutlich machten, dass das Modell "ein Land, zwei Systeme" nicht lebensfähig sei. Tsai Ing-wen betonte, solange sie das Präsidialamt innehabe, jeder scheitern würde, der versuchen sollte, Taiwans Souveränität und Demokratie zu untergraben oder sie als politische Trumpfkarte auszuspielen.

In ihren Ausführungen betonte Präsidentin Tsai, dass die demokratischen Proteste in Hongkong weltweit große Aufmerksamkeit erregt haben. Zu sehen, wie die Hongkonger Polizei Tränengas und Gummigeschosse gegen die Demonstranten einsetzte, sei besonders schockierend und unerträglich. Die Menschen in Hongkong haben das Recht, ihre eigene Demokratie und Freiheit zu verlangen. Mehr noch, sie haben das Recht, ihren eigenen Lebensstil und ihr eigenes politisches System zu wählen. Taiwan ist ein Bollwerk der Demokratie in Asien, und wir werden diese universellen Werte immer stärken.

Die Präsidentin wies auch darauf hin, dass mehrere Studenten aus Hongkong, die sich derzeit in Taiwan befinden, ins Präsidialbüro gekommen sind, um ihre Sorgen vorzubringen. Da sie terminlich verhindert war, hat Tsai Ing-wen den Generalsekretär Chen Chu gebeten, die Studenten zu empfangen.

Wir äußerten ihnen gegenüber unsere Besorgnis und hörten ihre Meinungen über die Situation in ihrer Heimatstadt. Es ist zu befürchten, dass die Änderung der Verordnung über flüchtige Straftäter gegen die Menschenrechte verstößt. Daher hoffen wir, dass Hongkongs Regierung die Forderungen der Demonstranten ernst nimmt, in einen Dialog mit den Menschen tritt und mit der Öffentlichkeit kommuniziert und davon absieht, die betreffende Gesetzgebung vorschnell durchzusetzen.

Präsidentin Tsai verdeutlichte, dass die Änderung der Verordnung über flüchtige Straftäter auch gegen die Souveränität Taiwans verstoßen würde, was wir nicht akzeptieren werden. Wir lehnen die Maßnahme der Einzelauslieferung als Vorwand für Gesetzesänderungen ab. Wir können nicht zusammenarbeiten, um die Kriminalität mit Gesetzen zu bekämpfen, welche die Menschenrechte verletzen. Wir werden bei der Verabschiedung dieses skrupellosen Gesetzes nicht mitwirken. Für das taiwanische Volk liegt der größte Erfolg dieser Ereignisse darin, dass das Modell "ein Land, zwei Systeme" nicht lebensfähig und für ein demokratisches Taiwan absolut inakzeptabel ist.
Die vorrangige Verantwortung des Präsidenten besteht darin, Taiwans Demokratie und Souveränität zu schützen, damit alle Generationen von Taiwanern und Taiwanerinnen das Recht haben, ihre Zukunft selbst zu bestimmen.

Abschließend beantwortete Präsidentin Tsai Fragen der Medienvertreter. Auf die Frage, ob sie über eine Eskalation der Proteste in Hongkong besorgt sei, erklärte sie, dass die Proteste in Hongkong dazu geführt hätten, dass Menschen auf der ganzen Welt, insbesondere auch die Taiwaner und Taiwanerinnen verunsichert und besorgt sind. Hongkong ist nicht weit von Taiwan entfernt, und die Menschen in Taiwan verfolgen die weitere Entwicklung aufmerksam. Tsai Ing-wen äußerte die Hoffnung, dass sich die Hongkonger durch die Sorge und Empathie aus Taiwan und der internationalen Gemeinschaft unterstützt fühlen, und feststellen, dass sie bei ihrem Streben nach mehr Demokratie und Freiheit nicht alleine sind.

Die Präsidentin fügte hinzu, dass Hongkongs Regierung mit den Menschen kommunizieren und ein Vorbild als Demokratie abgeben müsse, damit die Probleme vernünftig gelöst werden können. Wir wollen nicht, dass die Regierung in Hongkong auf ihre Bevölkerung Gewalt ausübt, um die Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Taiwan wird alles in seiner Macht Stehende tun, um den Bürgern und Bürgerinnen in Hongkong dabei zu helfen ihre Demokratie und Redefreiheit während der Proteste zu erhalten.

Quelle: Präsidialamt in Taipeh, Juni 2019