Umstrittene Gerichtsberichterstattung in eigener Sache: Tom Sack zum achten Mal wegen Veröffentlichung auf der Anklagebank

Verhandlung vor dem Landgericht Bückeburg am Donnerstag – Streichung des § 353d Nr. 3 StGB von der Politik gefordert

Tom Sack (29) sieht sich seit Jahren zu Unrecht wegen des Vorwurfs der Kunstfälschung und des Betruges verfolgt und betreibt deshalb eine Gegenwehr der besonderen Art: Auf seiner Internetseite „tomsack.com“ hat er bereits viele amtliche Schriftstücke aus laufenden Strafverfahren präsentiert, welche die Öffentlichkeit von seiner Unschuld überzeugen sollen. Er war einst Kunst- und Antiquitätenhändler in Berlin und Rinteln (Kreis Schaumburg/Niedersachsen), musste diese Tätigkeit jedoch aufgrund mehrerer Durchsuchungen seiner Wohn- und Geschäftsräume und der jeweils erfolgten Beschlagnahme vieler zum Verkauf vorgesehener Kunstgegenstände aufgeben.

„Ein mutmaßlicher Straftäter ist in dieser Gesellschaft nicht besonders glaubwürdig. Deshalb sehe ich keinen anderen Weg, als mich auf die Presse- und Meinungsfreiheit zu berufen und den ganzen künstlich aufgeblasenen Fallkomplex möglichst authentisch zu dokumentieren. Unverzichtbar sind daher auch die getreuen Abbildungen der entsprechenden Unterlagen.“ – So steht es auf Tom Sacks Internetseite.

Die zuständige Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Bückeburg sieht durch die Veröffentlichungen jeweils den Straftatbestand des § 353d Nr. 3 StGB erfüllt, welcher „Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen“ in bestimmten Fällen unter Strafe stellt. Es ist dem Gesetzeswortlaut nach verboten, amtliche Schriftstücke eines Strafverfahrens ganz oder in wesentlichen Teilen im Wortlaut öffentlich mitzuteilen, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist.

Tom Sack saß bislang schon siebenmal wegen angeblicher Verstöße gegen § 353d Nr. 3 StGB auf den Anklagebanken von Amts- Land- und Oberlandesgericht, zuletzt im Februar dieses Jahres. Es kam aber noch zu keiner rechtskräftigen Verurteilung. Einerseits haben Staatsanwaltschaft und Angeklagter stets Rechtsmittel eingelegt, andererseits wurden zwei Verfahren wieder eingestellt.

Vor dem Landgericht Bückeburg findet nun die achte Gerichtsverhandlung wegen einer Veröffentlichung statt, und zwar am kommenden Donnerstag, dem 26. Mai 2011, ab 8:30 Uhr vor der VII. Kleinen Strafkammer. Es geht um folgenden Sachverhalt: Die I. Große Strafkammer des Landgerichts Bückeburg hatte im Dezember 2009 beschlossen, eine umfangreiche Anklage wegen der Fälschungs- und Betrugsvorwürfe nur zu einem kleinen Teil zur Hauptverhandlung zuzulassen. In 167 von 201 Anklagepunkten war demnach keine Strafbarkeit gegeben. Tom Sack hat daraufhin den entsprechenden Beschluss sowie zwei Seiten mit den verbliebenen Anklagepunkten aus der ursprünglich 33 Seiten umfassenden Anklageschrift auf seiner Internetseite veröffentlicht. Das Dokument ist bis heute unter http://www.tomsack.com/beschluss-hauptverhandlung-bueckeburg.pdf abrufbar. – Im Vorfeld war in der Presse sowie in Internetforen wild über die gegen Tom Sack erhobenen Vorwürfe spekuliert worden. Mehrere überregionale Tageszeitungen hatten beispielsweise wahrheitswidrig behauptet, der Angeklagte habe 201 Ölgemälde selbst gefertigt und mit Signaturen berühmter Maler versehen.

Obwohl sich nach dem vorliegenden Sachverhalt aufdrängt, das Verfahren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung größtenteils als abgeschlossen und die restlichen Anklagepunkte als unwesentliche Teile der Anklageschrift zu betrachten, hat das Amtsgericht Rinteln in erster Instanz vor über einem Jahr eine symbolische Geldstrafe von zehn Tagessätzen ausgesprochen. Die Tat wurde lediglich als Formalverstoß gewertet. Staatsanwaltschaft und Angeklagter haben jeweils Berufung eingelegt, so dass nun vor dem Landgericht erneut verhandelt werden muss.

Dass die restlichen Anklagepunkte tatsächlich keine besonders wesentlichen Teile der Anklageschrift gewesen sein können, hat sich mittlerweile auch anderweitig gezeigt. Ende Januar dieses Jahres wurde das in Bückeburg anhängige Verfahren um die Fälschungs- und Betrugsvorwürfe kurz nach Eröffnung der Hauptverhandlung im Gerichtssaal eingestellt, weil schlussendlich in keinem einzigen Punkt eine Strafbarkeit nachzuweisen war. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass jetzt noch wegen einer Veröffentlichung, die sich im Nachhinein als durchaus berechtigt erwiesen hat, so ein Aufwand betrieben wird. Warum ist nicht auch hier längst eine Einstellung erfolgt?

Umstrittene Strafnorm

§ 353d Nr. 3 StGB gilt unter Fachleuten als unglücklich formuliert und nicht mehr zeitgemäß. Die Norm soll in erster Linie zwar dem Persönlichkeitsschutz der von einem Strafverfahren betroffenen Personen dienen, schränkt aber die Presse- und Meinungsfreiheit übermäßig stark ein. Es ist dabei unklar, ob ein Angeklagter selbst überhaupt Täter des § 353d Nr. 3 StGB sein kann, sofern niemand sonst von der Veröffentlichung betroffen ist. Ein pauschales Veröffentlichungsverbot kann in so einem Fall auch deshalb problematisch sein, weil der Angeklagte dann möglichen Spekulationen über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe ausgesetzt ist.

Zur Zeit liegt übrigens ein Gesetzentwurf der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, welcher die ersatzlose Streichung des § 353d Nr. 3 StGB vorsieht (BT-Drucks. 17/3989).

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Zur Person:

Tom Sack, Jahrgang 1982, studierte nach Abitur und Wehrdienst einige Semester Jura in Konstanz am Bodensee. Bereits neben dem Studium handelte er mit Kunst und Antiquitäten. 2004 siedelte er nach Berlin um, wo er seine Tätigkeit ausbaute und gute Umsätze verbuchen konnte. Er betätigte sich dort auch als Galerist. 2006 zog es ihn raus aufs Land. Er ließ sich mit seiner kleinen Familie in Rinteln-Schaumburg bei Hannover nieder, auch um dort die geschäftlichen Aktivitäten weiter ausbauen zu können. Durch ein von der Staatsanwaltschaft Bückeburg eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Kunstfälschung sah er sich jedoch im Jahr 2008 gezwungen, den Kunsthandel und die Tätigkeit als Galerist aufzugeben. Die mit den Ermittlungen einhergehenden Umstände - Hausdurchsuchungen, Beschlagnahme von Geschäftsinventar, Rufschaden - brachten den Geschäftsbetrieb vollständig zum Erliegen. Die Vorwürfe erwiesen sich später als haltlos, das Verfahren wurde Anfang 2011 vom Landgericht Bückeburg eingestellt. Ein ähnliches Verfahren, welches neun Kunstverkäufe aus den Jahren 2004 und 2005 zum Gegenstand hat, ist noch beim Landgericht Berlin anhängig. Tom Sack setzt zur Zeit sein Jurastudium an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg fort. Er ist mittlerweile ein gefragter Kunstmaler.

Kontaktdaten:

Tom Sack, freischaffender Künstler
Postanschrift: Krausenstr. 17, 06112 Halle (Saale)
Atelier: Rosenstr. 3, 31737 Rinteln (nur nach Terminvereinbarung)
Telefon: 0345/2797391 oder 0176/66500883
E-Mail: info@tomsack.com
Internetpräsenz: http://www.tomsack.com