Wenn die Tageszeitung vom Kunden kopiert

Es ist ja allgemein bekannt, dass manche Tageszeitungen ihren Inhalt zu einem hohen Prozentsatz von Agenturen beziehen und nur sehr wenige Artikel selbst schreiben. Weniger bekannt ist der Fakt, dass vieles vom Inhalt auch von den Werbekunden „geliefert“ wird. So sind es oftmals ganze Artikel, die den Werbenden angeboten werden, im Falle einer Inseratschaltung. Sprich Kunde liefert den grob gestrickten (Werbe-)Text und kauft einen Inseratplatz – zahlt aber nur das Inserat und der Werbetext, von der Redaktion nachbearbeitet, sieht aus als ob er unabhängig und neutral recherchiert wurde. Der Leser wird hinters Licht geführt und vertraut aus Unwissenheit dem redaktionell bearbeiteten Text, der eben nicht als „Anzeige“ oder „Werbung“ deklariert ist.

Es gibt aber auch Zeitschriften, denen das immer noch zu viel der Arbeit ist, vor allem im doch recht flotten Onlinegeschäft. Viele Zeitungen haben hier große Probleme – Onlinenachrichten kosten Geld aber wie bekommt man Geld für Onlinenachrichten zurück? Es bleibt, egal wie, in aller Regel die Tatsache übrig, Geld verdienen wir da nicht besonders gut aber wir können für uns werben. Werben bis jeder auf diesem Planeten weiß, dass es uns gibt. Uns das Blättchen aus - na was weiß ich. Man eröffnet, wohlgemerkt als Tageszeitung, egal ob international verkauft oder nur ein Klitschenblättchen Twitter-, Facebook- und Lokalistenprofile und biedert sich den Leuten an. Im Print heißt es: „Hey sei cool folge uns auf Twitter und bekomme die neusten Nachrichten sofort aufs Smartphone!“ In Wirklichkeit erhält man alle zwei Stunden irgendeine Unfallmeldung oder 140 Zeichen zum durchdrehenden Gaddafi und, was ganz besonders wichtig ist, man erfährt wann der Zeitungs-Tweetie an seinen Arbeitsplatz geht und wann er selbigen wieder verlässt. Das verrät er mit einem „Guten morgen liebe Tweeties“ oder „So Feierabend liebe Tweeties, tschüssieee bis morgen“. Ganz wichtig hierbei ist die Verniedlichung - klar 10 Meldungen am Tag über Mord und Todschlag da brauchts dann schon ein wenig Zucker zumindest am Anfang und am Ende.

Aber wenn auch das nicht wirklich hilft – auch der Online-Manager, oder sagt man Online-Journalist oder Webmanager? Egal der Fuzzi, der eben das mit dem „Online“ bei den Zeitungen regelt (von den Kollegen manchmal auch als die arroganteste Sau im Stall bezeichnet). Also wenn der eben auch mitbekommt, dass es mit einem „Guten morgen liebe Tweeties“ so ganz und gar nicht getan ist.

Was tut er dann?

Klar er überlegt sich andere Maschen von Werbung... irgendwas womit er wenig Arbeit hat aber möglichst viel Erfolg. Natürlich erkennt der mit dem Onlineschild auf der Zeitungsstirn auch, dass ein Gemisch aus dem althergebrachten „Inserat für Zeitungsbericht“ und dem relativ neuem Twitter-Bla Bla ein besserer Weg sein könnte. Was macht er gleich noch mal auf Twitter? Richtig er kopiert Nachrichten von anderen, setzte ein RT für Retweet davor und drückt auf Twittern - oder er holt sich die Nachrichten von irgendeiner Agentur auf die eigene Zeitungs-Internetseite und Twittert sie so als ob es seine wäre.

Als ob es seine wäre?

Da sind wir doch schon beim Stichwort. „Als ob es unsere wäre“ , so mag auch der Onlinefuzzi irgendwann denken, wenn er sich die Zähne an den widerspenstigen „liebenTweeties“ ausgebissen hat, die ihm einfach nicht zu tausenden folgen wollen. Also sucht er sich mal regional Internetseiten raus, die entweder gerade oder schon länger gut ankommen oder darüber berichtet wird oder wie auch immer Aufsehen erregen. Regional weil, klar – das Ding soll schon in der Region bekannt sein, dann geht’s besser. Danach überlegt er sich ein Konzept wie er die Besucher dieser Internetseiten vielleicht ab und an – am besten so oft wie möglich, erst mal auf seine eigene Internetseite zieht.

Wie geht das?

Ganz einfach jede Suchmaschine sucht nach gewissen Schlüsselwörtern, den sogenannten Keywords – wir wollen ja professionell wirken, also verwenden wir auch weiterhin etwas ausländisch im Wortschatz. Diese Keywords sind im Grunde das A und O einer Internetseite, je häufiger vom Internetnutzer gesucht oder je spezifischer, desto besser ist der Erfolg. Keyword erklären im Grunde den Inhalt der Internetseite mit Schlagworten. Schlagworte die auch auf der entsprechenden Internetseite vorkommen. Das kann zum Beispiel auch der Titel einer Seite sein – so wie eben der Titel eines Buches. Nimmt sich nun der Onlinefuzzi gewisse Keywords von anderen und packt diese in den Quelltext seiner Internetseite, hat er schon mal einen kleinen Weg in Richtung „Deine Besucher gehören mir“ getan. Nun schauen aber manche Suchmaschinen auch, ob die Keywords auch wirklich auf der Internetseite angegeben sind, also reell lesbar für den Internetnutzer. Dafür muss der Onlinefuzzi dann die wichtigen Schlagwörter auch tatsächlich auf die Internetseite der Zeitung einschreiben. Das heisst jetzt wird’s brenzlig, denn jetzt sieht jeder der auf die Seite kommt was da steht, kaum einer blickt ja in den Quelltext. Also muss man tricky sein, die geklauten Keyword ordentlich verstecken.

Manche schaffen das, manche .. naja .. sagen wir es mal so, die schaffen das einfach nicht. Wenn man es nicht wirklich schafft, dann sieht das ungefähr so aus: http://azol.de/6186631 dies ist die Kopie von http://www.baubegriffe.com/ Nur, wie man sieht, hat es der Helfer des Online „Dings“ nicht ganz geschafft den Titel zu verstecken. Blickt man in den Quelltext hat er keine Möglichkeit ausgelassen den Titel zu verteilen. Blickt man auf den sichtbaren Text der Internetseite, wurde hilfloser Weise der Titel, des gleich in der Nachbarschaft entstandenen Originals (das immerhin schon mehr als 11 Jahre unter diesem Titel online und bekannt ist) plump übernommen. Ein Jurist meinte übrigens, die haben sich wie Schmarotzer verhalten, man solle nicht lange warten und gleich handeln. Wird er wohl auch recht haben, aber warum die Aktion – am Ende hat der Plagiator doch ohnehin verloren, wenn er es schon nötig hat den eigenen Werbekunden zu verkraulen und der halben Welt zeigt wie toll die Kopiermaschine funktioniert, dann weiß doch selbst der letzte Analphabet, dass es in dieser Zeitung nichts Neues gibt. Wer kauft schon gerne Kopien, wenn man das Original direkt anrufen kann. Somit kann man wahrscheinlich schon schreiben, dass eine Tageszeitung nichts Dümmeres veranstalten kann als vom eigenen Kunden zu kopieren – der Rückschlag kommt von allen Seiten. Kunde auf voller Linie verloren, Lesern gezeigt, dass man keine eigenen Ideen verwirklicht.

Das nächste mal vielleicht das Geschäft mit den Werbeartikeln bei Radiosendern, mal sehen ;)

Ach ja – das ist ein Original – live getippt daher sind alle Tippfehler geschenkt....