Jugendzeit - Wachstumszeit

Jugendliche begleiten - Was Pädagogen wissen sollten
Die Kinder von gestern sind die Jugendlichen und jungen Erwachsenen von morgen. Oft schneller als wir wahr haben wollen, sind die von uns betreuten Kinder auf dem Weg hinein und hinaus ins Leben.
Die Pubertät als eine Zeit des Wandels fordert heraus – die Heranwachsenden wie auch die Erwachsenen, die Begleitungsarbeit leisten. Oft stehen für uns Pädagogen im Umgang mit unseren werdenden Jugendlichen die befremdlichen Ausdrucksformen im Vordergrund: Sie sind lautstark, aggressiv, auffällig, motzig, aufmüpfig, unzuverlässig, abhängigkeitsgefährdet und lassen niemanden an sich heran. Unter Umständen erleben wir sie mit ihren Eskapaden als sehr mächtig und uns selbst eher ohnmächtig.
Eine Möglichkeit Fronten aufzuweichen besteht darin, die Jugendlichen zu stützen, sie in ihrer Situation zu erkennen und anzunehmen, allerdings ohne sich aufzudrängen und ohne ganz grundsätzlich auf Anforderungsansprüche zu verzichten. Wie aber können wir Erwachsenen die Heranwachsenden darin unterstützen oder eben auch nicht unterstützen, dass sie trotz subjektiv erlebten Hochkrisenzeiten zu einer positiven Lebensbewältigung finden?
Allein die von den Jugendlichen erlebte Sexualisierung von äußeren und inneren Beziehungsräumen stellt für sie eine große Herausforderung dar. Den Jugendlichen vermittelt sich Sexualität als ein mit körperlichen Gefühlen, mit Fantasie, mit stimulierenden Erwartungen und vielfältigen Sehnsüchten und Ängsten besetzter Erlebnisbereich, der aber erst noch von den Jugendlichen für sich selbst erschlossen werden will. Denn Geschlechtsrollen, Verhalten, Einstellungen zur eigenen, körperlichen Entwicklung sowie zur Sexualität und zum eigenen und anderen Geschlecht werden erst in der gelebten Begegnung mit Leben gefüllt.
Ganz absichtsvoll schlage ich den Weg zu diesem Thema über die familiären Binnenverhältnisse ein; zu stark tabuisiert ist dieser Bereich in den Schulbeziehungen, als dass er dort direkt angepackt werden könnte.
Jugendliche finden heute immer seltener verbindliche, tradierte Rollenvorgaben vor. Auch die Lebensspannen haben sich dadurch, dass die Menschen immer älter werden, gelockert und verschoben. Die Kinder sollten selbst entscheiden lernen, ob sie mit 20 Jahren Eltern und mit 40 schon Großeltern werden oder ob sie sich mit 40 Jahren erst an die Elternschaft wagen. Sie können Beziehungen wie Kleider erproben, ehe sie sich festlegen. Es ist schwer, sich in einer Welt voller Optionen zu binden und eine Entscheidung für oder gegen etwas zu treffen. Es ist schwer, unter so vielen möglichen, miteinander konkurrierenden Lebensstilen für sich den richtigen herauszufinden. Es ist schwer, aus einer so breiten, vorgelebten Wertevielfalt sich verbindlich auf Werte zu verpflichten, was aber doch notwendig ist, um sich nicht in Beliebigkeit zu verlieren. Können wir ihnen überhaupt dabei helfen, dass sie mit verschiedenen Lebensentwürfen jonglieren und Probe handeln lernen und ihre Biografie Stück für Stück selbst kreieren und ins Leben bringen lernen?
Gleichzeitig wird es immer schwerer für die Jugendlichen ihren Platz in der Gesellschaft mit Ausbildung und Beruf zu finden. Die Chancen, hierin erfolgreich zu sein, haben sich wesentlich verschlechtert. Was können wir für sie tun, wie können wir sie bei der Berufsfindung unterstützen? Was können wir beitragen, damit sie fit werden für ihr Leben?
Lebensphase Jugend in der heutigen Gegenwart birgt immense Risiken, aber auch etliche Chancen, die wir Pädagogen im Blick haben sollten. Eine gute Begleitung erzieht die Kinder zur Selbstständigkeit und ist geduldig auf diesem Weg. Die Prägung für eine gute Selbstständigkeit muss behutsam angelegt werden und trotzdem zu effektiven Ergebnissen führen, damit die Kinder zurechtkommen, wenn sie das Haus verlassen. Was brauchen sie dafür noch, neben einem Sparkonto mit einem ersten Notgroschen? Wie viel Vertrauen sollen und müssen Pädagogen haben, wenn die Jugendlichen selbstständige, manchmal vielleicht auch ungewisse Schritte tun? Und was erst fordert es von den Eltern – die in Sorge sind, um die, die sie groß gezogen haben – in dieses Vertrauen hinein zu entlassen?!
Wobei brauchen die Jugendlichen unser Wohlwollen, unsere Begleitung und unsere Grenzen? Wo müssen wir sie auch einmal allein ausprobieren lassen und uns zurücknehmen – auch auf die Gefahr hin, dass sie Enttäuschungen erleben oder sich überfordern? Wobei fühlen sich Eltern selbst vielleicht überfordert, weil auch für sie Veränderungen anstehen? Was können Eltern für sich selbst tun, damit sie die Kinder, die ja längst keine mehr sind, altersgemäß in die Selbstverantwortung entlassen können? Wo treffen sie dabei in sich selbst auf Hindernisse, die es auszuräumen gilt? Was bedeutet es für die Partnerschaft, die Eltern in der Regel ja auch miteinander haben, wenn die Kinder – zunächst innerlich – aus dem Haus gehen? Wie können Eltern Vertrauen gewinnen in die Zeit nach den Kindern? Auch Eltern brauchen eine hinreichend gut gedachte Zukunft, mit Träumen, Wünschen und Hoffnungen, die ins Leben finden wollen! Gerade, wenn sie ihre Kinder ins Leben verabschieden sollen. Wie können wir als Pädagogen hier Hilfsfunktionen übernehmen, so dass Eltern und Jugendliche sich freigeben können?
Ich wünsche den Eltern Begleitpersonen, die sie darin bestärken, ihre Kinder zu fördern und zu fordern, hinein in ein Aus-sich-selbst-heraus-Sein. Pädagogen, die Eltern ermuntern, es auch zu genießen, solange das Kind sich noch für Momente vergisst und Halt und Nähe bei ihnen sucht.
Den Jugendlichen wünsche ich Pädagogen, die sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit anbieten, damit die Jugendlichen ihre ganze Energie auf sie richten können, ihr Geworden sein in diese Beziehung hinein stellen können und sich an Ihnen als Pädagogen abarbeiten und reiben können, mit ihren Erwartungen, Hoffnungen, Sehnsüchten und ihrem ganz stark an den Eltern orientierten Weltverständnis. Dass es dabei zu Ermutigungen, aber auch zu Ent-Täuschungen kommt, ist selbst-verständlich und ist ohne Mitgefühl der Pädagogen nur schwer zu verkraften.
Jugendliche begleiten
Was Pädagogen wissen sollten
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht
März 2011
Ca. 144 Seiten
12.95 €
ISBN 978-3-525-70121-8
Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Klaus Hurrelmann

Joachim Armbrust
Praxis für Psychotherapie, Paartherapie, Supervision,
Coaching, Mediation und Prozessgestaltung
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