Russland: Legales Verhalten nachträglich für illegal erklärt

GORNO-ALTAISK (Russland) — Am 9. September 2010 wurde Aleksandr Kalistratow, dem Vorsitzenden der regionalen Rechtskörperschaft von Jehovas Zeugen in Gorno-Altaisk, eine formelle Anklageschrift zugestellt. Man warf ihm vor, religiösen Hass gesät zu haben, weil er jemandem, der danach gefragt hat, zwei international bekannte religiöse Zeitschriften gegeben hatte.

Am 12. Januar 2009 lieferte ein Mitarbeiter eines Transportunternehmens die neusten Ausgaben von Wachtturm und Erwachet! an. Er bat den jetzt angeklagten Aleksandr Kalistratow um je ein Exemplar der Zeitschriften. Der Mitarbeiter übergab die Zeitschriften in der Folge dem stellvertretenden Staatsanwalt Wladimir Bedarew, der daraufhin Aleksandr Kalistratow formell anklagte, gegen Artikel 282 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation (Anstiftung zu Hass) verstoßen zu haben. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift kann mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden.

Die betreffenden Ausgaben der beiden Zeitschriften galten zu diesem Zeitpunkt nicht als „extremistisch“. Erst zwei Wochen später, am 27. Januar 2009, wurden sie zusammen mit 16 anderen Schriften von Jehovas Zeugen vom Obersten Gericht der Altai-Republik als „extremistisch“ eingestuft. Es gibt keinen einzigen Hinweis, dass Aleksandr Kalistratow irgendeine der für angeblich „extremistisch“ erklärten Schriften nach dem 27. Januar verbreitet hat.

Gegen die Entscheidung des Obersten Gerichts der Republik wurde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Beschwerde eingelegt.

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