Wann gelingt Integration?

Man tut dem neuen Bundespräsidenten Christian Wulff kein Unrecht, wenn man seine Rede von „unserer Bundesrepublik, unserer bunten Republik Deutschland“ so interpretiert, wie dies der „Berliner Kurier“ unter der Überschrift „Bunte Republik Neu-Schland“ tut:

„Wulff möchte mehr Multikulti.“ Schon im Vorfeld seiner Wahl zum deutschen Staatsoberhaupt hatte Wulff in der ARD-Sendung „Farbe bekennen“ gesagt: „Ich weiß, wir werden ein Land werden müssen, das bunter und vielfältiger ist.“

Der Zeitpunkt, um den einstigen politischen Kampfbegriff der Linken von der „bunten Republik“ zum Maßstab des von nun an politisch Korrekten zu machen, war gut gewählt. Deutschland war Zeuge der famosen Vorstellung unserer Fußballnationalmannschaft, in die sich Migrantenkinder wie Mesut Özil, Sami Khedira, Jérôme Boateng oder der kürzlich eingebürgerte Claudio Jeronimo Barretto, genannt Cacau, sehr gut eingefügt haben. Und der skandalumwitterte Rapper Bushido, Sohn einer Deutschen und eines Tunesiers, sagt von sich, ohne dass es den geringsten Anlass zum Zweifel gibt:

„Ich bin unglaublich patriotisch. Ich bin seit meiner Geburt Deutscher und habe mich noch nie anders gefühlt … Deutschland ist ein Top-Land.“

VIER VORAUSSETZUNGEN

Integration ist also möglich, aber gewisse Voraussetzungen müssen bestehen:

• Dazu gehören erstens klare Mehrheitsverhältnisse. Wenn bereits über 40 Prozent der Berliner unter 18 Jahren einen Migrationshintergrund haben, stellt sich die Frage: Wer integriert wen? Deutschland muss also gerade nicht noch „bunter und vielfältiger“ werden, sondern sich vor Majorisierung hüten.

• Dazu gehört zweitens der Verzicht auf rassistisch anmutende Multischland-Propaganda nach dem Muster: Ohne Migranten reißen die Deutschen nichts mehr. Spanien erkämpfte sich den WM-Titel nebenbei bemerkt ohne migrantischen Anteil. Eine Schwäche scheint darin nicht zu liegen.

• Dazu gehört auch der Abbau von Inländerdiskriminierung. Zu Recht forderte die eines tragischen Todes gestorbene Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig mit Blick auf die Ungleichbehandlung im Strafrecht: „Wenn Teile der Bevölkerung verächtlich gemacht werden, sollte kein Unterschied gemacht machen, ob es sich um einen türkischen Menschen handelt, der sich das anhören muss, oder einen deutschen.“ Auch eine Änderung der Beamtengesetze, wie jetzt in Berlin geplant, wonach „interkulturelle Kompetenz“ als Schlüsselqualifikation verlangt wird, ist ein klarer Fall von Einheimischendiskriminierung.

• Dazu gehört schließlich Realismus. Özil und Cacau sind Beispiele für eine erfolgreiche Integration und können Vorbilder nicht zuletzt für andere junge Menschen mit ausländischen Wurzeln sein. Aber es ist bei weitem nicht alles so rosig.

REALISTISCHE ZAHLEN

Weitgehend realistische Zahlen bietet der vergangene Woche veröffentlichte „8. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland“. Kernaussagen des über 600 Seiten starken Berichts sind:

• Von den rund 82 Millionen Einwohnern in Deutschland kommen 15,6 Millionen aus Einwandererfamilien. Das sind fast 20 Prozent der Gesamtbevölkerung. Davon sind 7,3 Millionen Ausländer, die restlichen 8,3 Millionen haben einen deutschen Pass.

• Mehr als ein Drittel der Kinder unter fünf Jahren hat einen Migrationshintergrund. In Großstädten sind es noch deutlich mehr. In Frankfurt am Main beispielsweise kommen mehr als 65 Prozent der unter Sechsjährigen aus einer Zuwandererfamilie.

• Die größte Religionsgruppe unter den Einwanderern sind Muslime mit rund 4 Millionen Menschen. Von ihnen hat knapp die Hälfte einen deutschen Pass.

• 2008 hatten 13,3 Prozent der 15- bis 19-jährigen Einwanderer keinen Schulabschluss. Das sind glatt doppelt so viele wie bei Jugendlichen aus deutschen Familien. Besonders erschreckend ist, dass die Anzahl der Schulabbrecher unter den Migranten im Vergleich zu 2007 noch einmal deutlich gestiegen ist. Ein Jahr zuvor waren es nur 10 Prozent.

• Migranten sind doppelt so häufig arbeitslos wie Deutsche ohne Migrationshintergrund. 12,4 Prozent der Einwanderer hatten 2008 keine Arbeit.

• Migranten werden doppelt so häufig straffällig wie Deutsche. Immerhin streicht der Migrationsbericht der Bundesregierung als positiv heraus, dass der Anteil der Ausländer an der Kriminalität in Deutschland zurückgegangen sei. So habe laut polizeilicher Kriminalstatistik im Jahr 1993 der Anteil der „nichtdeutschen Tatverdächtigen“ noch bei 33,6 Prozent gelegen, 2009 dagegen nur noch bei etwa 21 Prozent.

Hier schönt die Statistik. Denn in der polizeilichen Kriminalstatistik wird nur zwischen Ausländern und Deutschen unterschieden, nicht aber zwischen deutschen Staatsbürgern mit und ohne Einwanderungshintergrund. Straftaten von Eingebürgerten aus Einwandererfamilien werden daher in dieser Statistik den Deutschen zugerechnet.

Und in noch einem anderen Punkt liefert der neueste Integrationsbericht der Bundesregierung ein schiefes Bild. Insbesondere bei Fragen von Bildung und Schulabschluss, aber auch in anderen wichtigen Bereichen wie Kriminalität etc. wird praktisch nicht zwischen den einzelnen Herkunftsländern der Einwandererkinder unterschieden. Doch spätestens seit der neuesten Pisa-Studie ist bekannt, dass zwischen den Herkunftsländern eklatante Unterschiede bestehen.

Wie überall kommt es auf Engagement, Leistungs- und Integrationsbereitschaft des Einzelnen an. Natürlich muss der deutsche Staat sich bemühen, auch Kindern aus Problemfamilien eine faire Startchance zu geben. Anlässlich der Vorstellung des genannten neuesten Integrationsberichts der Bundesregierung überbieten sich alle politisch korrekt Denkenden mit neuen Forderungen, was alles zusätzlich getan werden müsste, um Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern, die keinen Wert auf die deutsche Sprache, Kultur und Gesellschaft legen, noch stärker zu fördern. Aber irgendwann sind die Grenzen der Leistungsfähigkeit des deutschen Staates erreicht.

NEIN ZU MULTISCHLAND

Übersehen wird auch, dass Deutschland vielen Bürgern bereits zu „bunt“ ist. Dies soll nach Meinung der allermeisten Deutschen Deutschland bleiben und nicht Multischland werden. In Schulen und Stadtteilen, in denen der deutsche Bevölkerungsteil an den Rand gedrängt ist, hört sich die Forderung nach mehr Multikulti wie Hohn an. Das ist sicher das Letzte, das wir brauchen, wenn Integration gelingen und wirtschaftliche, soziale und nicht zuletzt kulturelle Spannungen erträglich bleiben sollen.

Dr. Petersen


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