Noch mehr Opfer für Afghanistan?

Guttenberg will Kriegsirrsinn fortsetzen

In seiner Analyse „Krieg gegen das Völkerrecht“ schreibt Oberstleutnant der Bundeswehr a. D. Jürgen Rose: „Der Krieg in Afghanistan, der nunmehr fast doppelt so lange dauert wie der Zweite Weltkrieg, wurde mit der Lüge begonnen, dass es sich um einen Abwehrkampf handele, der nach den verbrecherischen Anschlägen des 11. September 2001 gegen einen menschenverachtenden Terrorismus geführt werden müsse – als völkerrechtlich erlaubte Notwehr und Selbstverteidigung“. Die Qualmwolken hätten noch über den Trümmern des World Trade Center gestanden, als der damalige US-Präsident George W. Bush zum „Kreuzzug gegen den Terrorismus“ aufgerufen und von „jagen“ und „ausräuchern“ gesprochen, Rache und Vergeltung geschworen und die Ergreifung des Osama Bin Laden „dead or alive“ gefordert habe. „All dies hatte mit dem Völkerrecht nicht das Geringste zu tun und wirft daher gerade für Deutschland und seine Bundeswehr die Frage nach der grundsätzlichen Verfassungsmäßigkeit dieses Militäreinsatzes auf.“

Längst ist die „Mission“ der Bundeswehr am Hindukusch, mit nach offiziellen Angaben bisher 44 Gefallenen und Hunderten von zum Teil schwer Verwundeten, zum Albtraum der Deutschen geworden. Entsprechend geht aus jüngsten Meinungsumfragen hervor, dass mehr als zwei Drittel der Bundesbürger den schnellstmöglichen Abzug unserer Soldaten fordern. CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg blenden diese Tatsachen schlicht aus und propagieren mit bewusster Einäugigkeit die angeblich zwingende Notwendigkeit der von den USA geführten „Operation Enduring Freedom“, die mit der NATO-geführten ISAF verschmolzen wurde. Kosten im zweistelligen Milliardenbereich (bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr höre die Sparbereitschaft auf, tönte Guttenberg) werden dabei ebenso in Kauf genommen wie steigende Opferzahlen unter Bundeswehrsoldaten.

OHNE RÜCKSICHT AUF VERLUSTE

„Ja, wir müssen, so bitter diese Aussage auch ist, weiter mit Verlusten und Verwundeten rechnen“, erklärte Guttenberg gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). Der Sommer werde „eine harte Belastungsprobe für uns alle bedeuten“. Afghanistan stehe kurz vor Parlamentswahlen „und an den Hot Spots nimmt die Gewalt zu“. In Hintergrundinformationen heißt es, die Situation im afghanischen Norden werde für die Bundeswehr insbesondere dadurch deutlich gefährlicher, weil sie den von Washington angekündigten „Strategiewechsel“ vollziehen muss. Denn nach dem von US-Präsident Barack Obama durchgesetzten Rauswurf des Kommandeurs General Stanley McChrystal soll dessen Nachfolger, General David Petraeus, gewissermaßen ohne Rücksicht auf Verluste am Hindukusch vorgehen, zumal die groß angelegte ISAF-Offensive im besonders umkämpften Süden nicht die erwartete Wirkung zeigte.

Ein enger Berater des geschassten Ex-Kommandeurs hatte betont, von Frieden sei Afghanistan weiter denn je entfernt; und der Sommer 2010 werde vermutlich „der blutigste Sommer“ in dem neunjährigen Krieg sein. Der alliierte Militär-Einsatz dort werde „nie wie ein Sieg aussehen, riechen oder schmecken“. Dies seien keine guten Ergebnisse in einer „entscheidenden Phase“, heißt es. Denn Ende des Jahres solle erste Bilanz gezogen werden, ob die „neue Strategie“ den von Obama angekündigten geplanten Beginn eines Abzugs im Sommer 2011 möglich mache.

DIE WAHREN KRIEGSGRÜNDE

Merkels Verteidigungsminister Guttenberg aber will von Abzugsplänen nichts wissen. Mit Blick auf eventuelle Vorhaben Großbritanniens, Polens, Frankreichs und auch Washingtons sagte er im Interview mit der FAZ: „Sollte sich tatsächlich die Situation ergeben, dass beispielsweise einer der größeren oder der größte Bündnispartner aus welchen Gründen auch immer beschleunigt Afghanistan verlässt, ist hier eine Koordination unbedingt erforderlich.“ Es müsse deutlich gemacht werden, „dass es nicht einen geben darf, der alleine und verlassen das Licht ausmacht“.

Afghanistan werde sich zwar „nie nach unseren Maßstäben absolut stabilisieren lassen“, so Guttenberg. Aber für den Fall, dass das Land „künftig wieder nachweisbar zu einem ständigen Rückzugsort für Terrorzellen“ würde, müsse „es von internationalem Interesse sein, solchen Terrorelementen zu begegnen“. Es soll also beim Krieg bleiben, der mit „Terrorbekämpfung“ oder „Demokratisierung“, „Wiederaufbau und Entwicklung“ geschönt umschrieben wird. Doch eher dürfte das Land aufgrund seiner Lage in strategischer Hinsicht von großer Bedeutung sein: Nah an Russland, nah an China, nah am Iran. Und: In Afghanistan sollen Bodenschätze im Wert von mindestens 800 Milliarden Euro liegen.

Hans Weidenbach


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