Vom Technologie-Centrum Nordwest ins Rathaus von Wilhelmshaven: Schickt die SPD Holger Ansmann ins Rennen?

Wilhelmshaven - 27. August 2009 (tj). Er geht geradeaus, er schaut nicht nach links, nicht nach rechts, er grüßt nicht, regen sich Wilhelmshavenerinnen und Wilhelmshavener gelegentlich über ihren Oberbürgermeister Eberhard Menzel auf, der sich 2011 in den Ruhestand verabschiedet. Der 64-jährige Sozialdemokrat hat eine Filzdecke über die Stadt gelegt, die kaum eine andere Kommune im Angebot hat. Viele sind darunter geschlüpft, hat der „Spiegel“ schon vor 18 Jahren festgestellt: „Der DGB-Chef ist mit dem Kaufhausbesitzer in die gleiche Klasse gegangen. Der rote Oberbürgermeister duzt den Admiral. Ein gescheiteter Unternehmer berät Firmen und ein nach Korruptionsvorwürfen geschasster Verwaltungschef erfreut sich bester Reputation als Rechtsanwalt.“

Er grüßt neuerdings wieder Leute, die er lange nicht gegrüßt hat, wundern sich inzwischen Wilhelmshavenerinnen und Wilhelmshavener über einen 52-Jährigen, der als Geschäftsführer des Technologie-Centrums Nordwest (TCN) vor den Toren der Stadt häufiger hohen Besuch empfängt. Fragt man ihn, ob an den Gerüchten etwas dran ist, hüllt er sich in Schweigen. Das Gerücht lautet: Holger Ansmann wird von der SPD als Oberbürgermeister-Kandidat ins Rennen geschickt.

Wie man Arbeitsplätze schafft, weiß dieser Mann. Auf dem TCN-Gelände gibt es 62 Unternehmen mit rund 2 600 Beschäftigten. Wie man Arbeitsplätze verteidigen könnte, weiß Holger Ansmann auch. Das hat er als Betriebsratsvorsitzender der Olympia-Werke bewiesen. 1991 warnte er den AEG-Chef Ernst Georg Stöckl bei einer Betriebsversammlung: „Wenn Sie die Mitarbeiter hier verhöhnen, dann kann ich für die Sicherheit nicht mehr garantieren.“ Damals ging das Schreibmaschinenwerk den Bach herunter und der „Spiegel“ bescheinigte dem seinerzeit 34-Jährigen am 4. November 1991 Sachkenntnis, die der AEG und der Olympia-Mutter Daimler-Benz wohl abgehe.

Dort, wo früher Olympia war, ist heute das TCN - und wo bis 2011 Eberhard Menzel war, ist dann Holger Ansmann? Doch: Es schwimmt ein Haar in der Kandidatensuppe. Dieses Haar heißt arvato und ist eine Bertelsmann-Tochter, die nach Wilhelmshaven gelockt werden soll. Käme es dazu, würde das Technologie-Centrum Nordwest den wichtigsten Mieter verlieren - und 1 000 Beschäftigte. Dagegen protestiert auch der TCN-Geschäftsführer - könnte er das auch noch als SPD-Kandidat für den Oberbürgermeister-Posten? Oder würde er sagen: Was interessieren mich die Proteste von gestern, wenn ich als Stadtoberhaupt von Wilhelmshaven nicht nur den JadeWeserPort als Containerhafen mit 1 000 bis 2 000 Arbeitsplätzen hätte, sondern auch diese Bertelsmann-Tochter?

Wo bis 2011 Eberhard Menzel war, ist alles möglich. Sagen Wilhelmshavenerinnen und Wilhelmshavener, die sich noch für Kommunalpolitik interessieren. Viele sind es nicht mehr, aber die wenigen sind oft gut informiert.

Nachdruck nur gegen Honorar. Ein Beitrag für www.2sechs3acht4.de


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