Führungskräfte haben unnötig Angst vor persönlichen Krisen der Mitarbeiter

Was Manager von sozialer Krisenintervention lernen können

Dass Mitarbeitergespräche das wichtigste Instrument erfolgreicher Führung sind, ist mittlerweile den meisten Führungskräften und erst Recht jedem Personaler bekannt. Dennoch tun sich Führungskräfte wie auch HR-Manager gerade dann schwer, ein Mitarbeitergespräch zu führen, wenn dies am nötigsten wäre, nämlich in einer Krisensituation. Ein interdisziplinärer Blick auf die Methoden der sozialen Krisenintervention kann helfen, die Handlungsfähigkeit der (HR-)Manager zu stärken.

Führung ist Kommunikation. Eine Führungskraft vereinbart mit ihren Mitarbeitern Ziele, delegiert Aufgaben und Verantwortung, gibt Feedback, beurteilt die Leistung, bespricht Entwicklungsmöglichkeiten und weiß idealerweise auch über die berufliche Motivation und Karriereambitionen der Mitarbeiter Bescheid, genauso wie über relevante private Umstände wie etwa internationale Mobilität oder zeitliche Flexibilität.

So verstandene Führung funktioniert nur über regelmäßige Kommunikation: von standardmäßigen Jour Fixen zu Fachthemen, über Rückkehrgespräche nach längerem Urlaub oder einfach beim nachmittäglichen Kaffee.

Und solange alles gut läuft, die Leistungen stimmen, die Mitarbeiter gesund sind und einen stabilen privaten Hintergrund haben, so lange sind diese Gespräche auch leicht durchzuführen, machen sogar Spaß und erfüllen wunderbar ihren Zweck: sie fördern die Motivation, die Leistung, die Entwicklung und die Bindung der Mitarbeiter ans Unternehmen.

Doch was, wenn der Mitarbeiter mit Alkoholfahne erscheint; wenn die junge Mutter im Team morgens immer wieder zu spät kommt; wenn der Kollege die Diagnose Krebs bekommen hat; wenn die ehemalige Leistungsträgerin Fehler über Fehler macht, nachdem ihr Mann die Scheidung eingereicht hat?
Gerade jetzt, in der Krisensituation, ist der Gesprächsbedarf besonders groß, und ausgerechnet jetzt stockt die Kommunikation, schreckt die Führungskraft erst einmal davor zurück, das offene Gespräch zu suchen. Vielleicht will sie nichts falsch machen, ist sie befangen, und wartet erst einmal ab, ob sich die Dinge nicht von selber regeln? Vielleicht auch bespricht sie sich zunächst mit anderen Führungskräften auf Kollegen-Ebene oder mit der Kollegin aus der HR-Abteilung?
Die hohe Hemmschwelle, die schwierige Situation anzusprechen, ist dabei durchaus nachvollziehbar, denn die Führungskraft kann nicht wissen, wie der Mitarbeiter reagieren wird. Wird er wütend alles abstreiten? Oder in Tränen ausbrechen? Oder alle Schuld für die Probleme dem Vorgesetzten zuschieben? Oder versuchen, die Führungskraft für die Problemlösung verantwortlich zu machen? Da erscheint Abwarten als die leichtere Alternative.

Doch das Abwarten bleibt nicht folgenlos: Der Mitarbeiter fühlt sich allein gelassen, womöglich gar gemobbt, und eine gefährliche Abwärtsspirale droht, wenn zur außerberuflichen Krise noch die berufliche dazukommt. Burn Out, verbunden mit einem längeren Ausfall des Mitarbeiters, ist hier nicht unwahrscheinlich. Ganz zu schweigen von der negativen Wirkung auf die Kollegen im Team: sie müssen schlechte oder fehlende Leistung ausgleichen, sind selbst verunsichert, wie sie umgehen sollen mit einem Kollegen, der Probleme hat, die aber vom Chef tabuisiert werden.
Hier können Manager wie auch Personaler von Experten der sozialen Krisenintervention lernen: um die verschiedenen Arten von Krisen besser einschätzen und gezielt deeskalierend Einfluss nehmen zu können.
Die soziale Krisenintervention unterscheidet zwischen traumatischen Krisen und Lebenskrisen:
• Kennzeichen traumatischer Krisen ist die Plötzlichkeit des Ereignisses: es kommt völlig unerwartet und unangekündigt, so dass keinerlei Vorbereitung möglich ist. Typische Beispiele für traumatische Krisen sind etwa der Unfalltod eines nahen Angehörigen oder die plötzliche Diagnose einer schweren Krankheit.

Kurzfristige Stabilisierung ist hier das Wichtigste, um die betroffene Person, den traumatisierten Mitarbeiter, zu entlasten. Eine sofortige Reduktion der Arbeitsbelastung kann ein erster richtiger Schritt sein, aber auch die Vermittlung an professionelle externe Hilfe – z.B. an Ärzte oder spezielle Beratungsstellen – kann helfen. Im weiteren Verlauf meistern die Betroffenen die Krise in der Regel erfolgreich aus eigener Kraft.
• Lebenskrisen dagegen kündigen sich an: immer mehr belastende Umstände kommen im Lauf der Zeit zusammen, und irgendwann bringt der berühmte „Tropfen das Fass zum überlaufen“. Ein typisches Szenario könnte sein: Hauskauf, hohe Hypothekenlast, Vollzeitarbeit beider Eheleute, Schulprobleme der Kinder; wird nun Kurzarbeit angeordnet, wird die Gesamtbelastung zu groß, der Mitarbeiter gerät unter massiven Stress, der sich auch auf die berufliche Leistungsfähigkeit auswirkt.

Bei Lebenskrisen gilt es, auf ein ganzes System, auf viele beteiligte Umstände Einfluss zu nehmen, und die eigenen Handlungsspielräume wieder erlebbar zu machen. Mag die Gemengelage der verschiedenen Probleme auch erdrückend erscheinen: wichtig ist es, die wirklich dringlichen Probleme zu identifizieren und anzupacken und für alles Weitere eine Planung zur schrittweisen Bearbeitung zu entwerfen. Schon dies wirkt entlastend auf den Betroffenen.

Für Führungskräfte ist es wichtig zu wissen, was die typischen psychologischen Abläufe in Krisensituationen sind, und wie mögliche Interventionen aussehen – gerade auch dann, wenn die Führungskraft selbst durch ihr Tun eine Krise auslöst, etwa durch Kündigung.

Zum richtigen Umgang mit schwierigen Lebenssituationen von Mitarbeitern bietet Stöger & Partner ein neues Seminar an - in interdisziplinärer Kooperation mit einer Expertin für soziale Krisenintervention: „Umgang mit persönlichen Krisen“ richtet sich an Führungskräfte und Personaler, die in ihrem Arbeitsalltag mit Krisenbewältigung konfrontiert sind. Das Seminar dauert 2 Tage und beinhaltet ein jeweils einstündiges Coaching für jeden Teilnehmer, 1:1 mit einer Trainerin. Die Teilnehmer tauschen sich über ihr jeweiliges Rollenverständnis aus, wechseln die Perspektive und erweitern so ihren Blickwinkel. Hauptthemen sind:
• Schwierige Lebenssituationen und Krisenanlässe
• Psychologische Abläufe in Krisensituationen und mögliche Interventionen
• Gesprächsvorbereitung und Durchführung
• Nachbetreuung und externe Hilfen

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