Die Akte Nina (III): Das (Stuttgarter) Jugendamt hat immer Recht?

Bevor wir wieder die Akte Nina aufschlagen, zitieren wir aus dem Internet: „Jugendämter sind zweifellos notwendig, sollten eigentlich ein Hilfswerk für Kinder und Eltern sein, wenn es zu Problemen kommt. Eltern sollen so eine Anlaufstelle haben, wenn sie mit den Sprösslingen nicht mehr klar kommen, auch Kinder können sich an die Jugendämter wenden, wenn sie mit den Eltern Probleme haben.“ Eigentlich, wie das Network of Human Rights anmerkt, bedeutet: Manchmal ist es nicht so.

Manchmal? Auf den Internet-Seiten der „Zeit“ gibt es eine Umfrage, bei der inzwischen fast 500 Stimmen abgegeben worden sind. 73 Prozent sind für eine Abschaffung der Jugendämter. Dieses Ergebnis müsste die Behörden eigentlich nachdenklich machen. Wieder eigentlich.

Offenbar gibt es aber Städte, in denen die Jugendämter ein Lied aus DDR-Zeiten abwandeln von „Die Partei hat immer Recht“ in „Wir haben immer Recht“. Kommen Eltern zu einer anderen Schlussfolgerung, lautet die Antwort: „Sie sind nicht kooperativ“. Und weg bleibt das Kind - wie in Mönchengladbach eine gewisse Jessica Müller, die seit über vier Jahren in einem Heim lebt und immer noch dort ist, obwohl das Jugendamt inzwischen mit allen (Schein-)Argumenten auf der Nase gelandet ist. Dann wird´s zum Pokerspiel. Die Behörde lehnt sich zurück und blufft. Manche haben wohl immer noch nicht das Märchen von den neuen Kleidern des Kaisers gelesen, das mit dem Satz aus dem Mund eines Kindes endet: „Er hat ja nichts an.“

Nun fällt uns in der Akte Nina ein Schreiben von Michael Mosuch an das Jugendamt der Landeshauptstadt Stuttgart auf. Der 39-Jährige schreibt am 21. Mai 2008: „Wir haben soeben erfahren, dass in Wiesloch ab 25. Mai 2008 ein Platz auf der Mutter-Kind-Station frei ist.“ Dort also könnten die Mutter, die sich psychisch wieder aufrappelt, und die gemeinsame Tochter zueinander finden in einer wichtigen Phase eines sechs Monate alten Kindes.

Es könnte so einfach sein. Ist es aber nicht: Eine Jugendamtsmitarbeiterin teilt der Mutter am 23. Mai 2008 mit, dass es ihr „natürlich frei“ stehe, die Chance eines freien Platzes in Wiesloch zu nutzen. Hat man ein Schreiben erst einmal von oben herab begonnen, kann man auch gleich so weitermachen? Liest sich so, denn der nächste Satz lautet: „Wie es nun für Ihre Tochter weitergeht, muss jetzt im Weiteren geklärt werden.“ Das kann selbstverständlich dauern, zumal der Amtsvormund von Nina gerade Urlaub macht.

Wir atmen durch und schließen die Akte Nina erst einmal wieder…Diesen Satz der Jugendamtsmitarbeiterin lesen wir aber noch: „Wie ich ja bereits im Kontraktgespräch gesagt habe, ist ein Adhoc-Wechsel nicht im Sinne des Wohlergehens von Nina.“

Ein aktueller Beitrag für www.onlinezeitung.de und http://kinderinheimen.blogspot.com


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