Zu blöde für die eigene Zukunft?

Die Generation Z denkt und lebt nach ihren eigenen Vorstellungen

Das Gejammer über Jugendliche und junge Erwachsene war schon immer die Erkennungsmelodie der Generation Senior. Besonders heute befürchten die Altvorderen das Ende der Zukunft, wenn sie auf diejenigen blicken, die wir heute Generation Z nennen. Doch Vorsicht vor einem zu schnellen Urteil – wir haben diese jungen Menschen erzogen.
Die Klage ist alt. Vor mehr als 5000 Jahren ritzte ein frustrierter Sumerer diese Zeilen in seine Tontafel: „Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte“.
„Zu schlapp, zu weich, zu träge“, erklingt heute der Kanon über die Generation Z. Tatsächlich, sehen die zwischen 1995 und 2010 Geborenen Zukunft, Führen und Unternehmen aus ihrer Sicht. War das nicht schon immer so? Doch zu blöde für die eigene Zukunft, so wie es oft vermutet wird? Erinnern wir uns an die nervenzerfetzenden Debatten mit unseren Eltern über Ausbildung und was wir einmal werden sollten! Oft war das Bestreben nach „etwas Sicherem“ der rote Faden innerer Führung. Das hat sich geändert. Der Slogan „einmal Daimler, immer Daimler“ ist Schnee von gestern. Heute schlagen sich die Unternehmen um talentierte Mitarbeitende. Der Fachkräftemangel ist das bestimmende Thema unserer Zeit. Offiziell fehlen in Deutschland 900.000 Fachkräfte, inoffiziell wird die Zahl doppelt so hochgeschätzt – Tendenz steigend. Wer im Krieg um die Besten mithalten will, muss beweglich sein. Die Generation Z kann sich die Unternehmen aussuchen, die ihnen am meisten bieten.
Das ist so, das wird so bleiben. Ein Blick in die Statistik lässt die Zukunft für unser Land und seine Unternehmen in düsterem Licht erscheinen. Der Fachkräftemangel zeigt Bedrückendes. Auf zwei Babyboomer, die in Rente gehen, wächst nur einer aus der Generation Z nach. Das ist erst die halbe Wahrheit. Es gibt Statistiken, dass mehr als ein Drittel der Generation Z kaum oder überhaupt nicht ausbildungsfähig ist.
Zum Jahreswechsel schlugen die Deutschen Fahrlehrer Alarm. Aufgrund einer „Ganz anderen Verkehrswahrnehmung“ seien noch nie so viele junge Erwachsene durch die Führerscheinprüfung gefallen wie aktuell. Die Vermutung: Der Generation Z fällt es sehr schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Wer ständig auf sein Handy glotzt, ist im Straßenverkehr und hinter dem Steuer dauernd abgelenkt und nicht präsent wie gefordert. Bedeutet „nicht ganz da“ allerdings gleich „nicht ganz dicht“?
Stefan Kerzel räumt in seiner Keynote „Generation Z – Waschlappen oder unsere Zukunft?“ mit Klischees auf und zeigt, was daran ist am Thema. Offizielle Zahlen verdeutlichen, dass die Generation Z Führung braucht, um in Zukunft mit den geforderten Aufgaben zurecht zu kommen, damit so dem Fachkräftemangel zumindest in Ansätzen die Spitze genommen werden kann. Es sind die Eltern, Angehörigen, Lehrer, Ausbilder, Dozenten, Trainer mit denen Führung gelingen und sich Zukunft entwickeln kann.
Obwohl das schrille Auftreten der Generation Z oft den Älteren die Nackenhaare senkrecht stehen lässt, zeigt sich auf diesem Weg ein ausgeprägter Wunsch nach Zukunft und Sinn. „Freiheit statt Freizeit“ ist ein Motto der Generation Z. „Wir sind orientierungslos, einsam und überfordert. Aber wir sind auch frei und selbstbewusst und wir haben alle Möglichkeiten. Im Widerspruch liegt unsere Kraft, denn was uns immer bleibt, in jedem Augenblick, ist das endlose Streben nach einer besseren Welt“, schreibt die Influencerin Valentina Vapaux über die Generation Z. Doch in einer Welt der reichhaltigen Möglichkeiten löst eben diese Vielfalt Verwirrung und Stress aus. Da ist Führung willkommen.
Zum Entsetzen der Emanzipations- und Gender-Fraktion offenbart die Generation Z ein ausgesprochen konservatives Selbstverständnis. Wer täglich stundenlang auf YouTube, Instagram und TikTok weilt, wird massiv in seiner Art über die Rollenverteilung von Mann und Frau beeinflusst. Dort haben Gendern und Gleichberechtigung wenig Strahl- und Anziehungskraft. Hier tragen junge Männer ihren Waschbrettbauch und stramme Muskeln zur Schau, derweil die Ladies sind an den Themen Schönheit, Schlankheit und Kochen abarbeiten. Superstar, Topmodel und Influencer sind die Traumjobs der Zukunft, sie geben den Ton an, zeigen Führung in ungewissen Zeiten. Mehr als die Hälfte der jungen Männer, die täglich in den Sozialen Medien unterwegs sind, finden es korrekt, dass Frauen weniger Geld für gleiche Arbeit bekommen als sie. Bei den Ladies teilt ein knappes Drittel diese Meinung. Willkommen in der Welt der frühen 50er Jahre! Wenn Alice Schwarzer noch keine grauen Haare hätte, jetzt müsste sie diese mit einem Schlag bekommen.
Wer sich mit der Generation Z auseinandersetzen will, sollte das über die Medien und Kanäle tun, auf denen sie unterwegs ist. In seiner Keynote betont Stefan Kerzel: „Cool und sexy muss die Botschaft sein, wenn ein Unternehmen dem Fachkräftemangel den Kampf ansagen will, um die Generation Z zu finden und zu binden.“ Kampagnen der Handwerkskammern und IHKs verpuffen in der Wirkungslosigkeit nach alter Väter Sitte. Sie lösen nur noch ein Gähnen und Mitleid aus. Branchen, die heute als uncool gelten, können sich gleich beerdigen lassen. Zukunft ist angesagt, nicht das blutleere Geleier von Verbands-Opas aus dem vergangenen Jahrtausend. Uncool und peinlich sind die neuen Begriffe für „Ich bin schon tot“.
Die Suche nach den Besten aus der Generation Z ist in vollem Gange. Längst müssen Unternehmen akzeptieren, dass die nicht ganz brillanten Köpfe auch ein großartiges Potenzial für die Zukunft sind. Stefan Kerzel: „Das erfordert Führung und die Bereitschaft fehlende Sozialkompetenz über die Unternehmen zu vermitteln. Tugenden wie Pünktlichkeit, Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer sind nicht mehr selbstverständlich – doch sie lassen sich entwickeln“.
Wer als junger Mensch noch wie ein Waschlappen über seine eigenen Füße stolpert, kann diese innere Schlaffheit Stück für Stück ablegen und an Struktur gewinnen. Auch in der Generation Z ist der Wunsch nach Sinn und Erfüllung stark ausgeprägt. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, diesen Schatz zu heben. Dort schlummern die Fachkräfte von morgen. Führen und Lernen sind nie zu Ende – das ist die Zukunft der Generation Z.

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Sie sind kompliziert – die Generation Z steckt voller Gegensätze.
Photo: Adobe Photo

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Generation Z – orientierungslos, einsam, überfordert, doch frei und selbstbewusst.