Die Bilanzierung des Genussrechts und stillen Beteiligungskapitals als Equity-Mezzaninekapital - von Dr. jur Horst Werner

Das Genussrecht und die stille Gesellschaftseinlage sind bilanzrechtlich grundsätzlich als Fremdkapital bzw. Verbindlichkeit zu bilanzieren. Der Eigenkapitalcharakter der Einlage eines Investors wird herbeigeführt, indem er zum einen das volle Verlustrisiko mitträgt und der Kapitalrückzahlungsanspruch unter der Bedingung steht, dass das Kapital bei Insolvenz bzw. bei freiwilliger Liquidation der Gesellschaft erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger ( Rangrücktritt ) zurückgezahlt werden darf, und er zum weiteren für mindestens fünf Jahre auf eine Kündigung und damit auf eine Gläubigerstellung verzichtet. Die bloße Verlustbeteiligung ist dagegen nicht ausreichend, denn dabei handelt es sich um den gesetzlichen Regelfall.

Bei dem Genussrecht und dem stillen Gesellschaftskapital als Nachrangkapital handelt sich um zugeführtes Unternehmenskapital, das mit einem vertraglich vereinbarten Rückzahlungsnachrang hinter die Zahlungsansprüche anderer Gläubiger versehen ist. Nachrangkapital hat eigenkapitalnahe Bilanzqualität mit erheblicher praktischer Relevanz für die bankenfreie Liquiditätsversorgung von KMU´s und die Kapitalaufnahme von mittelständischen Unternehmen. Nachrangkapital ist Betriebskapital ohne erstrangige Besicherung und meist sogar vollkommen unbesichert als bloßes Risikokapital. Stilles Nachrangkapital kann also besichert oder unbesichert sein. Vollkommen unbesichertes Nachrangkapital hat als ergänzendes Haftkapital die größte Eigenkapitalnähe und wird nach einhelliger Auffassung der Bilanzrechtsliteratur bilanzrechtlich im Eigenkapital und zwar unmittelbar nach den Gesellschaftseinlagenals eigenständige Position bilanziert. Das Nachrangkapital gibt es in verschiedenen Rechtsformen; gerade stille Beteiligungen und Genussrechte können mit einer eigenkapitalqualifizierenden Nachrang-Abrede ausgestattet sein.

Die als Eigenkapitalersatz im Rahmen einer Mezzanine-Finanzierung, im Eigenkapital ausgestaltete stille Einlage und das Equity-Genussrecht sind auf der Passivseite der Bilanz unmittelbar nach dem gezeichneten Kapital der Vollgesellschafter als zweite Position als "gezeichnetes Stilles Kapital" oder als „Genussrechtskapital“ zu bilanzieren. Die Behandlung des Genussrechtskapitals und des stillen Beteiligungskapitals als bilanzrechtliches Eigenkapital ist in einem Hauptgutachten des Instituts der Wirtschaftsprüfer ( siehe Gutachten des Instituts der Wirtschaftsprüfer, Düsseldorf, IDW in der Stellungnahme HFA 1/1994 ) von den genannten Voraussetzungen her mit einem Bilanzierungshinweis geregelt.

Bilanzierungsvorgaben des IDW :
A. Eigenkapital
I. gezeichnetes Stamm- / Grundkapital
Il. gezeichnetes Genussrechtskapital und
oder stilles Beteiligungskapital
III. Kapitalrücklage
IV. Gewinnvortrag / Verlustvortrag
V. Jahresüberschuss /- verlust
Summe Eigenkapital
Damit die Einlagen der Genussrechtsinhaber und der stillen Kapitalgeber als Eigenkapital in der Bilanz eines mittelständischen Unternehmens ausgewiesen werden können (Equity Mezzanine), sind folgende fünf Kriterien in die Genussrechtsbedingungen und in den stillen Gesellschaftsvertrag einzuarbeiten:

• Übernahme der Haftungs- und Verlustausgleichsfunktion.
• Nachrangigkeit des gewährten Kapitals mit qualifiziertem Nachrang.
• Langfristigkeit der Kapitalüberlassung von mindestens 5 Jahren
- Beteiligung am Gewinn und Verlust des Unternehmens
- eine rein erfolgsabhängige Ausschüttung ( nur bei positivem Jahresergebnis )
auf das Genussrechtskapital oder das stille Beteiligungskapital

Eine vom gesetzlichen Leitbild abweichende stille Beteiligung kann auch für mittelständische Unternehmen konzipiert werden, da die Vorgaben der §§ 230ff HGB weitgehend dispositiver Natur – also privatrechtlich abänderbar sind.

Gesellschaftsrechtlich und bilanzrechtlich fehlerhaft ist es, das Mezzaninekapital als „Kapitalrücklage“ auszuweisen. Gesellschaftsrechtlich ist es deshalb fehlerhaft, da die die Kapitalrücklage eigentumsrechtlich nur den Vollgesellschaftern zusteht. Die Kapitalrücklage kann von den Vollgesellschaftern jederzeit in stimmberechtigtes Stammkapital oder Grundkapital umgewandelt werden. Das Kapital würde als den Kapitalgebern entzogen. Bilanzrechtlich würde der Ausweis als „Kapitalrücklage“ gegen den Grundsatz der Bilanzwahrheit und der Bilanzklarheit verstoßen, da nicht erkennbar wäre, das dieses Kapital dritten Personen und nicht den Gesellschaftern zusteht.