Noch immer keine Wiedergutmachung für behinderte Heimopfer

Webmaster empört: „Die Fortsetzung einer Reihe von Skandalen!“

Helmut Jacob aus Wetter an der Ruhr ist empört. Seit 10 Jahren betreut er die Homepage einer Opfergruppe: www.gewalt-im-jhh.de. Fünf behinderte ehemalige Heimkinder und vier ehemalige Mitarbeiter fanden sich 2006 zusammen, um Gerechtigkeit für die damaligen Schüler und Schülerinnen im Johanna-Helenen-Heim der Volmarsteiner Anstalten bei Hagen zu erkämpfen. In den Nachkriegsjahrzehnten wurden zahlreiche Kinder Opfer von physischer, psychischer und sexueller Gewalt.
Jacob: „Die damals Hilflosesten der Gesellschaft, behinderte Klein- und Schulkinder, erhalten bis heute nicht einen Cent Wiedergutmachung!“ Er listet die Reihe der Skandale auf: Am „Runden Tisch Heimerziehung“ (RTH) unter Vorsitz der Politikerin und Theologin Antje Vollmer wurden die behinderten Opfer rüde abgewimmelt. Der RTH bearbeite nur die Skandale im Bereich der Erziehungshilfe, zu der die Behindertenhilfe nicht gehöre. Dabei ist klar: Im Kinderheim Johanna-Helenen-Heim fand Schulbildung statt und sollte auch Erziehung stattfinden. Auch wenn beiden Ansprüchen nicht gerecht wurde, so wäre es nicht logisch, das Johanna-Helenen-Heim jenseits der Erziehungshilfe zu sehen.
Jacob: „Der zweite Skandal ist die angebliche Bereitschaft zur Wiedergutmachung für sexuell missbrauchte Kinder durch die Evangelische Kirche.“ Wer aus deren Töpfen maximal 5000 € erhalten will, muss einen seitenlangen Antrag ausfüllen. Jacob: „Die unverzeihliche Aufforderung war: 'Schildern Sie den Tathergang'“. Es reicht offenbar nicht, die Örtlichkeiten zu schildern, in denen die Missbräuche stattfanden. Die Warnung des Webmasters, dass solche Schilderungen schlimmste Retraumatisierungen nach sich ziehen können, wurde von der Anlaufstelle ignoriert. Jacob führte selbst eine behutsame Befragung durch, in vielen Tagen und verbunden mit manchen Tränen eines Opfers. Jetzt beantwortete er für das Opfer diese Aufforderung zur Tatschilderung. Prompt erhielt er die Antwort, dass sich das Opfer persönlich äußern müsse.
Daraufhin riet der Webmaster vom Ausfüllen des Fragebogens ab.
„Der letzte Skandal“, so Helmut Jacob entsetzt, „ist die immer noch nicht stattgefundene Wiedergutmachung.“ Inzwischen seien alle Gruppenmitglieder zu der Meinung gelangt, dass Bund, Länder und Kirchen offensichtlich die “biologische Lösung“ bevorzugen, um die Zahl der Anspruchsberechtigten durch Todesfälle zu minimieren. „Es ist erschütternd, aber auch bezeichnend, dass Verbrechen, die seit 2006 im Fokus der Öffentlichkeit stehen, immer noch nicht reguliert sind.“ Die Gruppe muss im zehnten Jahr ihres Bestehens erschüttert zusehen, wie mehr und mehr ehemalige Mitschüler versterben, auch an Krankheiten infolge der Gewalt in der „Hölle von Volmarstein“.

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