Keine sehr erfreulichen Eindrücke - Zum Denkmaltag zeigt eine neue Dauerausstellung den Zufallsfund eines berühmten Dichtersohns

»Daß die Eindrücke keine sehr erfreulichen sind, die man (...) mit nach Haus nimmt, ist, so wie die Dinge liegen, selbstverständlich und nicht anders möglich« schildert ein junger Student den Lesern des »8 Uhr-Abendblattes« im Januar des Jahres 1929. Vor Beginn des nahenden Wintersemesters in Berlin wollte er das Leben und die Arbeit der Menschen in einem Braunkohlenbergwerk kennenlernen. Hierfür hatte er ein halbes Jahr zuvor ein Praktikum bei den Niederlausitzer Kohlenwerken in Zschipkau (ab 1937 Schipkau) absolviert. Mit eher mäßigem Erfolg, wie er viel später in seinen Erinnerungen schreiben wird. Bei dem 19-jährigen Studenten handelt es sich um keinen geringeren als Golo Mann, dem dritten Kind von Katia und Thomas Mann. Als Publizist und Historiker wurde er nach dem Tod seines Vaters zu einem der bekanntesten Vertreter der berühmten Familie Mann.

Im Sommer 1928 studierte Golo Mann Geschichte und Philosophie in Paris. Ein ehemaliger Schulkamerad war mit dem Generaldirektor der Niederlausitzer Kohlenwerke bekannt und hatte ihm das Praktikum vermittelt. Nach etwa 24 Stunden und einer beschwerlichen Anfahrt mit Umstiegen in Berlin und Senftenberg erreichte er schließlich Schipkau. Trotz oder gerade wegen seiner berühmten Wurzeln gelang ihm aber erst spät ein publizistischer Erfolg; 1947 veröffentlichte er die viel beachtete und gelobte Biografie über Friedrich von Gentz.

Daher überrascht es vielleicht nicht, dass er selbst seine frühere Veröffentlichung, die zugleich seine allererste war, als längst unauffindbar ansah. Der in zwei Folgen erschienene Zeitungsartikel des »8 Uhr-Abendblattes« konnte aber vor kurzer Zeit von Sebastian Schiller auf Mikrofiche in der Berliner Staatsbibliothek ausfindig gemacht werden. Über diesen Zufallsfund sowie die Erfahrungen Golo Manns, die ihn am Ende des Artikels zu einer eher überraschenden Schlussfolgerung kommen lassen, berichtet jetzt eine neue Dauerausstellung. Diese zeigt zahlreiche interessante Fotos, Zusatzinformationen sowie Postkarten und wird zum »Tag des offenen Denkmals« im alten Warenspeicher von »Ad. Bauer’s Wwe.« in Finsterwalde eröffnet. Golo Mann starb 1994 in Leverkusen. Wenige Monate später fiel das Gasthaus (Volksgaststätte vormals Mattick's Gasthof), in dem er Schipkau übernachtete, einem Brand zum Opfer.

In diesem Jahr lautet das Motto »Tag des offenen Denkmals« »Handwerk, Technik, Industrie« und passt somit zu Golo Manns kurzer Episode in der Niederlausitz. Zusätzlich werden am Denkmaltag werden das Foto-Kino-Museum zum Anfassen des Finsterwalder Sammlers und Fotografen Jürgen Schlinger und alle übrigen Ausstellungsstücke wie z.B. die sieben Meter lange Jugendstilladentheke, der Lastenaufzug, die Kaffeeröstmaschine und die originale Orthopädie-Werkstatt zu besichtigen sein.

Im Ring-Café wird es natürlich wieder frischen Kaffee und Kuchen geben. Im kommenden November findet an gleicher Stelle das Jubiläum der „Finsterwalder Stadtgespräche“ statt. Zur 25. Veranstaltung wird dann der RBB-Fernsehmoderator und Autor Jörg Thadeusz erwartet. Die gemeinsam mit dem Sängerstadtmarketing e.V. durchgeführte kulturelle Veranstaltungsreihe erfreut sich seit fünfzehn Jahren einer großen Beliebtheit.

www.ring-cafe-finsterwalde.de/denkmaltag

Termin: Sonntag, 13. September 2015
Öffnungszeit: 10.30-15.30 Uhr
Führungen: Stündlich ab 11.00 bis 15.00 Uhr

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Tag des Offenen Denkmals 2015 - Ring-Cafe v1 20150830.pdf85.26 KB
Flyer Warenspeicher.pdf760.91 KB

Über Ring-Café Finsterwalde

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Schiller