Kritik der BIZ an Wirtschafts- und Geldpolitik

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) warnt vor einer Gewöhnung an eine Welt mit dauerhaft sehr niedrigen Zinssätzen. Insbesondere die negativen Renditen einiger Staatsanleihen sind besorgniserregend und beispiellos. Nach Ansicht der BIZ, der in Basel ansässigen „Bank der Zentralbanken“, ist eine grundlegende Neuausrichtung der Wirtschafts- und Geldpolitik notwendig, erläutert Dr. Lutz WERNER, Herausgeber des Finanzportals www.Anleger-Beteiligungen.de und des wöchentlich erscheinenden, kostenfreien www.Investoren-Brief.de.

Die Wirtschafts- und Geldpolitik der Zentralbanken muss weg von einer kurzfristigen Ausrichtung auf die Steuerung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage zu einer mittel- und längerfristigen Ausrichtung, die Wert auf effizientere Wirtschaftsstrukturen legt und von einem schuldenfinanzierten Wachstumsmodell wegführt. Das hat nach Ansicht der BIZ als politischer und gesellschaftlicher Ersatz für produktivitätssteigernde Reformen gedient.

An den Finanzmärkten sieht die BIZ einen Wandel, der zur Verlagerung mancher Risiken von den Banken zu Vermögensverwaltern wie Fondgesellschaften und Versicherungen führt. Trotz beachtlicher Anstrengungen zur Stärkung der Eigenkapital- und Liquiditätsausstattungen haben die Banken in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften immer noch mit der Skepsis der Märkte zu kämpfen. In Folge dessen haben sie einen Teil ihres traditionellen Finanzierungsvorteils in Bezug auf potentiellen Kunden eingebüßt. Hinzu kommen Probleme, die sich aus dem allmählichen Wegbrechen ihrer Zinserträge und der Zunahme ihrer Zinsänderungsrisiken ergeben und die ihre künftige Widerstandsfähigkeit schwächen könnte.

Die Verlagerung von Geschäften zu Fonds und Versicherungen betrachten die Ökonomen der BIZ nicht nur als Vorteilhaft. Unter dem Zwang, attraktive Renditen zu erzielen, hätten viele Vermögensverwalter in den vergangenen Jahren Kreditnehmer in den Schwellenländern finanziert, heißt es im Jahresbericht der BIZ. Andererseits seien die sehr niedrigen Zinsen in den meisten Industrienationen für Versicherungsunternehmen auch mit Risiken verbunden. Gerieten sie in Schwierigkeiten wäre dies auch für die Realwirtschaft ein Problem.

In ihrem aktuellen Jahresbericht geht die BIZ der Frage nach, warum die Zinsen so niedrig sind, obgleich die Weltwirtschaft kaum schwächer wächst als im Durchschnitt. Die Gründe für diese Entwicklung sind ausgesprochen schwer nachvollziehbar. Ein wichtiger Grund sei nach Ansicht der Basler Ökonomen in dem Unvermögen zu sehen, in einer globalisierten Wirtschaft die Vorgänge an den Finanzmärkten mit der Entwicklung der Produktion von Gütern und Dienstleistungen sowie der Inflation in Einklang zu bekommen. So seien enorm schädliche finanzielle Ungleichgewichte entstanden.

Die Analyse der BIZ aus Basel sieht folgendermaßen aus:

Aufschwünge an den Finanzmärkten, die dort zu hohen Preisen führen, können unrentable Investitionen befördern und damit die Produktivität in der Wirtschaft so wie im Aufschwung wie in der nachfolgenden Krise beschädigen. Das Internationale Währungs- und Finanzsystem hat diese Ungleichgewichte verstärkt, in dem eine sehr lockere Geldpolitik auch in Ländern betrieben wurde, die diese nicht brauchten. Der Geldpolitik ist damit viel zu lange zu viel aufgebürdet worden. Die Geldpolitik muss nach Ansicht der BIZ Teil der Antwort sein, sie kann aber nicht die ganze Antwort geben.

Die Zinssätze und die aktuelle Wirtschaftsentwicklung zeigen in aller Deutlichkeit, wie der Geldpolitik mit der Aufgabe, das Wachstum anzukurbeln, zu viel aufgebürdet wurde.