Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Kann ein Mensch mehr als ein Arbeitszimmer nutzen?

Seit Jahren ist die Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer immer wieder Streitthema zwischen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung und beschäftigt daher immer wieder auch die Finanzgerichte. Größe des Arbeitszimmers, Arbeitszimmer im Keller, zeitlicher Nutzungsumfang, Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit, all dies sind Fragen, die durch die Finanzgerichte nicht immer zu Gunsten des Steuerpflichtigen entschieden wurden.

Jetzt hat sich das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in einer aktuellen Entscheidung zum ersten Mal mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Kosten für zwei Arbeitszimmer in zwei Wohnungen an unterschiedlichen Orten steuerlich absetzbar sind.

In seiner Pressemitteilung vom 20. April 2015 weist das Finanzgericht Rheinland-Pfalz darauf hin, dass mit Urteil vom 25. Februar 2015, 2 K 1595/13, entschieden wurde, dass ein Steuerpflichtiger- auch wenn er aus beruflichen Gründen zwei Wohnungen hat – keine zwei Arbeitszimmer geltend machen kann.

Im entschiedenen Fall hatte der verheiratete Kläger einen Wohnsitz in Rheinland-Pfalz und einen Wohnsitz in Thüringen. Der Kläger war selbständig als auch – in Thüringen – als Arbeitnehmer tätig und hat in seiner Einkommensteuererklärung die Kosten für zwei Arbeitszimmer als Betriebsausgaben angesetzt. Zur Begründung der Abzugsfähigkeit der Kosten für zwei Arbeitszimmer führte der Kläger aus, in jeder der beiden Wohnungen ein Arbeitszimmer für seine selbständige Tätigkeit zu benötigen.

Das zuständige Finanzamt erkannte demgegenüber nur ein Arbeitszimmer und hierfür auch nur Kosten im Höchstbetrag von 1.250,00 € an. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat sich dieser Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen.

Das Finanzgericht argumentiert hierbei mit dem allgemeinen Grundsatz, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nur beschränkt auf den Höchstbetrag von 1.250,00 € abzugsfähig sind. Nur wenn das Arbeitszimmer ausnahmsweise den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bildet, können die Kosten unbeschränkt abgezogen werden. Dies sei im entschiedenen Fall nicht gegeben, da der Kläger einen Großteil seiner Tätigkeit außerhalb seines Arbeitszimmers durchführe und daher die Aufwendungen nur beschränkt auf den Höchstbetrag abzugsfähig seien.

Insoweit entspricht das Urteil des Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 25. Februar 2015 den allgemeinen Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung.

Die Ablehnung der Abzugsfähigkeit des Höchstbetrages für zwei Arbeitszimmer begründet das Finanzgericht dann mit dem Argument, ein Steuerpflichtiger könne niemals zwei Arbeitszimmer gleichzeitig nutzen. Daher sei der Höchstbetrag auch in diesen Fällen nur einmal abzugsfähig. Im Übrigen sei der Höchstbetrag personen- und objektbezogen, was sich durchaus auch zu Gunsten des Steuerpflichtigen auswirken könne. So habe beispielsweise der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass auch einem Steuerpflichtige, der ein Arbeitszimmer nicht ganzjährig nutze, der ungekürzte Höchstbetrag zustehe.

Mit dieser Argumentation betritt das Finanzgericht Neuland, da bereits aus der Natur der Sache heraus kein Mensch gleichzeitig an zwei Orten sein und diese Tatsache daher steuerlich nicht entscheiden sein kann. Streitentscheiden erscheint in diesem Zusammenhang alleine die Frage, ob ein Steuerpflichtiger mehrere (selbständige) Tätigkeiten an mehreren orten ausübt und der Mittelpunkt jeder dieser Tätigkeiten im jeweils vor Ort genutzten Arbeitszimmer liegt.

Fazit:

Erneut wird der Höhe der Abzugsfähigkeit der Kosten für die Nutzung häuslicher Arbeitszimmer zwar ein Riegel vorgeschoben. Wesentlich an dieser Entscheidung ist jedoch, dass auch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hinsichtlich der entschiedenen Rechtsfrage Unsicherheiten sieht und im Interesse der allgemeinen Rechtssicherheit gegen sein Urteil vom 25. Februar 2015 die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen hat, weil höchstrichterlich bislang ungeklärt ist, ob ein Steuerpflichtiger, der in jedem seiner zwei Haushalte ein Arbeitszimmer nutzt, den Höchstbetrag von 1.250,00 € für jedes Arbeitszimmer oder nur einmal steuerlich absetzen kann. Allen Betroffenen ist also dringend zu raten, im Falle der Nutzung mehrerer Arbeitszimmer alle Kosten geltend zu machen und gegen die entsprechende Ablehnung der Abzugsfähigkeit von Kosten mehrerer Arbeitszimmer Einspruch einzulegen. Die endgültige Entscheidung des Bundesfinanzhof bleibt abzuwarten.


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