Unternehmensfinanzierung durch Genussrechte

von Dr. jur. Lutz WERNER (www.anleger-beteiligungen.de)

Die Finanzierung mittelständischer Unternehmen durch sog. Genussrechte ist in die Schlagzeilen geraten. Die Stiftung Warentest hatte vor dem Genussschein-Angebot des Windkraftunternehmens Prokon gewarnt. Dies hat den Blick auf diese Anlageform gelenkt. Die FAZ sah sich veranlasst, Anfang September mit einem umfangreichen Beitrag die Unternehmensfinanzierung durch Genussrechte zu erläutern. Dazu gab die FAZ folgende Definition von Genussscheinen heraus:

Ein Genussschein ist eine Anlageform zwischen Aktie und Anleihe. Er verbrieft wie eine Anleihe den Anspruch auf Zinsen und die Rückzahlung des Nominalwertes. Das Stimmrecht ist üblicherweise ausgeschlossen. Wie eine Aktie gewährt er dem Inhaber aber auch häufig das Recht, am Reingewinn einer Gesellschaft teil zu haben, nimmt andererseits auch am Verlust durch eine Verringerung des Rückzahlungsanspruchs teil. Der Verlust kann bei späterem Gewinn des Emittenten wieder aufgeholt werden. Im Konkurs- bzw. Liquidationsfall sind die Rückzahlungsansprüche zumeist gegenüber aller anderen Gläubiger nachrangig.

Genussrechte als Finanzierungsinstrument schauen auf eine lange Tradition zurück und sind bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland bekannt.

Angesichts der chronisch schwachen Eigenkapitalausstattung des deutschen Mittelstands und der sich verschärfenden Kreditvergabebedingungen wenden sich in den vergangenen Jahren immer mehr mittelständische Unternehmen dem Genussrecht als Finanzierungsinstrument zu.

  1. Rechtliche Grundzüge

Der Gesetzgeber setzt Genussrechte zwar in einer Vielzahl von Vorschriften als selbstverständlich bestehend voraus, hat jedoch bewusst auf eine detaillierte Reglementierung verzichtet, um die Gestaltungsvielfalt nicht zum Nachteil der Vertragspartner einzuschränken. Wesentlicher Vorteil der Begebung von Genussrechten ist somit über die Möglichkeit des Eigenkapitalausweises hinaus ihre Flexibilität, so dass sie im Rahmen einer Unternehmensfinanzierung sowohl für Einzelmaßnahmen wie für Publikumsbeteiligungen gleichermaßen geeignet sind. Hintergrund der Existenz dieses Rechtsinstruments ist der Bedarf an haftendem Kapital für Kapitalgesellschaften, das keine Eigentums- und Mitspracherechte verbrieft und am Gewinn beteiligt ist. Zur Schließung dieser Lücke hat sich in Deutschland das allgemein anerkannte Rechtsinstrument des Genussrechts entwickelt.

  1. Das Genussrecht als reines Vermögensrecht

Von einem Genussrecht spricht man, wenn ein Unternehmen einem Nichtgesellschafter – regelmäßig gegen die Leistung von Geld – typische Vermögensrechte einräumt. Anders als bei der stillen Gesellschaft ist das Rechtsverhältnis zwischen Unternehmen und Genussrechtsinhaber nicht gesellschaftlicher Natur. Insoweit ist der Begriff „Genussrechtsbeteiligung“ missverständlich, denn der Kapitalgeber erwirbt weder einen Anteil am Unternehmen noch eine sonstige Gesellschafterstellung, sondern stellt dem Unternehmen lediglich für einen bestimmten Zeitraum Kapital zur Verfügung und wird so zu dessen Gläubiger. Als Gegenleistung erhält er dafür bestimmte Genussrechte – in der Regel eine Beteiligung am Gewinn des Unternehmens, z. B. in Form einer jährlichen Ausschüttung. Üblicherweise werden die Genussrechte nicht nur am Gewinn, sondern auch am Verlust des Unternehmens beteiligt. Auf diese Weise wird der unternehmerische Charakter dieses Finanzierungsinstrumentes betont, zumal der Investor meist eine höhere Rendite als z. B. ein Kreditgeber erwartet. Allerdings gewähren Genussrechte dem Investor keinerlei mitgliedschaftlichen Verwaltungs-, Stimm-, oder Kontrollrechte. Die Geschäftsleitung besitzt weiterhin uneingeschränkte Freiheit in allen unternehmerischen Entscheidungen. Als Vermögensrechte werden dem Genussrechtsinhaber üblicherweise eingeräumt das Recht auf

  • Verzinsung,
  • Beteiligung am Gewinn (und Verlust),
  • Auf Rückerstattung des Kapitals und/oder
  • Sachdividende.

Sonstige Rechte vermögensrechtlicher Natur wie z. B. die Beteiligung am Liquidationserlös können von dem Unternehmen ebenfalls eingeräumt werden, sind aber aus steuerlichen Gründen nicht marktüblich.