22. bis 27. Februar 2011: Nordischer Behinderten-Spitzensport beim IPC-Weltcup-Finale 2011 in Finsterau

Finsterau – In Finsterau herrscht Aufregung. Wohlgemerkt positive Aufregung, denn: Im zum Gemeindebereich Mauth gehörenden Dorf im Herzen des Bayerischen Waldes, steht im Februar 2011 ein sportliches Großereignis an. Den Verantwortlichen des SV Finsterau ist es gelungen, das Weltcup-Finale, des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) in die Nationalparkgemeinde zu holen. Als Botschafterin für die Veranstaltung und als Motivatorin für die zahlreichen freiwilligen Helfer besuchte jetzt Verena Bentele, Superstar der nordischen Behinderten-Skisportszene, das Skisportzentrum im auf rund 1000 m Höhe gelegenen Bergdorf. Und die Bedeutung dieser einmaligen Wintersportveranstaltung wird schnell klar, wenn man weiß, dass Bundespräsident Christian Wulff die Schirmherrschaft übernommen hat.
Biathlon und Skilanglauf sind das sportliche Leben der sympathischen Lindauerin, die in diesen Sportarten zu den absoluten Weltstars gehört. Seit 1998 sammelt sie Medaillen am Fließband. Die Krone hat sich Bentele bei den Paralympics 2010 – den olympischen Spielen für Sportler mit Behinderung - in Vancouver aufgesetzt. Fünf Mal holte das Ausnahmetalent bei den kanadischen Spielen die Goldmedaille. Immer mit dabei war ihr derzeitiger sportlicher Begleiter Thomas Friedrich, der in der Loipe vorne weg fährt und mit den richtigen Kommandos dafür sorgt, dass die von Geburt an blinde Verena Bentele in der Spur bleibt. Und am Schießstand? Da helfen moderne Infrarotgewehre, die ihr mit einem entsprechenden Ton angeben, wann sie genau ins Schwarze zielt.
Vier Loipen verschiedener Längen (zwischen 900 m und 3750 m), ein moderner, behinderten gerechter Schießstand und die komplette Infrastruktur mit Stadion, alles wird gerichtet sein, wenn Bentele ab dem 22. Februar zusammen mit 130 Sportlern aus über 32 Nationen in die Spur steigt. Besonderheit dabei: Der SV Finsterau besitzt eine von der FIS homologierte (beglaubigte, Anm. d. Red.) Wettkampfstrecke. „Das ist gut für mich“, sagte Bentele. Diese Strecken seien immer etwas anspruchsvoller, so dass sie ihre Schwäche beim Schießen in der Loipe wieder wett machen könne. Für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung sorgt schon jetzt ein Heer von rund 120 freiwilligen Helfern, wie SV-Vorsitzender Christian Eder sagt. Bis zum 27. Februar dauern die Wettkämpfe, die von Wettkampfleiter Karl Eder maßgeblich mitorganisiert werden. Besonders stolz ist Eder dabei auf die Streckenführung. Demnach habe man die Rundkurse so gewählt, dass viele Abschnitte vom Zuschauerbereich des Stadions aus gut einzusehen sind. Selbstverständlich genießen die Besucher von dort auch einen ungehinderten Blick auf die Schießanlagen.
Dass Finsterau als einziger deutscher Austragungsort in diesem IPC-Winter den Zuschlag bekommen hat, liegt auch an der langen Wettkampftradition des Ortes. So wurden unter anderem schon einige bayerische und deutsche Meisterschaften hier ausgetragen und in den Jahren 2004 und 2008 auch die Internationalen Deutschen Meisterschaften der Behinderten mit EPC-Cup. Aber der SV Finsterau hat sich auch auf anderem Gebiet einen Namen gemacht. Man muss ein guter Gastgeber sein, um für solch ein Event ausgewählt zu werden. Freundlichkeit und der Umstand, dass sich die Sportler an einer Stätte wohl fühlen sind dabei wichtige Faktoren, sagt Bentele, die den Bayerischen Wald und Finsterau bereits ganz gut kennt. Sie hat als Jugendliche hier Urlaub verbracht und die Schönheit der Loipen vor Ort genossen. Ein weiterer Faktor für den Zuschlag an Finsterau war, dass die Bewerbung ein Gemeinschaftsprojekt des Vereins, der Gemeinde und des Landkreises Freyung-Grafenau war. Dieser Zusammenhalt habe das Entscheidungskomitee ebenfalls beeindruckt, meint Jürgen Grünzinger, stellvertretender Vorsitzender des Organisationsteams. Natürlich ist auch eine ausreichende Menge Schnee von Bedeutung. Doch da ist es keinem in Finsterau bange: „Der ist noch jedes Jahr gekommen.“
Die Zuschauer können indes darauf hoffen, ganz viel von der 28-Jährigen zu sehen, die ihre erste Goldmedaille bereits bei den Spielen in Nagano (1998) geholt hat. Auf die Frage, in welchen Disziplinen sie starten wird, antwortet sie: „Die Frage ist eher, wo ich nicht starte.“ Egal ob Biathlon oder Langlauf, kurze oder lange Strecken, alle Disziplinen würden einen großen Reiz auf sie ausüben. Ob sie bei der Siegerehrung auch Bundespräsident Christian Wulff die Hand schütteln darf, ist noch nicht raus. Sicher ist allerdings, dass er die Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernommen hat. Und laut Erwin Bumberger, Vorsitzender des Organisationsteams, will man alles versuchen, um ihn zu einem Besuch in den Bayerischen Wald zu bewegen.
Wie wichtig Sport gerade auch für Behinderte Menschen ist, erklärt Verena Bentele so: „Der Sport macht mich selbständig, er gibt mir Selbstbewusstsein und ein großes Stück Freiheit.“ Folgerichtig sollen die Wettkämpfe laut Pressechef Karl Matschiner auch ein Vorbild für junge Leute sein.
Noch bevor Gold-Verena im Februar 2011 das erste Mal in die Loipe geht, hat sie dann zum Abschluss der Informationsveranstaltung schon ihre erste Auszeichnung erhalten: Eine der Wettkampfloipen wird in Zukunft ihren Namen tragen.