Pilot:Projekt sieht Streit um situative Winterreifenpflicht als Kommunikations-Desaster

Ramsauer macht Druck / Schnelle Neufassung der StVO

Verfassungswidrig sei sie, die „Situative Winterreifenpflicht“ – so urteilte das Oberlandesgericht Oldenburg. Die Entscheidung machte Schlagzeilen. Doch welche Auswirkungen hat sie für Autofahrer, Justiz, Polizei, Kfz-Versicherungen und nicht zuletzt die Bundesregierung? Die Pilot:Projekt GmbH fragte nach und erhielt fundierte Antworten.

Heftige Diskussionen unter Juristen und Politikern löste die Entscheidung der Richter des Senats für Bußgeldsachen des OLG Oldenburg aus, das gegen einen Autofahrer verhängte Bußgeld wegen Fahrens mit ungeeigneter Bereifung sei unrechtmäßig (Az. 2 SsRs 220/09).

Stein des Anstoßes ist der § 2 Abs. 3 a der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Dort heißt es „...bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbesondere eine geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage.“

Dieser Wortlaut verstößt nach Meinung der Oldenburger Richter gegen das Bestimmtheitsgebot. Das heißt: Der Fahrer eines Kraftwagens kann nicht erkennen, was die StVO von ihm verlangt. Denn sie macht keine Angaben dazu, unter welchen „Wetterverhältnissen“ welche Pneus als „geeignete Bereifung“ gelten. Aus diesem Grund ist es für das OLG Oldenburg verfassungswidrig, Autofahrer wegen ungeeigneter Bereifung mit Bußgeldern von 20 Euro beziehungsweise 40 Euro und einen Strafpunkt in Flensburg zu belangen.

„Eine solche Entscheidung war zu erwarten, weil der § 2 Abs. 3 a StVO mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe enthält und daher als Ursache für das aktuelle Kommunikations-Desaster gelten muss“, kommentiert Collin Scholz, Mitglied der Geschäftsleitung der Pilot:Projekt GmbH, Hannover, das Urteil. „Denn weder gesetzliche noch technische Vorschriften regeln, welche Eigenschaften Reifen für bestimmte Wetterverhältnisse haben müssen.“

Die „Situative Winterreifenpflicht“ gilt weiterhin
Die wohl wichtigste Information für Autofahrer: „Die in der StVO festgelegte Norm ist durch die Entscheidung des OLG Oldenburg nicht beseitigt worden“, betont Prof. Dr. Volker Epping, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht der Leibniz Universität Hannover. „Vielmehr handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, die nur für die an dem konkreten Rechtsstreit beteiligten Parteien gilt. Sie besitzt keine allgemeine Gültigkeit.“

Bestätigung erfuhr Epping von Professor Dr. Hans-Jürgen Papier. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, heute Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht der Ludwig-Maximilian Universität in München, sagt: „Die Norm bleibt weiter gültig, bis sie vom Bundesverfassungsgericht verworfen oder aufgehoben wird.“

Und die Verkehrspolizisten in den Bundesländern werden auch im kommenden Winter auf die geeignete Bereifung achten müssen, wie Dr. Meinhard Schröder, Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Papier, erläutert: „Die Verkehrspolizei darf – anders als ein Gericht – keine Normen unangewendet lassen. Sie muss also davon ausgehen, dass die Straßenverkehrordnung in Gänze weiterhin gültig ist.“

Minister Ramsauer macht Druck - drei Ministerien prüfen

Wie nun soll der Gesetzgeber verfahren?

„Wir nehmen den Beschluss des OLG Oldenburg, auch wenn es sich nicht um eine höchstrichterliche Entscheidung handelt, sehr ernst“, äußerte sich ein führender Ministerialbeamter gegenüber Pilot:Projekt. „Daher hat das Bundesverkehrsministerium die Angelegenheit dem Bundesministerium für Justiz und dem Bundesministerium des Innern am 11. August zur verfassungsrechtlichen Überprüfung übergeben. Die Stellungnahme wird derzeit abgewartet. Erst danach können wir entscheiden, wie weiter verfahren wird.“ In diesem Zusammenhang erfordere die neue EU-Verordnung zur Definition von Winterreifen eine Anpassung der StVO und der Straßennverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO).

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