Rhein-Wied-News: ACUMENT - Betriebsrat, Mitarbeiter und die Gewerkschaft - belogen und betrogen bis zum Insolvenzantrag?

Ein Unternehmen, das Dienstags in Verhandlungen noch erklärt, man wisse nicht, wie es weitergehen wird - weitere Gespräche in Aussicht stellt - und Donnerstags, offensichtlich perfekt vorbereitet, Insolvenz anmeldet, daher auch, wie im Bericht zu sehen, bereits einen vorläufigen Insolvenzverwalter zugeteilt bekommt ... das ist mehr als dubios!

Ein Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens ist beim zuständigen Amtsgericht als Insolvenzgericht einzureichen - das Gericht prüft den Antrag auf Zulässigkeit und Begründetheit.

Scheint der Antrag zulässig, so muss der Antragsteller zunächst gehört werden, dies kann (und wird auch oft) durch eine vorbereitete Erklärung, an der üblicherweise auf diesem Gebiet erfahrene Anwälte mitwirken, deutlich verkürzt werden (im Fall ACUMENT war das der Rechtsanwalt Carsten Koch aus Köln).

In der Zeit bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag hat das Insolvenzgericht die Pflicht, Maßnahmen zur Sicherung des Schuldnervermögens zu treffen (§ 21 InsO).

Das Gericht kann bei Zulässigkeit des Eröffnungsantrages einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, dem Schuldner ein Verfügungsverbot auferlegen und Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen. Es macht die Sicherungsmaßnahmen öffentlich bekannt.

Je eindeutiger die Situation für den Insolvenzrichter (also je besser die Insolvenzgründe dokumentiert und für den Richter transparent aufbereitet sind) desto schneller kann ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt und dem Schuldner u. U. zugleich ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt werden; geschieht dies, spricht man vom "starken", ansonsten vom "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter.

Der für ACUMENT bestellte vorläufige Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Dr. Wolf-R. von der Fecht aus Düsseldorf ist eindeutig ein "Starker", denn (Zitat):

"Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens sind nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam." (Zitatende)

Ein Rechtsanwalt, der hunderte solcher Verfahren als vorläufiger und auch endgültiger Insolvenzverwalter durchgeführt hat ist Dr. jur. Heinrich Wolff. Der Bremer ist mittlerweile im Ruhestand und lebt seither im Westerwald. Es folgt noch ein ausführliches Interview mit ihm, doch den entscheidenden Punkt wollen wir hier vorab zitieren:

"Es ist, gerade bei größeren Unternehmen mit mehreren Standorten und internationalen Verflechtungen, ein immens aufwendiges Unterfangen, einen Insolvenzantrag so zu stellen, dass er innerhalb kürzester Zeit - wir reden hier von ein paar Stunden - zugelassen wird und bereits ein vorläufiger Insolvenzverwalter benannt werden kann.

Das mag bei einem Kleinbetrieb, einer GmbH mit überschaubaren Verhältnissen, schon mal innerhalb eines Gerichts-Arbeitstages möglich sein, obwohl gerade heute, bei den vielen Anträgen, in der Regel eher zwei bis drei Tage vergehen. Die Insolvenzverwalter sind ja bestens ausgelastet. Bei einem Unternehmen wie ACUMENT, soll das innerhalb von 2 oder 3 Stunden funktionieren? Blödsinn, das ist nur dann denkbar, wenn 1. intensive Vorarbeit durch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder andere Fachleute geleistet wird. Würde mich auch nicht wundern, wenn der Anwalt aus Köln, der die Geschäftsführer bei der Antragstellung begleitete, selbst Insolvenzanwalt ist***, das beeindruckt die meisten Richter.

Es ist auch nicht unüblich, den zuständigen Richter ein paar Tage vorher anzurufen, ihn sozusagen vorzuwarnen. Das gibt ihm die Zeit, schon mal zu schauen, wer als Insolvenzverwalter in Frage kommt. Was im speziellen Fall im Vorfeld alles unternommen wurde, kann ich natürlich nur vermuten, aber wenn die ganze Geschichte bei ACUMENT so schnell ging, dann war sie bestens vorbereitet, und das braucht seine Zeit. In ein paar Tagen ist das nicht zu schaffen!"

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*** So ist es: Über den beim Insolvenzantrag (lt. Veröffentlichung) anwesenden Rechtsanwalt Carsten Koch, findet man unter:

http://www.leonhardt-westhelle.eu/5_Anwaelte.htm?lawyer=36

Carsten Koch, Rechtsanwalt seit 2000, Fachanwalt für Insolvenzrecht. Tätigkeitsschwerpunkte:
Insolvenz-, Gesellschafts- und Medizinrecht. Ein Foto gibts dort gratis dazu. Und den Hinweis, dass Carsten Koch seit 2002 selbst auch als Insolvenzverwalter tätig ist.

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Und das Resümee der ganzen Geschichte: Bei Würdigung aller bekannten Details, unter Berücksichtigung der offensichtlichen Tatsachen und vertrauend auf den Sachverstand eines in diesen Dingen erfahrenen Fachmanns kommen wir zu folgendem Ergebnis:

Die Verantwortlichen bei ACUMENT, möglicherweise unter Druck des amerikanischen Inhabers Platinum, scheinen in den letzten Tagen und wahrscheinlich sogar Wochen vor der Insolvenzanmeldung den Betriebsrat, die Mitarbeiter und die Gewerkschaft, belogen, betrogen und über ihre tatsächlichen Vorhaben völlig im Unklaren gelassen zu haben!"

Wir haben unser Resümee bewusst vorsichtig im Konjunktiv gehalten, und wir hätten auch mühelos noch sehr viel deutlicher werden können - aber Vorsicht ist geboten, denn ACUMENT kann sich offenbar trotz Insolvenz immer noch teure (und vermutlich auch gute) Anwälte leisten!

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Den kompletten Artikel mit Dokumentation des Insolvenz-Eröffnungsverfahrens: http://rhein-wied-news.de