Institut für Urbanistik veranstaltet Fachtagung: Wie ticken Medien? Oder: Über sieben Brüggen musst du gehn? (III)

„Nicht nur die ehemaligen Eigentümer des Schlosses, die Schwestern des Konvents der Armen Dienstmägde Jesu Christi – besser bekannt als Dernbacher Schwestern – auch der Leiter der Jugendhilfe Guido Royé applaudierte dazu.“ Berichten die „Grenzland-Nachrichten“. Das ist eine Wochenzeitung, die 1954 gegründet worden ist. Sie erscheint auch in Brüggen. Anlass: Das Schloss Dilborn in Brüggen hat einen „neuen Schlossherrn“.

Nach dieser Meldung müsste am 23. und 24. April bei einer Fachtagung des Instituts für Urbanistik in Berlin eigentlich nicht mehr nur gefragt werden „Wie ticken die Medien?“, sondern auch „Ticken manche Medien eigentlich noch richtig?“

Denn: Die Dernbacher Schwestern haben in den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren mit ihren Händen nicht nur Beifall gespendet, als sie auf Schloss Dilborn noch das Sagen hatten, sie schlugen damit auch zu. Berichten viele ehemalige Heimkinder. Danach ist es besser geworden im Schloss Dilborn als Kinderheim, aber nicht gut. Berichten Heimkinder. Erzählen Betroffene.

Tauchen Vorwürfe auf, hüllt sich die Heimleitung entweder in Schweigen oder bemüht die Gerichte. In jüngster Vergangenheit mit negativem Erfolg. Wähnt sich die Heimleitung in Gefahr negativer Berichterstattung, droht sie vorbeugend mit Juristen. Das wirkt manchmal. Bei den „Grenzlandnachrichten“ offenbar besonders.

Wen ein „neuer Schlossherr“ zu einer Veranstaltung einlädt, ist natürlich seine Sache. Gelegentlich auch Geschmackssache. Ein Redakteur aber, der die Anwesenheit solcher Gäste erwähnt, sollte doch wohl auch einfließen lassen, was solch „arme Dienstmägde Jesu Christi“ dermaleinst getan haben. Und zwar an Feier-Ort und an Feier-Stelle.

Wie sehr muss ein ehemaliges Heimkind zusammenzucken, wenn es in den „Grenzlandnachrichten“ solch einen Satz liest! Doch in dieser Wochenzeitung hat es nicht nur diesen einen „Jubel-Bericht“ über Schloss Dilborn gegeben. Warum dort gelegentlich Jugendliche abhauen und eine ehemalige Heiminsassin in einer noch gar nicht so alten Fernsehsendung die Schließung dieser Einrichtung fordert, ist eine Frage, die zumindest von einem Medienvertreter nicht zufrieden stellend beantwortet werden kann.

„Wie ticken Medien?“ fragt das Institut für Urbanistik bei jener Fachtagung. Die Antwort: So bitte nicht! Selbst dann nicht, wenn die Dernbacher Schwestern mit Karat oder von mir aus auch mit Peter Maffay singen sollten: „Über sieben Brüggen musst du gehn, sieben dunkle Jahre überstehn“…

Ein Beitrag für www.kindesunwohl.de und www.sajonara.de


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