Jammern auf hohem Niveau - ICC-Chef Uwe Röhrig vermisst konstruktive Vorschläge des Daimler-Betriebsrates

Berlin - Während für die neue Mercedes E-Klasse rund 50.000 Bestellungen vermeldet und allein am Einführungswochenende 5.000 Probefahrten angefragt wurden, verkündet Konzernchef Dieter Zetsche den Anbruch schlechter Zeiten für die Mitarbeiter. Das Wort von der „Jahrhundertkrise“ führte er schon in der letzten Woche im Mund. Lohnerhöhungen sollen im Hause Daimler http://www.daimler.com nun verschoben werden, Kurzarbeit wurde angekündigt, betriebsbedingte Kündigungen, so heißt angesichts schlechter Verkaufszahlen, würden nicht mehr ausgeschlossen. So berichtet Spiegel Online http://www.spiegel.de, „dass der Vorstand die Arbeitszeit von 35 auf 30 Stunden in der Woche senken will. Außerdem geht es Presseberichten zufolge um eine Verschiebung von Lohnerhöhungen, die Streichung übertariflicher Zahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Prämienzahlungen - wozu ein Unternehmenssprecher aber keine Stellungnahme abgeben wollte.“ Derzeit sind bereits 68.000 Mitarbeiter der deutschen Werke in Kurzarbeit. Eine bis 2001 geltende Beschäftigungssicherung aus dem Jahr 2004 gelte nur für diejenigen Mitarbeiter, die bei Vertragsschluss 2004 beschäftigt waren.

Auch beim ehemals krisensicheren Vorzeigeunternehmen wird die Luft demnach dünner. „Selbst für das Krisenjahr 2008 sollten die Mitarbeiter im April noch mit einer Erfolgsbeteiligung von 1.900 Euro je Kopf bedacht werden“, so ein Bericht des Manager Magazins http://www.manager-magazin.de. „Doch daraus wird jetzt nichts. Im Gegenteil müssen sich die Beschäftigten jetzt auf noch viel härtere Einschnitte vorbereiten. Und am Ende des Jahres dürfen sie sich vermutlich glücklich schätzen, wenn keiner von ihnen entlassen wird. Analysten jedenfalls schließen das nicht mehr aus“, berichtet das Magazin.

Dass selbst der Stern aus Untertürkheim an Glanz verliert, scheint insbesondere für die Arbeitnehmervertreter noch gewöhnungsbedürftig. „Früher genügte es doch, wenn die Gewerkschaft bei Mercedes-Benz nur das Wort vom Warnstreik in die Runde warf, dann wurden die Maximalforderungen erfüllt. Hier gab es nie die knallharten Verhandlungen anderer Branchen, denn damals waren die Auftragsbücher voll“, sagt Automobilexperte Uwe Röhrig, Gründer und Inhaber des Berliner Beratungsunternehmens ICC International Car Concept http://www.icconcept.de. „Insofern jammern die Arbeitnehmervertreter bei Mercedes auf hohem Niveau und sind noch nicht ganz in der Wirklichkeit angekommen.“ Ein Blick auf die Situation bei anderen Herstellern, nicht nur in Deutschland, sondern europa- und weltweit, müsse die Augen öffnen. Für Röhrig steht fest, dass Abwrackprämie und Kurzarbeit die Misere nicht abfedern. Der Absatzrückgang von 40 Prozent im Februar sei alarmierend. Angekündigte Einschnitte beim Weihnachts- und Urlaubsgeld, Arbeitszeitverkürzung und das Einfrieren von Ergebnisbeteiligungen sichere in der Konsequenz Arbeitsplätze. „Über die Arbeitszeit-Reduzierung hatte es schon vor Monaten Streit zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat gegeben“, berichtet Spiegel Online. Weiter heißt es dort: „Der Vorstand favorisierte eine Arbeitszeitverkürzung, der Betriebsrat setzte sich für die Anmeldung von Kurzarbeit ein - die für die Beschäftigten deutlich weniger Einbußen bedeutet, für das Unternehmen aber teurer ist.“

Angesichts der globalen Krise, der mit klassischen Verhaltensmustern der Tarifparteien nicht beizukommen sei, ist die Haltung der Gewerkschaftsseite für Röhrig nicht nachvollziehbar. Betriebsratschef Erich Klemm gehöre nicht nur dem Aufsichtsrat des Unternehmens an, sondern sei dessen stellvertretender Vorsitzender und vor diesem Hintergrund über alle Entwicklungen des Unternehmens informiert. Offensichtlich agiere er nur unter Wiederwahl-Gesichtspunkten. „Ich frage mich schon, warum die Gewerkschaft, warum der Betriebsrat nicht schon längst eine außerordentliche Betriebsversammlung einberufen und eigene konstruktive Vorschläge auf den Tisch gelegt hat, die das Unternehmen stabilisieren.“ Als Buhmann müsse wieder einmal die Unternehmensführung in den Ring und sich den populistischen Forderungen der Arbeitnehmervertreter stellen. „Was muss denn noch geschehen, bis Gewerkschaften und die davon abhängigen Betriebsräte endlich merken, dass es so mit den haltlosen und unverantwortlichen Forderungen nicht weiter gehen kann?“ fragt der frühere Mercedes-Vertriebschef.