In Albanien viel Neues

Es gibt ein Buch mit dem griffigen Titel ›Im Westen nichts Neues‹. Dessen Aussage bezieht sich auf einen weit zurückliegenden, wenig erfreulichen Geschichtsabschnitt Europas. In Anlehnung daran kann man - bezogen auf die Jetztzeit und die gegensätzliche Himmelsrichtung - auch titulieren ›Im Osten viel Neues‹, wenn damit die recht erfreulichen Veränderungen einiger Balkanstaaten in Richtung Zivilgesellschaft gemeint sind. Und noch genauer ›In Albanien viel Neues‹, weil das als Resümee am Ende einer Tagung der Deutsch-Albanischen Freundschaftsgesellschaft (DAFG) zu dem Thema gelten kann.
Diese Tagung fand am vergangenen Wochenende vom 14.-16. November im Gustav-Stresemann-Institut Bonn-Bad Godesberg statt und hatte eigentlich nur einen Schönheitsfehler: Es waren viel zu wenige, vor allem deutsche Teilnehmer da bei dieser Gala zu Ehren der Vertreter einiger bedeutender Bürgergruppierungen, die das kleine, leider immer noch wenig beachtete Balkanland am Ende der Adria mit viel Einsatz und Phantasie in die Demokratisierung treiben wollen.
Immerhin reisten für die erstarkende Frauen- bzw. Genderbewegung Delina Fico, für die Umweltbewegung und den noch immer unterentwickelten Naturschutz Mihallaq Qirjo, für die seit erst fünf Jahren äußerst mitgliederstarke und erfolgreiche politische Kontrollbewegung "MJAFT!" ("Genug!") Antuan Skënderi - alle drei aus Tirana - und für eine religiös-motivierte, im Bildungs- und Sozialsektor aktive Initiative Arlinda Merdani aus Pogradec bzw. Leipzig an. Die Friedrich-Ebert-Stiftung in Person von Dr. Alfred Diebold hatte die drei aus Tirana für ihre Selbstdarstellung, für die Informationen und Diskussionen und zur Aufnahme von Partnerbeziehungen zu Deutschland eigens miteingeflogen.
Der internationale Fachausdruck für diese Art von Bürgerinitiativen lautet ›Non-Government-Organisations‹ (NGO). Sie unterscheiden sich in etlichen Dingen von hiesigen Bürgerbewegungen, sind aber auch aus völlig anderen Verhältnissen in einem völlig anderen Umfeld erwachsen. Sie gelten als Garant für das Vorantreiben demokratischer Strukturen in dem von Postkommunismus und Pyramidenmafia zerrütteten Land. Entsprechend lautete der Titel der Tagung ›Die albanische Zivilgesellschaft - fit für Europa und Partner in Deutschland?‹ Für die Teilnehmer hätte er getrost auch heißen können ›In Albanien viel Neues‹ - ohne Fragezeichen.
Weitergehende Ergebnisse der Tagung und ihres Informationsaustausches sind demnächst den ›Albanischen Heften‹ und der Website der Deutsch-Albanischen Freundschaftsgesellschaft zu entnehmen (www.albanien-dafg.de). Ein Sonderheft ist geplant ... Bleibt noch auf einen Buchtitel hinzuweisen, der auf dem Büchertisch mit auslag und kurioserweise die erste deutsch-albanische Beziehung im Jahre 1914 zum Thema hat: ›Nach Albanien, Karl! - Eine andere Reise in das Jahr 1914‹ von Peter Marxheimer, erschienen bei BoD Norderstedt 2007, ISBN 978-3-8370-0265-2 (mehr Informationen unter www.peter-marxheimer.de).


Über Dr. K.P.Müller