Wilhelmshaven macht Theater: Die fetten Jahre sind vorbei - 1968 aber nicht?

Wilhelmshaven (tj). Was hat das mit 1968 zu tun? „Die fetten Jahre sind vorbei“, signalisieren drei junge Leute den Reichen und Schönen, wenn sie in Villen die Möbel umstellen. Doch dann geht etwas schief: Ein Manager (Thomas Hary) kommt zu früh nach Hause und überrascht Jan (Aom Flury), Peter (Oliver Schönfeld) und Jule (Sara Spennemann). Das Trio fesselt den „Bonzen“ und entführt ihn. Was dann geschieht, fasst die Regisseurin des Stücks, das am 22. Oktober, 20 Uhr, im Wilhelmshavener Studio Rheinstraße Premiere feiert, in einem Satz zusammen. Eva Lange: „Die beiden Generationen kommen sich näher.“ Denn: Der entführte Manager ist das, was einige einen Alt-68er nennen. Der ist also auch einmal aufmüpfig gewesen?

Wie steht es da um die „heutige Jugend“? Wofür setzt sie sich ein? Wogegen protestiert sie? Oder ist sie angepasst - wie Medien das in diesen Tagen so gern behaupten? Die Antworten stehen während der Vorstellungen auf dem Rahmenprogramm. Präsentiert werden die Ergebnisse von Gesprächen mit Schülern und Lehrern an der Cäcilienschule, mit Pastor Bolten und mit dem Jugendbeauftragten der Polizei. Die Schülerinnen und Schüler haben Experten befragt, Passanten sagten ihre Meinung über die so genannten 68er.

Wie aber war das in Wilhelmshaven? Darüber gibt es sogar einen Roman. Er stammt aus meiner Feder und heißt „Streichelnde Worte“. Er beginnt so: „Zurückgelehnt in seinem Sessel, die Hände vor dem Bauch gefaltet, schoss der Ratsherr seine Frage ab: ´Sie möchten also die leer stehende alte Schule am Irisweg zu einem Kinderladen machen?´ Bernd und Ingrid, ermüdet von der Diskussion, die sich im Kreise gedreht hatte, waren zu schwach geworden für eine Antwort. Der Ratsherr ließ das Gespräch stranden: ´Sie wollen also Kinder verkaufen?´“

So war das in Wilhelmshaven. Live und in Farbe - und als sich im Stadtnorden eine Initiative für den Bau eines Jugendzentrums bildete, war der Stadtjugendpfleger sicher: „Das bekommt ihr nie.“ Und tat alles, um das Vorhaben zu Fall zu bringen. Die Initiative aber ließ sich nicht stoppen, sammelte Tausende Unterschriften und organisierte eine Diskussionsveranstaltung mit einem Freizeitheimleiter aus Hannover-Linden. Egon Kuhn hieß der, ein so genannter „Lindener Butjer“, der dem Stadtjugendpfleger in aller Öffentlichkeit die Flötentöne beibrachte. Die eher konservative „Wilhelmshavener Zeitung“ berichtete darüber gern, denn der Pressesprecher der Initiative lieferte der zuständigen Redakteurin die Texte und Krach in der SPD kam dem Verleger als CDU-Mitglied nicht ungelegen. Die sozialdemokratisch angehauchte Tageszeitung „Wilhelmshavener Rundschau“, später „Wilhelmshavener Presse“ hielt sich eher zurück, weil Krach in der SPD, das durfte nicht sein.

Ob auch das auf dem Rahmenprogramm steht, wird sich zeigen am 26. und 31. Oktober, am 2., 13., 14., 15. und 22. November. Außerdem wird nach der Vorstellung am 14. November eine Party mit der Sixties-Band „The Seasicks“ gefeiert.

Ein Beitrag für www.2sechs3acht4.de


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