Veröffentlichung der BaFin über die Prospektpflicht bei öffentlichen Angeboten - berichtet von Dr. jur. Horst Werner

Die BaFin ist als national zuständige Behörde (National Competent Authority – NCA) ein wichtiger Teil der europäischen Banken- und Kapitlanlagen-Aufsicht. Sie beaufsichtigt in Deutschland derzeit insgesamt 1.740 Banken und 674 Finanzdienstleistungsinstitute. Wie intensiv Banken und Kapitalmärkte beaufsichtigt werden, hängt von Art und Umfang der Geschäfte ab, die sie betreiben, und damit entscheidend von den dabei eingegangenen Risiken. Daher wird die Bankenaufsicht auch als risikoorientierte Aufsicht bezeichnet. Die Aufsicht richtet grundsätzlich ihr Hauptaugenmerk darauf, dass Institute erstens über genügend Eigenkapital und Liquidität verfügen und dass sie zweitens angemessene Mechanismen zur Risikokontrolle eingerichtet haben.

Die Gesetze, auf denen die Bankenaufsicht basiert, stehen im Einklang mit den Prinzipien der freien Marktwirtschaft. Das bedeutet zunächst, dass allein die Geschäftsleiter der Institute die Verantwortung für deren Geschäftspolitik tragen. Die Institute müssen aber sowohl qualitative als auch quantitative Rahmenbedingungen erfüllen und sind verpflichtet, ihre Bücher der Aufsicht offenzulegen. Wenn die BaFin im Rahmen ihrer Solvenzaufsicht, das heißt bei der Überprüfung des Liquiditätsrisikos, erhebliche Defizite bei einem Institut feststellt und die gesetzlich bestimmten Voraussetzungen gegeben sind, kann sie – gegebenenfalls auch in Abstimmung mit der EZB – aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen.

Aus einer aktualisierten Veröffentlichung der BaFin vom 13.02.2023:

In Deutschland dürfen Wertpapiere und Vermögensanlagen im Grundsatz nicht ohne einen von der BaFin gebilligten Prospekt öffentlich angeboten werden.

Wertpapiere: Aktien und Anleihen

Wer Wertpapiere öffentlich anbieten will, z.B. im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung bei einer Aktiengesellschaft oder der Begebung von Schuldverschreibungen, oder diese an einem geregelten Markt zulassen möchte, muss dafür regelmäßig – das heißt vorbehaltlich einer Ausnahme – einen Prospekt erstellen und veröffentlichen. Der Wertpapierprospekt muss alle wesentlichen Angaben über den Emittenten und die angebotenen Wertpapiere enthalten. Er soll die Anleger in die Lage versetzen, sich ein zutreffendes Bild über das Angebot zu machen und auf dieser Grundlage ihre Investitionsentscheidung zu treffen. Grundlage für die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts ist die EU-Prospektverordnung 2017/1129 (EU-Prospekt-VO). Der Inhalt und die Aufmachung werden durch die EU-Delegierten Verordnungen 2019/979 und 2019/980 der EU-Kommission, jeweils vom 14.03.2019, konkretisiert.
Vermögensanlagen

Auch Vermögensanlagen dürfen i.d.R. nicht ohne einen Prospekt öffentlich angeboten werden. Die Prospektpflicht erstreckt sich dabei auf:

Unternehmensanteile,
Anteile an Treuhandvermögen,
partiarische Darlehen,
Nachrangdarlehen,
Genussrechte,
Namensschuldverschreibungen,
sonstige vergleichbare Anlageformen, die eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld gewähren oder in Aussicht stellen, und

Anlagen, die im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld oder handelsüblichen Edelmetallen
eine Verzinsung und Rückzahlung,
eine Verzinsung und Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen,
einen vermögenswerten Barausgleich oder
einen vermögenswerten Ausgleich durch die Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen

gewähren oder in Aussicht stellen,

solange sie jeweils nicht in Wertpapieren und auch nicht als Anteile an Investmentvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) ausgestaltet sind und die Annahme der Gelder auch nicht als Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) zu qualifizieren ist.

Zu den Unternehmensanteilen gehören Unternehmensbeteiligungen an Personengesellschaften, Geschäftsanteile an GmbHs, GbR-Anteile sowie stille Beteiligungen an den genannten Gesellschaften oder bestimmten Vermögensmassen solcher Gesellschaften und auch Beteiligungen an ausländischen Unternehmen anderer Rechtsformen. Der Prospekt für Vermögensanlagen ist nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) zu erstellen. Sein Inhalt und Aufbau ist in der Vermögensanlagen-Prospektverordnung (VermVerkProspV) geregelt.
Hinweis

Hinterlegte Prospekte für Wertpapiere und Vermögensanlagen finden Sie in den Datenbanken der BaFin.

Weitere Auskünfte erteilt der Wirtschaftsjurist und Kapitalmarktexperte Dr. jur. Horst Werner von der Dr. Werner Financial Service AG unter der Mail-Adresse dr.werner@finanzierung-ohne-bank.de bei entsprechender schriftlicher Anfrage.