Zum Schutz der Erde müssen wir bei der Klimapolitik auf mehreren Ebenen ansetzen

Minister Lee Ying-yuan
Environmental Protection Administration
Taiwan (R.O.C.)

September 2017

Der Klimawandel ist eine wissenschaftliche Tatsache und seine Auswirkungen sind bereits überall auf der Welt deutlich zu spüren. Er bedroht die menschliche Gesundheit, die Orte, wo wir wohnen, und die Nachhaltigkeit unserer sozio-ökonomischen Systeme.

Dies betrifft auch Taiwan, das allein in diesem Jahr bereits mehrere extreme Wetterereignisse erlebt hat. Anfang Juni fiel im Bezirk Sanzhi von New Taipei City im Norden von Taiwan 615 mm Niederschlag in nur neun Stunden, während in den Bergregionen rund um Kaohsiung im Süden Taiwans der Rekordwert von 1.446 mm Gesamtniederschlag gemessen wurde. Ende Juli trafen kurz nacheinander zwei Taifune (Nesat und Haitang) die Insel, was der Gemeinde Jiadong in der südlichen Küstenregion Pingtung den Rekordwert von 690 mm Niederschlag in nur drei Tagen brachte. Diese langanhaltenden und intensiven Niederschläge haben Rekorde gebrochen und schwere Schäden verursacht. Im August erlebte Nordtaiwan dann eine Hitzewelle mit anhaltenden Temperaturen von über 37° C, die alle in den letzten 100 Jahren verzeichneten Hitzeperioden übertraf. Internationale wissenschaftliche Studien haben für das Jahr 2016 zudem die höchste jemals registrierte globale Durchschnittstemperatur bestätigt.

Diese Beispiele sind eindeutige Beweise dafür, dass der Klimawandel real ist und bereits stattfindet – mit schwerwiegenden Folgen. Wir dürfen jedoch nicht alles verloren geben. Vielmehr müssen wir erkennen, dass das Wohl des Planeten und das Überleben der Menschheit untrennbar miteinander verbunden sind, und die Gelegenheit nutzen, durch konkrete Maßnahmen unsere Lebensweise zu ändern.

Taiwan, ein Inselstaat, ist den schlimmen Auswirkungen des Klimawandels besonders stark ausgesetzt. In Reaktion auf die Aufrufe zum globalen Klimaschutz hat Taiwan das „Gesetz zur Emissionsreduzierung und zum Management von Treibhausgasen“ erlassen und die „Richtlinien für nationale Klimaschutz-maßnahmen“ (National Climate Change Action Guidelines) zur Eindämmung und Reduzierung von Treibhausgasemissionen formuliert. Der daraufhin erstellte „Aktionsplan Treibhausgas-Reduzierung“ zielt – mit insgesamt über 200 teilweise behördenübergreifenden Initiativen – auf sechs Hauptbereiche ab: Energie, Produktion, Verkehr, Wohn- und Gewerbeimmobilien, Landwirtschaft und Umweltmanagement. Für die effektive Umsetzung sehen die Richtlinien zudem alle fünf Jahre regelmäßige Überprüfungen vor.

Um die Kapazität für saubere Energieerzeugung in Taiwan zu schaffen und die Luftqualität zu verbessern, hat die Regierung das ambitionierte Ziel vorgegeben, bis zum Jahr 2025 einen Gesamtenergiemix zu erreichen, bei dem zu 20 % erneuerbare Energie und zu 50 % Erdgas genutzt wird, während gleichzeitig der Anteil der Verwendung von Kohle auf 30 % sinkt. Außerdem hat sie das „Elektrizitätsgesetz“ geändert, um den Ausbau der grünen Energieerzeugung voranzubringen, und „Leitlinien zur Energieentwicklung“ beschlossen sowie unter Beteiligung der Öffentlichkeit ein Weißbuch zur Umgestaltung der Energieerzeugung („Energy Transformation White Paper“) erarbeitet, um den Übergang zu beschleunigen. Damit Handel und Industrie bei der Entwicklung grüner Energie-Technologien einen Beitrag leisten, bietet sie diesen auch entsprechende Anreize, bei welchen Aspekte wie Finanzierung, Investitionen und Personalschulung berücksichtigt werden.
Kurzum, Taiwan setzt alles daran, um in Übereinstimmung mit dem Abkommen von Paris dem Klimawandel zu begegnen, und ist bestrebt, bis 2050 seine CO2-Emissionen auf 50 Prozent des Niveaus von 2005 zu senken.

In ihrem unablässigen Streben nach wirtschaftlicher Entwicklung haben Gesellschaften ausgiebig von fossilen Brennstoffen Gebrauch gemacht und die natürlichen Ressourcen der Erde weitgehend geplündert. Dafür zahlen wir heute einen hohen Preis, nicht nur aufgrund des Klimawandels, sondern auch angesichts der gravierenden Zerstörung und Verschmutzung der Umwelt. Taiwan hat seit vielen Jahren auf die Förderung von Recycling und Abfallreduzierung in seiner Gesellschaft hingearbeitet, was auch die Beachtung der Weltpresse fand. Im Mai 2016 veröffentlichte das Wall Street Journal einen Artikel mit dem Titel „Taiwan: Genies der Welt bei der Müllentsorgung“. Darin wurde darauf hingewiesen, dass das in der Vergangenheit schon „Müllinsel“ genannte Taiwan inzwischen eine Vorbildfunktion beim Recycling übernommen hat und mit Initiativen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft eines der führenden drei Länder der Welt geworden ist. Bei diesen Initiativen geht es unter anderem um den Aufbau einer industriellen Wertschöpfungskette, die Einrichtung von Sonderzonen für Kreislaufwirtschaft und die Suche nach wirtschaftlich interessanten Möglichkeiten für eine entsprechende Umgestaltung der Industrie. Taiwan hofft, bis zum Jahr 2022 zu einem Drehkreuz der Kreislaufwirtschaft in Asien zu werden, mit einer gesunden regenerativen Wirtschaft, die weiter wächst, während sie Ressourcen schont und so den Weg zu einer nachhaltigen Welt ebnen hilft.

Staats- und Regierungschefs der ganzen Welt, wie auch der Papst, fordern immer wieder, dass mehr getan werden muss, um die Bedrohungen durch den Klimawandel zu bekämpfen. Taiwans Regierungschefin Tsai Ing-wen hat versichert, dass Taiwan eine standhafte aktive Kraft beim Streben nach Lösungen sein wird, die so dringend nötig sind, um unseren Planeten für künftige Generationen zu bewahren. Durch bilaterale Vereinbarungen und multilaterale Kooperationen ist Taiwan nun schon seit langem still und leise dabei, seiner Aufgabe als verantwortungsbewusstes Mitglied der internationalen Gemeinschaft nachzukommen. Wir wollen nichts mehr, als mit anderen Ländern zusammenzuarbeiten und alles tun, was getan werden kann, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Gerne ist Taiwan bereit, seine Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich des Umweltschutzes mit anderen Ländern zu teilen, besonders mit solchen, die in diesem Bereich dringend Hilfe benötigen. Taiwan möchte gerne mit seiner grünen Energiepolitik, grünen Industrie und grünen Arbeitsplätzen für seinen Teil das tun, was zum Schutz unseres Planeten nötig ist.