Buchveröffentlichung: WAS BLEIBT VOM CHRISTLICHEN GLAUBEN? Glaubenskulturen im 21. Jahrhundert

Religionssoziologische Umfragen deuten darauf hin, dass der christliche Glaube in der westlichen Kultur seit längerem eine deutliche Verdünnung und Relativierung erfährt. Ein Bibelwissenschaftler und ein Religionsphilosoph fragen in diesem Buch, welche Lehren, Bilder und Normen der christlichen Kultur nach heutigem Stand auch in der nächsten Zeit erhalten bleiben dürften. Zu Beginn zeichnet der Religionsphilosoph Anton Grabner-Haider die kulturgeschichtliche Entwicklung der christlichen Lehren und Normen, in denen sich Elemente der semitischen und der griechischen Kultur vermischen. Das römische Reichschristentum wurde ab 381 u.Z. aus politischen Gründen als einheitliche Herrschaftsreligion mit staatlicher Gewalt durchgesetzt. Es prägte die europäische Kultur im Mittelalter und in der frühen Neuzeit.
Grabner Haider zeigt auf, dass mit dem Aufkommen der Naturwissenschaften und der kritischen Philosophie viele christliche Lehren ihre Plausibilität verloren. Die rationale Aufklärung strebte nach einer vernünftigen, natürlichen und humanen Form der Religion. Trotzdem wären noch die beiden Weltkriege im 20. Jh. durch die christliche Herrschaftsreligion legitimiert worden. Erst in der Zeit der verschärften Moderne (Postmoderne) lösten sich schließlich viele der christlichen Lehren und Normen auf. Grabner-Haider weist darauf hin, dass in der westlichen Kultur statt des christlichen Monopolanspruches nun eine Rückkehr zur Vielfalt der religiösen Suchbewegungen zu finden ist.
Gegenwärtig werde auch das Christentum weltweit in einer Vielfalt von Überzeugungen und Abstufungen gelebt und geglaubt. Zudem ringe ein weltoffenes Kulturchristentum um die moralischen Grundwerte des Christentums in der Politik, in der Kultur, in der Kunst, in der Musik, in den sozialen Beziehungen. Gleichzeitig engagiere sich ein lernbereites Kirchenchristentum um Reformen in den Kirchenstrukturen. Während die kirchlichen Fundamentalisten weiterhin an den Lehren, den Normen und den Strukturen des Herrschaftschristentums festhalten, so Grabner-Haider, lebe die große Mehrheit der westlichen Christen im Dialog mit Atheisten und Religionslosen, mit Agnostikern und Anhängern fremder Religionen. Global gesehen habe das neue Christentum der persönlichen Verantwortung seine sozialen und moralischen Potentiale jedoch bei weitem noch nicht ausgeschöpft.
Die großen Themen in der christlichen Religion stellt Bernhard Lang im Rahmen bekannter Werke der Weltliteratur vor. Er beginnt mit einzelnen Schriften aus der Bibel, der Erzählung von der göttlichen Welterschaffung, den Psalmen und dem Hohen Lied der Liebe, der Bergpredigt Jesu und den Lehrendes Paulus, den Hymnen im Johannesevangelium und der Apokalypse. Anschließend geht Lang den Spuren der christlichen Weltliteratur nach, dem Sonnengesang des Franziskus, der Göttlichen Komödie, der Nachfolge Christi, den Ideen von B. Pascal, den Werken von John Milton und Daniel Defoe. Zuletzt erinnert er große Themen der Philosophie und der Dichtkunst, die sich auf christliche Lehren beziehen: die Kritik von F. Voltaire, Ideen von G.E. Lessing und J.W. von Goethe, von L. Tolstoi und F. Dostojewski, von R.M. Rilke und M. Unamuno, von G. Bernanos und Th. Mann, von M. Bulgakow.
In den Blick kommen große Werke der Religionskritik, etwa bei F. Schiller und G. Keller, F. Nietzsche und A. Gide, J. Joyce, Albert Camus und M. Kundera. Lang folgt der Überzeugung, dass die großen Themen der christlichen Kultur unsere postmoderne Lebenswelt noch lange Zeit beschäftigen und vielleicht auch mitprägen werden. Beide Autoren beschreiben den Übergang von einem repressiven Herrschaftschristentum zu einem liberalen Christentum der persönlichen Verantwortung, wie es Emmanuel Levinas formuliert hatte.

Bernhard Lang / Anton Grabner-Haider
Was bleibt vom christlichen Glauben?
Glaubenskulturen im 21. Jahrhundert
Taschenbuch, 254 Seiten, Verlag Ferdinand Schöningh GmbH, August 2015
ISBN-10: 3506782185
ISBN-13: 978-3-506-78218-2
Preis: 29,90 Euro
Erhältlich im örtlichen und im Online-Buchhandel, Rezensionsexemplare über den Verlag Ferdinand Schöningh GmbH

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