Markenrecht: Pinterest verliert gegen Premium Interest – Streit um Wortmarke „Pinterest“

Eine markenrechtliche Auseinandersetzung um die Wortmarke "Pinterest" endet vor dem HABM zu Lasten des US-amerikanischen Social Media Unternehmens (HABM, 05/11/2013, Opposition No. B 002009309).

Dies ist die Geschichte darüber, wie Markenrechte eine Expansion eines Unternehmens erheblich verteuern kann.

Das US-amerikanische Unternehmen Pinterest Inc. bietet eine Plattform mit einem sozialen Netzwerk an. Der funktionelle Unterschied zu Facebook & Co liegt bei Pinterest darin, dass die Nutzer Bilder an virtuelle Pinnwände heften können. Die Idee dahinter ist der soziale Austausch über die verschiedensten Themen über das Medium Bild.

Dieses Konzept erfreut sich ganz erheblich wachsender Beliebtheit, so dass Pinterest 2013 auf Platz 42 der meistbesuchten Seiten der USA gestiegen war. Auch in Deutschland sollen 400.000 Menschen Pinterest nutzen. Tendenz steigend.

Das wachsende Interesse legt natürlich eine Expansion auf den europäischen Markt nahe. Um dieses Vorhaben abzusichern, sollten auch vor dem Harmonisierungsamt für den europäischen Binnenmarkt (HABM) europaweit geltende Markenrechte gesichert werden. Vor dem HABM können sogenannte Gemeinschaftsmarken angemeldet werden. Sobald diese eingetragen sind, hat der Inhaber dann die Rechte an seiner Marke im gesamten europäischen Binnenmarkt.

Allerdings hatte eine britische Firma mit Namen Premium Interest Ltd. wenige Tage bevor Pinterest seine Marke anmeldete, selbst eine Marke beim HABM angemeldet. Der Name der Wortmarke: Pinterest (EM 010605749). Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Es kam zu einer streitigen Auseinandersetzung der beiden Unternehmen vor dem HABM. Pinterest Inc. aus den USA legte Widerspruch gegen die Markenanmeldung ein und verlangte die Löschung der dem britischen Unternehmen gehörenden Markenanmeldung "Pinterest".

Im Markenrecht gilt jedoch der sogenannte Prioritätsgrundsatz. Das bedeutet, dass die Person, die eine Marke zuerst anmeldet, gegen jüngere, neu angemeldete Marken, die die ältere Marke verletzen, vorgehen kann. Ausschlaggebend für das ältere Recht ist der Anmeldetag.

Dass das natürlich nicht uneingeschränkt gelten kann, zeigt der folgende Gedanke: Man stelle sich vor, Coca Cola hätte keine Markenrechte registriert und ein Dritter würde sich nun die Markenrechte an Coca Cola sichern. Diese Person könnte dann Coca Cola zwingen, ihre Produkte anders zu nennen, oder sie könnte Geld für die Nutzung des Namens Coca Cola verlangen. Das widerspricht unserem Gerechtigkeitsempfinden, denn ein solches Handeln wäre Wegelagerei.

So sieht es auch das Gemeinschaftsmarkenrecht. In Art. 8 Abs. 4 GMV steht:

„Auf Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Gemeinschaft oder des Mitgliedstaats:

a) Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in Anspruch genommenen Priorität, erworben worden sind,

b) dieses Kennzeichen seinem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.“

Voraussetzung ist also der Nachweis, dass man eine nicht eingetragene Marke oder ein sonstiges Kennzeichenrecht, z. B. Firmenname, benutzt, das auch im Verkehr weitgehend bekannt ist.

Pinterest versuchte daher, sich auf ältere Rechte aufgrund überragender Bekanntheit zu stützen. Allerdings scheiterte der Versuch daran, dass Pinterest Inc. nicht nachweisen konnte, dass die Marke "Pinterest" in überragender Weise verkehrsbekannt sei, trotz Vorlage einer Vielzahl von Dokumenten.

Das HABM ist, wie wir bereits berichteten (Link zum NL über Benutzungsnachweise zum HABM), äußerst streng, was die Bewertung von Beweismitteln angeht. Pinterest Inc. konnte also nicht den Nachweis erbringen, dass der Begriff "Pinterest" in Europa oder dem Vereinigten Königreich so bekannt ist, dass jedermann ihn mit der Social Media Plattform in Verbindung bringt.

Die Konsequenzen dieser Entscheidung des Amtes sind indes harsch für Pinterest Inc. Zwar besteht die Möglichkeit, dass Pinterest den Weg der europäischen Gerichte bis zum EuGH bestreitet, um diese Entscheidung des HABM anzugreifen, sie erscheint aber wenig aussichtsreich.

Erforderlich wäre, dass neues Beweismaterial vorgelegt wird, mit dem die überragende Verkehrsgeltung der Marke "Pinterest" zu Gunsten des US-Unternehmens nachgewiesen wird. Dies ist jedoch nicht mehr möglich. Die Verfahren gegen Entscheidungen des HABM unterliegen der Präklusion, was neue Beweismittel angeht. Das bedeutet, die Gerichte könnten nur über die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des HABM urteilen, dürften neue Tatsachen aber nicht berücksichtigen.

Für Pinterest Inc. bedeutet das also mit großer Wahrscheinlichkeit, dass die Expansion nach Europa nunmehr vom Goodwill eines britischen Unternehmens abhängig ist. Aufgrund der bestehenden Markenrechte könnte Premium Interest Ltd. von Pinterest Inc. entweder die Unterlassung der Benutzung der Marke in Europa verlangen oder – was wesentlich lukrativer sein dürfte – an Pinterest Inc. eine Lizenz zur Benutzung des Namens Pinterest vergeben.

Fazit

Die Entscheidung des HABM verdeutlicht einmal mehr, welch hohes Maß an Sorgfalt für die Entwicklung eines Markenportfolios geboten ist. Ordnungsgemäße Recherche und die rechtzeitige Sicherung von Markenrechten, sowie die im Zweifel notwendige, sehr sorgfältige Führung von Auseinandersetzungen vor dem HABM, sind, wie deutlich geworden ist, auch bei großen Unternehmen erforderlich und bedürfen eines geschicktes Vorgehens.


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