Kulturelle Dynamik bei der Enstehung von Mehrheitsentscheidungen

Unsere Kultur verabschiedet sich grußlos von der Mehrheitsentscheidung.
Staatliche wie suprastaatliche Organe haben sich aufs Aushandeln verlegt, vermeiden zunehmend das Abstimmen. Was bedeutet dieser Abschied politisch? Und was bedeutet er kulturell? Das Mehrheitsprinzip macht alle Teilnehmer zu Gleichen: Egal ob jemand gebildet oder ungebildet ist, hochgewachsen oder klein, dick oder dünn, egal welcher religiösen oder ethnischen Gruppierung man angehört und welchen sozialen, ökonomischen, sexuellen und familialen Status man einnimmt, die abgegebene Stimme zählt absolut gleich. Dieses Prinzip reduziert alle Mitentscheider zu bloßen Bürgern, welche im Moment des Entscheidens, also beim Abstimmen, alle denselben Wert besitzen. Die Mehrheitsregel ist daher die einzige Entscheidungsregel, in der sich politische Gleichheit ausdrücken kann. Und die politische Gleichheit ist die fundamentale Voraussetzung aller Demokratie.

Die Mehrheitsentscheidung
Entstehung und kulturelle Dynamik
Egon Flaig
Verlag Ferdinand Schöningh

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Wohlgemerkt: Wo die Mehrheitsregel waltet, muß keine Demokratie sein; aber wo Demokratie ist, kann nur die Mehrheitsregel gelten.
Wenn nun die Mehrheitsregel entschwindet, erfüllt sich dann nicht ein liberaler Wunschtraum? Hat nicht J. Stuart Mill die Mehrheitsentscheidung verworfen, indem er auf die Ungleichheit der Menschen verwies: »Zwar sollte jeder Stimmrecht besitzen, aber daß jeder gleiches Stimmrecht besitzen sollte, ist eine völlig andere Aussage… Der weisere und bessere Mann hat Anrecht auf größeres Gewicht«? Also ungleiches Stimmrecht für ungleiche Bürger. Was das bedeutet, wissen wir aus den reichen historischen Erfahrungen des vergangenen Jahrhunderts.


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Erhard Coch ist Autor verschiedener Bücher und Essays.