Arbeitsmarktchancen von Flüchtlingen in Deutschland

von Anita Arnold – OPTIMUS Redaktion
Die Arbeitslosigkeit unter den Zuwanderern, ungleiche Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt und Dumpinglöhne sind auch im Jahr 2013 vieldiskutierte Themen unter den Flüchtlingen und Asylanten, die nicht aus EU-Ländern stammen. Die Schuldenkriese treibt massenhaft weitere Zuwanderer in die wirtschaftlich noch gefestigten Länder wie Deutschland. Die Gründe für die prekären Verhältnisse gehen immer in dieselbe Richtung; die Migranten seien nahezu immer schlecht oder zumindest unzureichend ausgebildet und ihre Sprachkenntnisse seien ungenügend. Dies schmälert ihre Möglichkeiten ungemein. Aber auch die Lohnlücke, die die Zuwanderer hier erwartet, ist nicht gerade förderlich. Laut Spiegel verdienen türkischstämmige Mitarbeiter im Schnitt nur 64% vom Lohn, den deutsche Kollegen einheimsen. Im Laufe der Jahre können die Löhne der Migranten auf „ganze“ 72% des deutschen Durchschnittslohns steigen.
In seiner Masterarbeit diskutiert Björn Weiß die Problematik der Arbeitsmarktchancen von Bleibeberechtigten und Flüchtlingen in Deutschland. Dabei untermalt er die herausgearbeiteten Sachverhalte mit einer Vielzahl von Erkenntnissen, die er während seiner Recherchen zum Thema gesammelt hat. In seiner Arbeit thematisiert Weiß, dass die Hauptleidtragenden der vorherrschenden Situation hauptsächlich zum einen Asylsuchende sind, über deren Antrag auf Asyl noch nicht entschieden wurde, und zum anderen die sog. „Geduldeten“, die mit diesem Status oftmals über mehrere Jahre in Deutschland verbleiben. Im weiteren Verlauf seiner Untersuchungen deutet der Autor an, dass eine Vielzahl von Flüchtlingen eine Beschäftigung nur in dem Bereich der „Jedermann“-Tätigkeiten erwarten kann. Zu diesen gehören Anstellungen im Taxi-, Bau- und Reinigungsgewerbe und ähnliche Tätigkeiten am Rande des Mindestlohns. Eine weitere große Hürde stellt die Behinderung der gesellschaftlichen Integration und Akzeptanz dieser Flüchtlinge seitens der Bevölkerung dar. Denn genau diese Akzeptanz könnte, laut Autor, den Zugang zum uneingeschränkten Arbeitsmarkt signifikant verbessern bzw. wesentlich erleichtern.
Nicht nur gesellschaftliche, sondern auch gesetzliche Hindernisse erschweren den Zuwanderern die Eingliederung in unseren Arbeitsalltag und verhindern, dass genau diese Menschen ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft werden. Die fehlenden Förderungen und Qualifizierungen sowie die meist zu kurz bemessene Aufenthaltserlaubnis spielt bei dem Prozess eine große Rolle. Besonders die sog. Vorrangprüfung erschwert die Eingliederung ungemein. Die Prüfung dient dem Zweck herauszufinden, ob die Stelle nicht eher von einem „bevorrechtigtem EU-Ausländer“ besetzt werden sollte als von einem „nachrangigen“ Mitarbeiter ausländischer Herkunft. Weiß deckt auf, wie mithilfe solcher und ähnlicher Arbeitsmarktinstrumente Flüchtlingsgruppen vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden. Nach Abschluss der empirischen Untersuchung zieht der Soziologe ein Fazit. Der Autor benennt verschiedene Faktoren, die einen Einfluss auf die Arbeitsmarktchancen von Flüchtlingen haben. Zudem musste der Autor in den Gesprächen mit einigen Betriebsleitern Göttinger Firmen feststellen, dass mangelhafte Deutschkenntnisse und mangelndes, ziellandspezifisches Humankapital, wie deutsche Haupt- und Realschulabschlüsse und Ausbildungen, stets einer erfolgreichen Anstellung im Wege stehen werden. Auch Vorurteile, die auf einem mangelnden Erfahrungsschatz beruhen, verhindern eine erfolgreiche Integration in den Betrieb.
Björn Weiß verfügt über einen wissenschaftlichen und zugleich beschwingten Schreibstil, der den Zugang zu seiner Arbeit sowohl für ein allgemeines Publikum, als auch für erfahrene Akademiker zugänglich und interessant gestaltet. Das Buch greift eines der meistdiskutierten Probleme unserer Zeit auf und eignet sich nicht nur dazu, um sich über die derzeitige Lage zu informieren, sondern auch gleichzeitig tiefergehende Zusammenhänge zu erkennen und deren Anfänge und Ursachen zu verstehen.

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