TUI-HV - Qualitätsmanagement der Kundenbeziehungen bleibt weiter im Focus

Unternehmen leben vom gewinnbringenden Absatz ihrer Produkte oder Dienstleistungen. Verkaufen heißt nichts anderes als den Kunden nützlich zu sein. Doch was nützt erfolgreiches Verkaufen, wenn der Kunde anschließend nicht nur vor den Kopf gestoßen sondern ihm auch noch kräftig in die Tasche gegriffen wird? Dann war alle Mühe von Öffentlichkeitsarbeit, Werbung, Verkauf vergeblich und mit dem einen Kunden, den man für immer vertrieben hat, gehen vermutlich noch viele andere verloren, die von dem "Schicksal" des einen abgeschreckt werden.

Insbesondere Dienstleister wie Reiseveranstalter leben vom anhaltenden Zuspruch ihrer Kunden. Wenn es da Probleme gibt, weil die Verantwortlichen versäumen, die für nachhaltige Kundenzufriedenheit erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen und zu erhalten, können weder Hochglanzbroschüren zur Selbstdarstellung noch Selbstbeweihräucherungen in Geschäftsberichten den Mangel ausgleichen.

Anläßlich der kommenden Hauptversammlung der TUI AG rückt die Fallstudie "Qualitätsmanagement-Praxis - Ein 'Reise'-Erlebnis mit Gebeco/TUI - oder: Wenn Kunden sich als Beuteopfer fühlen" (eBook, 137 S. mit Faksimiles der Originaldokumente, ISBN 978-3-943788-07-5, 19,95 Euro, eVerlag READ – Rüdenauer Edition Autor Digital, www.read.ruedenauer.de) wieder ins Zentrum des Interesses aller, die entweder in Unternehmen für die Managementqualität verantwortlich sind oder auch nur mit Sorgenfalten auf der Stirn die Entwicklung der Moral in Wirtschaft und Gesellschaft verfolgen.

Die Studie zeigt einen exemplarischen Fall katastrophalen Managementversagens im Zusammenhang mit gravierenden Mängeln des Qualitätsmanagements der Kundenbeziehungen. Besonders delikat: Die Folgen wurden unter dreister Inanspruchnahme formaljuristischer Tricks rücksichtslos auf die betroffenen Kunden abgewälzt. Das zeugt von einer derartig negativen Einstellung gegenüber Kunden, wie man sie von einem Dienstleister nicht erwartet und wie dieser sie sich auch nicht leisten kann, wenn er langfristig erfolgreich am Markt bleiben möchte.

Die Studie berichtet: Zwei Kunden buchen auf Anraten von Gebeco für eine Fern-Studienreise zusätzlich zum Reisepreis von 5.990 Euro noch einen Zubringerflug für 250 Euro pro Person. Der Flug wird kurz vor Reiseantritt gestrichen, so daß die Anschlußflüge nicht erreicht werden. Lufthansa stellt Umbuchungen gar nicht bzw. nur teilweise für zwei Tage später in Aussicht. Gebeco, von den Kunden unverzüglich telefonisch informiert, bleibt untätig. Ein zusätzlich gesandtes Fax bleibt unbeantwortet. Die Kunden, die ihre Reise wegen der Untätigkeit des Reiseveranstalters nicht antreten können, fordern deshalb den Reisepreis zurück. Gebeco weigert sich. Die Kunden bieten an, die Reise mit Gebeco zu einem anderen Zeitpunkt durchzuführen. Gebeco geht darauf nicht ein. Es deutet sich an, daß der Reiseveranstalter abkassieren möchte, ohne die Leistung zu erbringen, die er ohne Verschulden der Kunden nicht erbracht hat. Der eingeschaltete TUI-Vorstand reagiert zuerst gar nicht, nach Anmahnung durch die Kunden dann mit einem nichtssagenden (Form?-)Schreiben. Als die Kunden Monate später klagen, behauptet der Reiseveranstalter, die Reise hätte problemlos auf einer anderen Route durchgeführt werden können. Das nach üblichem Standard des Qualitätsmanagements von dem Telefongespräch der Kunden mit Gebeco anzufertigende Protokoll kann (oder will? Gebeco nicht vorlegen. So können die Kunden nicht beweisen, daß sie Gebeco eine Frist zur Abhilfe gesetzt haben; ein formaljuristischer Nachteil, den Gebeco zum Schaden seiner Kunden nutzt. Auch die Widerlegung der dreisten Behauptung Gebecos, die Flüge hätten problemlos umgebucht werden können, ist den Kunden nicht möglich. So können sie nicht reisen, sind ihr Geld los und Gebeco macht leistungslosen Profit.

Der Laie staunt und die Fachleute wundern sich, daß Geschäftsleute so unklug handeln können wie die Geschäftsführer der TUI-Tochtergesellschaft Gebeco und der TUI-Vorstand.

Der Fall hat die letztjährige Hauptversammlung des TUI-Konzerns beschäftigt und dort lebhaften Beifall der anwesenden Aktionäre gefunden. Dem damaligen Vorstandsvorsitzende, Michael Frenzel, der, obwohl sein Vertrag kurz vorher noch verlängert worden war, im Herbst vergangenen Jahres überraschend ausgeschieden ist, hat leider das persönliche Format gefehlt, die Blamage mit einer klaren Korrekturentscheidung vom Konzern abzuwenden. Gelegenheit dazu hatte er reichlich, wie in der Fallstudie nachzulesen ist.

Die Möglichkeiten der Aktionäre, Vorstand und Aufsichtsrat zur Wahrnehmung ihrer langfristigen Eigentümerinteressen am Wohlergehen eines Unternehmens anzuhalten, sind sehr beschränkt, solange sich die wenigsten von ihnen darum kümmern. Die meisten lassen sich von den Banken vertreten, die ihre Wertpapierdepots verwalten, ohne sich um Geschäftsberichte oder Abstimmungsvorlagen für die Hauptversammlung zu kümmern – in er Regel fehlen ihnen dazu auch Sach- und Fachkenntnis. Die fatale Folge von dieser Passivität ist, daß die Banken dadurch die Freiheit haben, die Stimmrechte in ihrem eigenen Interesse im Sinne der Vorschläge von Vorständen und Aufsichtsräten wahrzunehmen. Dafür dürfen sie dann auch viele einträgliche Aufsichtsratsposten besetzen.

Auch Großaktionäre wie John Fredriksen und Alexei Mordaschow sind, was die Sicherstellung langfristigen und nachhaltigen Managements angeht, allenfalls ausnahmsweise hilfreich, nämlich dann, wenn sie sich mit unternehmerischen Zielen beteiligen und sich mit dem Unternehmen identifizieren. Weder der mit ca. 26% des Kapitals über mehrere Zwischengesellschaften in Steueroasen beteiligte russische Großaktionär Alexei Mordaschow noch der von Zypern aus agierende Fredriksen dürften sich für eine nachhaltige Managementqualität der TUI-AG interessieren. Wer in wenigen Jahren ein Milliardenvermögen zusammen gebracht hat, für den sind Investitionen – in was auch immer – nur Mittel, um möglichst schnell aus Geld mehr Geld zu machen. Gestern Stahl, heute Touristik, morgen wieder etwas anders. Nachhaltigkeit ist nur im Geldvermehren gefragt, Unternehmen und Menschen, wie Mitarbeiter und Kunden, sind dazu nur Mittel zum Zweck. Die Fredriksens und Mordaschows sind keine Unternehmer, sondern Spekulanten, Spieler, denen das Schicksal der Kunden ihrer Beteiligungen ebenso gleichgültig ist wie das der bei ihnen beschäftigten Mitarbeiter.

Der in der Fallstudie behandelte Fall von Mißmanagement und Kundenvertreibung wird in der kommenden Hauptversammlung voraussichtlich kein Thema sein, obwohl er die Gesellschaft wie ein Schatten weiter begleiten wird. Vorstand und Aufsichtsrat haben aber diesmal „wichtigere“ Themen als Qualitätsmanagement oder anständige Kundenbehandlung. Zum Beispiel eine kräftige Erhöhung ihrer Festbezüge von 40.000 Euro auf 50.000 Euro pro Jahr nebst einer Erfolgsvergütung (was man so alles unter Erfolg verstehen kann!), dazu die Verdoppelung der zusätzlichen Vergütung für die Mitglieder des Präsidiums und des Prüfungsausschusses von 20.000 Euro auf 40.000 Euro pro Jahr sowie den Ersatz der pauschalen Aufwandserstattung durch die Einführung eines Sitzungsgelds von 1.000 Euro pro Sitzung.

Angesichts der in der Fallstudie dokumentierten Leistungen ist dieses üppige Zubrot zum sonstigen Einkommen der Aufsichtsräte ziemlich degoutant. Zwar ist die üppige Aufstockung gegenüber mehr als vier Millionen Gehalt und Boni sowie 0,8 Millionen jährliche Ruhestandsbezüge für den ausgeschiedenen Vorstandsvorsitzenden Frenzel geradezu vernachlässigbar. Dennoch werden sich viele Kapitalanleger, die langfristige Beteiligungsstrategien verfolgen, fragen, ob sie bei einem Unternehmen, das so geführt wird, an der richtigen Adresse sind.

Das Ergebnis pro Aktie der TUI AG im Geschäftsjahr 2011/12 lag übrigens bei -0,16 Euro nach minus 0,01 Euro im vorangegangenen Geschäftsjahr. Dennoch werden die Vorschläge der Verwaltung – wie oben begründet – mit größter Wahrscheinlichkeit mit den Stimmen der Großaktionäre und den Bankenvertretern von der Hauptversammlung gebilligt.

READ – Pressestelle
Kontakt:
RÜDENAUER EDITION AUTOR DIGITAL
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
read@ruedenauer.de
www.read.ruedenauer.de