TUI-Hauptversammlung - Qualitätsmanagement bleibt im Focus

In der gestrigen (15.02.12) Hauptversammlung der TUI wurde beantragt, dem Vorstand wegen des offensichtlich desolaten Zustands der Aufbau- und Ablauforganisation im Konzern und insbesondere bei der Konzerntochter Gebeco die Entlastung zu verweigern.

Grundlage der Vorwürfe ist die Fallstudie des Antragstellers und Fachmannes für Führungs-Qualitätsmanagements mit 35jähriger Erfahrung, in der die Behandlung zweiter Kunden detailliert dokumentiert ist. Diese hatten bei der TUI-Tochter Gebeco eine Fern-Studienreise gebucht. Der für 250 Euro pro Person hinzugebuchte Zubringerflug nach Frankfurt wurde wegen tagelanger witterungsbedingter Probleme in Frankfurt gestrichen. Sowohl Gebeco wie auch der TUI-Vorstand waren nicht bereit, das Versagen des Qualitätsmanagements anzuerkennen. Sie akzeptierten weder das Angebot der Kunden, die Reise nachzuholen, noch waren sie bereit, den Kunden den Reisepreis zu erstatten.

In der Hauptversammlung wurde der Fall noch einmal vorgetragen: Die Kunden rufen, sofort nachdem Ihnen die Lufthansa mitgeteilt hatte, sie könnten mit einiger Wahrscheinlichkeit erst zwei Tage später fliegen, bei der u.a. für Fälle von Flugstreichungen mitgeteilte Notruf-Telefonnummer des Reiseveranstalters Gebecoan. Sie treffen auf eine erkennbar in ihre Aufgabe nicht eingeübte bzw. eingewiesene Person. Auf die Mitteilung der Kunden und ihren Hinweis, ihre Studienreise vertrage keine so beträchtliche Verkürzung, folgen keinerlei Reaktionen seitens des Reiseveranstalters. Ein Gesprächsprotokoll des Anrufs gibt es – wie der Reiseveranstalter später eingesteht – nicht. Oder ist es verschwunden? Als die mißtrauisch gewordenen Kunden daraufhin den Reisevertrag annullieren, schickt Gebeco erst eine Woche später eine nichtssagende Eingangsbestätigung. 14 Tage später gibt der Reiseveranstalter zu erkennen, daß er den Reisepreis nicht erstatten wolle. Die von den Kunden informierte Geschäftsleitung des Veranstalters bleibt ebenso untätig wie der TUI-Vorstand. Nach Rechtshängigkeit des Falles behauptet der Reiseveranstalter, die Reise hätte ohne weiteres auf anderer Flugroute durchgeführt werden können und verschafft sich damit einen formalrechtlichen Vorteil gegenüber den Kunden. So gelingt es ihm, den Kunden zwar illegitim, aber immerhin legal kräftig in die Tasche zu greifen und ihnen einen beträchtlichen finanziellen Schaden zuzufügen. Von dem erheblichen zusätzlichen zeitlichen Aufwand gar nicht zu reden.

Daß solche Massierung von Fehlhandlungen zufällig auftreten, kann als ausgeschlossen betrachtet werden. Daß vorsätzlich so gehandelt wurde, wollen wir zugunsten der Beteiligten nicht annehmen; es kann leider nicht ausgeschlossen werden.. Bleibt nur, das vollkommene Versagen des Systems und der Führung des Qualitätsmanagements der Kundenbeziehungen zu konstatieren.

Schon im Vorfeld hat der TUI-Vorstand die im Gegenantrag erhobenen und genauestens spezifizierten Vorwürfe nicht einmal ansatzweise entkräften können. Statt dessen bezeichnet der Vorstand die in der Fallstudie dokumentierten Mängel als „Unterstellungen“ und behauptet lapidar: „Im TUI-Konzern wird ein effizientes und kundenfreundliches Qualitätsmanagement praktiziert.“ Die Fallstudie mit dem Titel „Qualitätsmanagement in der Praxis - Wenn Kunden sich als Beuteopfer fühlen - ein “Reise”-Erlebnis mit Gebeco/TUI“ ist übrigens bei READ Rüdenauer Edition Autor Digital erschienen und dort sowie bei new eBooks in einer Kurzfassung auch kostenlos erhältlich.

In der Hauptversammlung wurde dann vollkommen klar, daß der Vorstand den Vorwürfen nicht das geringste entgegenzusetzen hatte. Der Vorstandsvorsitzende Dr. Frenzel bedauerte vielmehr den Vorgang, entschuldigte sich bei den Betroffenen Kunden von Gebeco und versprach, sich um den Vorgang zu kümmern.

So wie schöne Worte und kesse Behauptungen ein effektives und effizientes Qualitätsmanagement nicht ersetzen können, so lösen Bedauern und Entschuldigungen keine handfesten materiellen Probleme. Der TUI-Vorstand wird jetzt daran gemessen, was er tut.

Seine erneut bekräftigte Strategie, sich auf Tourismus zu konzentrieren und die Beteiligung Hapag Lloyd, die sich in den vergangenen 10 Jahren hervorragend entwickelt hat, zu veräußern, wird sich mit einem derartig miserablen Qualitätsmanagement der Kundenbeziehungen, wie es in der Fallstudie dokumentiert ist, nicht erfolgreich umsetzen lassen. Dr. Frenzel selbst erklärte, daß es erforderlich sei, margenstärkere Produkte zu entwickeln. Kunden, die solche höherpreisigen Produkte nachfragen, stellen aber auch höhere Ansprüche und lassen sich nicht so behandeln wie es sich Gebeco es im vorliegenden Fall geleistet hat. Solche Vorgänge stoßen auf weit offenen Ohren, wie der Beifall zeigte, den der Vortrag in der Hauptversammlung bekam, und sprechen sich sehr schnell herum. Dann erodiert die wirtschaftliche Grundlage des Konzerns.

Der TUI-Vorstand hat das offensichtlich erkannt. Jetzt sollte er seiner Verantwortung gerecht werden. Wir werden das beobachten und dürfen gespannt sein.

READ Pressestelle