BVL-Experten: Kritisieren zurecht unqualifizierte Lerntherapeuten

Am letzten Wochenende fand in Erfurt die letzte BVL-Tagung statt, auf der BVL-Experten zurecht den „Wildwuchs“ bei außerschulischen Angeboten für Kinder mit einer Lese- Rechtschreibschwäche oder Dyskalkulie kritisierten. Die Angebote seinen zumeist für die betroffenen Eltern äußerst undurchsichtig, hieß es in der Pressemitteilung des BVL.

Unter dem wohlklingenden Namen eines Lerntherapeuten sowie vielen ähnlichen LRS-Therapeuten verbirgt sich meist ein Art Nachhilfe, da viele Anbieter keine entsprechende Qualifikation haben. Berufsbezeichnungen wie Lerntherapeut oder , LRS-Therapeut sind nach wie vor keine geschützten Berufsbezeichnungen. Das scheint auch der Grund dafür zu sein, dass der Markt sehr viel „Wildwuchs“ hervorbringt. Wir, das Legasthenie-Coaching-Team hier in Dresden, können diese Beobachtung sehr wohl bestätigen. Seit vielen Jahren ist die Situation im gesamten Bundesgebiet ähnlich gestaltet. Die Ursachen sind komplex, mitunter weil es nach wie vor an der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und Zusammenarbeit verschiedener Fachgebiete der Legasthenieforschung fehlt. An dieser Stelle erlaube ich mir anzumerken, dass der Selbsthilfeverband BVL e.V. an sich lediglich die die pauschale Diskrepanzdefinition der WHO ICD-10 vertritt, in der das Thema „Lese-Rechtschreibstörungen“ in einen Topf geworfen wird. Aus unserer Sicht war diese langjährige Betrachtungsweise mitunter förderlich für den angeprangerten Wildwuchs des Nachhilfemarktes in diesem Bereich.

BVL kritisiert fachliche Defizite der Pädagogen im öffentlichen Bildungssystem

Seit vielen Jahren kritisiert der Selbsthilfeverband die fachlichen Defizite an den Schulen bzw. der Pädagogen. Er geht davon aus, dass Pädagogen im Rahmen des Studiums mit der Thematik besser vertraut gemacht werden müssten, um individuelle Förderpläne für die Schüler umzusetzen. Sicherlich liegt es auch am Lehramtsstudium, wobei das nicht nur das größte Problem ist, das wir haben. Es liegt vielmehr an einer differenzierten gesellschaftlichen Aufklärung über die verschiedenenbzgl. der Verschiedenartigkeit der Lese- Rechtschreibschwierigkeiten und Rechenschwierigkeiten an sich. Dafür ist es schon reichlich spät. Unser derzeitiges Bildungssystem wird es schwerhaben, sich gezielt auf die Bedürfnisse legasthener und dyskalkuler Schüler anzupasseneinzustellen. Wir sehen die Gefahr, dass das öffentliche Bildungssystem immer mehr das Vertrauen der Bevölkerung verliert. Daher wird sich auch die Chancengleichheit der sozial Schwächeren in den kommenden Jahren noch mehr verschärfen als in den letzten Jahrzehnten zu beobachten war. Die Entwicklung könnte wie in den USA fortschreiten. Gut Situierte werden sich gute Bildung und das Fördern ihrer Kinder leisten können, um ihre beruflichen Chancen verbessern zu können. Sozial Schwächere sind gezwungen, und werden weiter gezwungen sein, sich auf das öffentliche Bildungssystem zu verlassen, das dringende Reformen verpasst hat. Indizien, dass leistungsschwächere Schüler kaum mehr einen Anschluss finden, erleben wir tagtäglich in unserer praktischen Arbeit. Es ist dringender Handlungsbedarf, um die Schieflagen unserer Gesellschaft auszumerzen, damit nicht noch mehr leistungsschwächere Schüler auf der Strecke bleiben.

BVL-Experten raten zur Einzelförderung

Die Notwendigkeit der Einzelförderung sieht ein Großteil der Experten auch anderer Fachgebiete der Legasthenieforschung genau so wie wir.

Denn jeder betroffene Schüler, jeder betroffene Jugendliche und jeder betroffene Erwachsene benötigt individuelle und umfassende Förderung. Die Schwierigkeiten mit den Lesen und Schreiben sind sehr komplexer Natur und können in LRS-Gruppenförderungen auf der Basis von „Nachhilfe“ nicht in den Griff bekommen werden. Wichtig ist auch die wissenschaftliche Begleitung der Einzelförderung. Auch BVL-Therapeuten reichen für eine umfassende Förderung nicht aus. Daher sollten Eltern immer auf einen persönlichen und umfassenden Ansatz achten, wenn es darum geht, die Schwierigkeiten künftig in den Griff zu bekommen.