Urteil des AG Tiergarten: Zwei Jahre auf Bewährung und Sozialstunden für Tom Sack - Kunstfälschungen über Internet vertrieben
Pressetext verfasst von Tom Sack am Sa, 2010-12-04 15:05.Kunstfälscherprozesse sind eigentlich seltene Ereignisse. Umso erstaunlicher ist es, dass in Berlin gleich zwei davon zeitgleich zu Ende gegangen sind: Am 29. November 2010 wurden ein Restaurator sowie ein Ehepaar aus der Berliner Kunsthandelsszene wegen dubioser Geschäfte um gefälschte Werke der Maler Felix Nussbaum (1904-1944) und Martin Kippenberger (1953-1997) vom Landgericht Berlin zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und fünf Monaten bis zu einem Jahr und neun Monaten verurteilt, jeweils ausgesetzt zur Bewährung. Nur einen Tag später hat das Amtsgericht Berlin-Tiergarten, welches im gleichen Gebäude untergebracht ist, den zeitgenössischen Künstler Tom Sack (28) wegen gewerbsmäßigen Betruges und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wurde - die höchste Strafe von allen. Als Bewährungsauflage muss Sack zudem 400 Sozialstunden ableisten.
Der mit zwei Richtern und vier Schöffen besetzte Spruchkörper (erweitertes Schöffengericht) befand Tom Sack für schuldig, in den Jahren 2004 und 2005 fünf gefälschte Kohlezeichnungen des deutschen Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), zwei Studienskizzen des französischen Impressionisten Paul Cézanne (1839-1906) und jeweils eine Zeichnung von Carl Spitzweg (1808–1885) und Gustav Klimt (1862-1918) über das Internet verkauft zu haben - für insgesamt etwa 5.500,- Euro. Ungeachtet des relativ geringen Schadens sei Tom Sack laut Urteilsbegründung jedoch mit hoher krimineller Energie vorgegangen und habe sich aufgrund seiner juristischen Vorbildung möglichst unangreifbar machen wollen. So habe er die Angebote u.a. gezielt so formuliert, dass die Käufer zivilrechtlich keine Chance auf eine Rückabwicklung gehabt hätten. Darüber hinaus habe er mit verschiedenen Identitäten agiert und sei somit kaum ausfindig zu machen gewesen.
In den insgesamt sechs Verhandlungstagen ließ sich allerdings nicht endgültig klären, ob Tom Sack die Werke wirklich selbst gefälscht oder, wie von ihm behauptet, von Dritten erhalten hat. "Auch wenn sich nicht beweisen lässt, dass Sie der Fälscher sind, unterstellen wir Ihnen einfach, dass Sie damals von der Unechtheit Kenntnis hatten. Sie sind nicht dumm!", kommentierte der vorsitzende Richter die Beweislage im Rahmen der Urteilsbegründung. Zuvor waren einige Anklagepunkte aufgrund der durchaus schwierigen Beweisführung völlig fallengelassen worden. So erfolgte die Verteilung nur noch in neun von ursprünglich zwölf Punkten. Die Staatsanwaltschaft forderte dennoch eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten - ohne Bewährung. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch.
Beim ausgeurteilten Strafmaß, welches angesichts der Summe von 5.500,- Euro völlig überzogen erscheint, wurde offenbar die Möglichkeit berücksichtigt, dass es sich bei den verbliebenen Anklagepunkten nur um die Spitze eines Eisbergs handeln könnte, sich also viele weitere Taten nicht mehr nachweisen lassen oder mittlerweile verjährt sind. "Möglicherweise war hier sogar eine Bande am Werk", hieß es von Seiten des Gerichts. Strafmildernd wurde die vollständige Schadenswiedergutmachung gewertet. Die lange Verfahrensdauer von etwa sechs Jahren sei hingegen nicht beim Strafmaß zu berücksichtigen. Diese sei durch die notwendigen Ermittlungen bedingt gewesen und der Justiz nicht anzulasten.
In seinem Schlusswort verwies Tom Sack auf ähnliche Fälle und merkte an: "Ich kann den Antrag der Frau Staatsanwältin nicht nachvollziehen. Andere verursachen einen Millionenschaden und bekommen trotzdem nur Bewährung. Sie glauben doch nicht, dass diese Leute den Schaden jemals bis auf den letzten Cent begleichen. Ich habe jedoch alle Gelder freiwillig zurückgezahlt, obwohl ich mir nichts vorzuwerfen habe. Im Kunsthandel sind 60% aller Werke ohnehin gefälscht, jeder Sammler und Händler kommt ständig mit Fälschungen in Kontakt. Es liegt doch auf der Hand, dass somit auch mir Fälschungen untergekommen sind, zumal ich mit 22 Jahren überhaupt keine Erfahrung hatte."
Die Berliner Justiz wird sich weiter mit diesem Fall beschäftigen müssen, Rechtsanwalt Roman von Alvensleben hat umgehend Berufung gegen das Urteil eingelegt: "Unser Mandant hat den Tatbestand des Betruges nicht verwirklicht. Er hat in seinen Angeboten lediglich seine persönliche Einschätzung zu den Kunstwerken abgegeben, jedoch ganz klar jede Garantie ausgeschlossen. Er hat seine Angebote auch stets relativiert, indem er z.B. angegeben hat, dass er über keine Gutachten verfüge und kein Experte sei. So eine Formulierung kann man nicht einfach als Indiz für eine hohe kriminelle Energie werten. Beim Gebrauchtwagenverkauf sichert man sich doch genauso ab." So ganz falsch könnte er mit dieser Ansicht nicht liegen. Das Landgericht Bückeburg hatte letztes Jahr eine Anklage gegen Tom Sack mit ähnlicher Begründung in weiten Teilen abgewiesen. Von der dortigen Staatsanwaltschaft wurden ebenfalls die Vorwürfe des gewerbsmäßigen Betruges und der gewerbsmäßigen Urkundenfälschung erhoben.
Die in Bückeburg verbliebenen Anklagepunkte drehen sich zwar auch um Kunstfälschung, jedoch soll Tom Sack hier nicht nur Bilder gefälscht, sondern auch gleich noch die zugehörigen Maler samt Legenden frei erfunden und sich selbst als Experte für diese Maler ausgewiesen haben. Laut Anklage soll Sack somit die in Wirklichkeit von ihm selbst gemalten Bilder Kunstsammlern in aller Welt schmackhaft gemacht haben. Prozessauftakt ist hier am 26. Januar 2011 vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Bückeburg.
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Zur Person:
Tom Sack, Jahrgang 1982, studierte nach Abitur und Wehrdienst einige Semester Jura in Konstanz am Bodensee. Bereits neben dem Studium handelte er mit Kunst und Antiquitäten. 2004 siedelte er nach Berlin um, wo er seine Tätigkeit ausbaute und gute Umsätze verbuchen konnte. Er betätigte sich dort auch als Galerist. 2006 zog es ihn raus aufs Land. Er ließ sich mit seiner kleinen Familie in Rinteln-Schaumburg bei Hannover nieder, auch um dort die geschäftlichen Aktivitäten weiter ausbauen zu können. Durch die mit den Ermittlungen einhergehenden Umstände und den damit verbundenen Rufschaden sah er sich jedoch bald gezwungen, den Kunsthandel und die Tätigkeit als Galerist aufzugeben. Tom Sack setzt zur Zeit sein Jurastudium an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg fort und übt nebenbei weiterhin seine freiberufliche Tätigkeit als Kunstmaler aus.
Kontaktdaten:
Tom Sack, freischaffender Künstler
Postanschrift: Krausenstr. 17, 06112 Halle (Saale)
Atelier: Rosenstr. 3, 31737 Rinteln (nur nach Terminvereinbarung)
Telefon: 0345/2797391 oder 0176/66500883
E-Mail: info@tomsack.com
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