Israels Gaza-Blockade: Notwehr oder Völkermord?

Die Bundeskanzlerin meint zu dem tödlichen „Vorfall“ in den internationalen Gewässern vor Gaza erstens, „dass es hilfreich sein könnte, wenn auch internationale Beobachter zugegen sind, um die Aufklärung zu beschleunigen“. Und zweitens, „dass eine Blockade des Gaza-Streifens nicht hilfreich ist“. Hilfreich und nicht hilfreich sind hier aber kaum die angemessenen Worte. Laut der Stellungnahme von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zur todbringenden Enterung des türkischen Schiffs „Mavi Marmara" durch die israelische Marine trifft Israels Regierung eine doppelte Verantwortung:

„Die seit langem über den Gaza-Streifen verhängte Blockade ist kontraproduktiv, unhaltbar und falsch. Sie bestraft unschuldige Zivilisten. Sie muss von den israelischen Behörden sofort aufgehoben werden. In den letzten Monaten habe ich die israelische Regierung ständig gedrängt, die Blockade zu beenden und die humanitären Lieferungen der Vereinten Nationen und anderer nach Gaza zuzulassen. Wenn dies getan worden wäre, wäre die jetzige Tragödie verhindert worden.“

Doch die Regierung Netanjahu lässt auch nach der Tötung von mindestens neun Menschen nicht von der Seeblockade ab. Das der Hauptflotte folgende irische Schiff „Rachel Corrie“ mit der Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire an Bord wurde ebenfalls aufgebracht. Und in Bezug auf die „Mavi Marmara“ dankte Ministerpräsident Netanjahu „den engagierten Soldaten der israelischen Armee, den Sicherheitsbehörden und den Ministerien, die daran beteiligt waren zu verhindern, dass das Schiff Gaza erreicht“. Denn darauf, behauptete Netanjahu, „waren Dutzende Schläger einer Terrororganisation – oder präziser: einer extremistischen Terror-unterstützenden Organisation – vorbereitet, bewaffnet mit Äxten, Messern und anderen ,leichten Waffen', und unsere Soldaten waren gezwungen, sich gegen diese handfeste Gefahr für ihr Leben zu verteidigen”. Also Notwehr?

Auf Seite 3 der National-Zeitung sehen Sie ein Bild von den angeblich später gefundenen „leichten Waffen“ bis hin zum Schraubenzieher, wie es die israelische Armee präsentiert.

Tatsache ist, dass einige Passagiere der „Mavi Marmara“ sich bei der Kaperung des Schiffes wehrten. Wenn die Blockade Gazas gegen das Völkerrecht verstößt, war das allerdings ihr Recht. Im jetzt auf Deutsch erschienenen Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen über den Gaza-Konflikt (Goldstone-Bericht) heißt es im Abschnitt „Die Auswirkungen der Blockade und der Kriegshandlungen auf die Bevölkerung Gazas und ihre Menschenrechte”: Die aus den Handlungen der israelischen Streitkräfte und der erklärten Politik der israelischen Regierung resultierenden Bedingungen für den Gaza-Streifen legen eine völkerrechtswidrige Kollektivstrafe gegen die dortige Bevölkerung nahe. Die Kommission stellte daher eine Verletzung des 4. Genfer Abkommens fest. Eine wachsende Zahl hochrangiger, auch jüdischer Persönlichkeiten betrachtet das Bündel der israelischen Maßnahmen – Blockade und Kriegshandlungen – gegen den Gaza-Streifen sogar als „Völkermord”.

15.06.2010: | | |

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