Finanztransaktionssteuer: Kampagne fordert Vorratsbeschluss statt Absichtserklärung

Nürnberg/Berlin, 19.5.2010

Die Kampagne "Steuer gegen Armut" fordert die Parteien im deutschen Bundestag auf, sich am Freitag parteienübergreifend und eindeutig zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer zu bekennen. Ein so genannter Vorratsbeschluss wäre ein unwiderrufliches Bekenntnis, dass Deutschland sich der Einführung einer Finanztransaktionssteuer nicht widersetzt, wenn andere Staaten dies auch tun. Ein solcher Beschluss wäre ein wichtiges Signal: Bekennt sich Europas größte Volkswirtschaft für die Einführung dieser Steuer, werden andere Staaten folgen. Ein vergleichbarer Beschluss existiert etwa schon in Österreich.

Die Kampagne "Steuer gegen Armut" lehnt die von der Bundesregierung ins Gespräch gebrachte Finanzaktivitätssteuer als Alternative ab. Zur Finanztransaktionssteuer existieren seriöse Studien und Berechnungen und es gibt dazu eine breite wissenschaftliche Diskussion. Dies hat die Expertenanhörung des Finanzausschusses des Bundestags am 17.5. belegt. Die Idee einer Finanzaktivitätssteuer wurde erst im April vom IWF vorgeschlagen und ist deshalb nicht durch eine vergleichbar fundierte Diskussion abgesichert. Es werden zudem verfassungsrechtliche Probleme vermutet, weil diese Steuer nur eine Branche trifft.

Eine Finanztransaktionssteuer ist ohne große Kosten umsetzbar, ihre technischen Voraussetzungen, etwa die Settlement-Systeme für Finanztransaktionen, sind vorhanden. Es fehlt nur der politische Wille, rechtliche Voraussetzungen für die Umsetzung zu schaffen.

Eine weltweite Einführung der Finanztransaktionssteuer wäre ideal. In einem ersten Schritt wäre aber auch eine Einführung in der Eurozone oder der EU sinnvoll und möglich: London etwa ist, trotz einer so genannten "stamp tax" in Höhe von 0,5% immer noch Europas größter Bankenplatz. Entsprechend ist nicht anzunehmen, dass sich die Finanzmarktakteure der Europäischen Union bei einer Finanztransaktionssteuer von 0,05% alle auf die Cayman Inseln absetzen werden. Ebenso unrealistisch ist die Annahme, dass die Geldströme der Welt wegen einer solchen Steuer den weltgrößten Wirtschaftsraum meiden werden.

Die Kampagne "Steuer gegen Armut" erinnert aber an ihre Forderung, dass zumindest ein bedeutender Teil aus den Einkünften dieser Steuer der weltweiten Armutsbekämpfung und der Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele zufließen soll. Auch diese Länder haben unter der Weltfinanzkrise gelitten, sie haben aber nicht die Ressourcen, die Folgen für ihre Bevölkerungen auszugleichen. Entsprechend ist der Hunger weltweit wieder gestiegen, Investitionen in Bildung und Gesundheit stocken oder gehen zurück.

Abschließend begrüßt die Kampagne die EU-Beschlüsse zur Regulierung von Hedge-Fonds Aktivitäten sowie das deutsche Verbot von ungedeckten Leerverkäufen. Auch dies sind wichtige Schritte dahingehend, gesellschaftsschädigende Verhaltensweisen auf den Finanzmärkten wieder in den Griff zu bekommen.

Internetressourcen:
Die Kampagne "Steuer gegen Armut" ist ein Bündnis von 60 Nichtregierungsorganisationen. Mehr Informationen unter http://www.steuer-gegen-armut.org/wer-sind-wir.html

Weitere Informationen:
Jörg Alt SJ, Moderator der Kampagne "Steuer gegen Armut", c/o Jesuitenmission Nürnberg, Telefon 0911/2346-189