Folgenreiche Unmenschlichkeit

Die Idee des Guten entspringt nach hergebrachter Auffassung der göttlichen Vernunft. Moderne Evolutionsbiologen sehen die Sache pragmatischer. Ein „moralisches Gehirn“ sei schlicht von Vorteil im Überlebenskampf, weil man dann auch eher auf Entgegenkommen der anderen rechnen kann. Also habe sich das moralische Gehirn im Laufe der Evolution durchgesetzt.

Leider nicht bei allen. So soll Bundeswehroberst Georg Klein es vor dem Massaker bei Kundus abgelehnt haben, dass die US-Piloten die Tanklaster zunächst überfliegen, und die sofortige Bombardierung angeordnet haben. Laut Abschlussbericht der Nato hat er zudem sogar sechs Bomben verlangt, obgleich die Besatzung der Jagdbomber zwei für ausreichend hielt.

Wie sehr mancher Bombenbefehl auf die eigene Seite zurückschlägt, zeigt das Drama um die „Laconia“, das ARD und BBC derzeit in Südafrika verfilmen. Am 12. September 1942 entdeckte das deutsche U-Boot U 156 vor der westafrikanischen Küste das britische Passagierschiff „Laconia“. Es war mit Geschützen ausgestattet, so dass U-Boot-Kommandant Werner Hartenstein angriff. Als Hartenstein sein Boot auftauchen ließ, gewärtigte er im Wasser mehr als zweitausend Schiffbrüchige: Besatzung, Soldaten, Kriegsgefangene.

Hartenstein begann sofort mit Rettungsmaßnahmen, nahm 193 Menschen an Bord. Karl Dönitz, damals Befehlshaber der U-Boote, beorderte umgehend zwei andere Unterseeboote zur Untergangsstelle.

Hartenstein forderte nun auch auf Englisch Hilfe an und gab seine Position durch. Sein Boot blieb zweieinhalb Tage vor Ort an der Wasseroberfläche. Am 15. September stießen zwei weitere deutsche und ein italienisches U-Boot hinzu.

Am Morgen des 16. September wurden die vier U-Boote – mit Rettungsbooten im Schlepp, hunderten Überlebenden an Bord und Rot-Kreuz-Flaggen an Deck – von einem amerikanischen Liberator-Bomber entdeckt. Hartenstein signalisierte dem Piloten, dass er Hilfe benötige. Dessen vorgesetzter Offizier, Captain Robert C. Richardson III, jedoch reagierte mit dem Befehl, die U-Boote zu versenken.

Hunderte Laconia-Überlebende ertranken. Vor allem aber schlug der Befehl, die U-Boote anzugreifen, auf weitere schiffbrüchige alliierte Besatzungen zurück. Als Konsequenz nämlich erließ Dönitz am 17. September 1942 – in Übereinstimmung mit der US-Praxis – den sogenannten Laconia-Befehl: „Alle Bemühungen, Mannschaften versenkter Schiffe zu retten, werden hiermit eingestellt.”

Karl Diefenbach


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