Über 150.000 Web-Abmahnungen pro Jahr - Immer neue Gründe - Initiative Stopp-Abmahnwildwuchs will Spirale ohne Ende stoppen
Pressetext verfasst von ewey0 am Di, 2009-11-24 12:04.Deutsche Websites und Homepages, ob privat oder gewerblich, lassen sich kaum rechtssicher gestalten. Dies gilt auch für gewerbliche Web-Angebote auf Verkaufs- und Auktionsplattformen. Immer neue, teils widersprüchliche Urteile bringen immer neue Ansatzpunkte für Abmahnungen. Die Abmahnaktivität ist erschreckend. So wurde laut Umfragen bereits jeder dritte Online-Shop einmal abgemahnt und 15% sogar mehrmals. Insider schätzen die Zahl jährlicher Web-Abmahnungen in Deutschland auf über 150000. Es kann jeden treffen. Selbst private Homepage-Betreiber und sogar Verbraucher werden zu Tausenden abgemahnt. Auch missbräuchliche Massen-Abmahnungen gibt es immer wieder.
Nachdem auch die letzte Petition gegen die Abmahnpraxis durch Beschluss weniger Entscheidungsträger auf Anraten des Justizministeriums, abgewiesen wurde, setzt die Initiative Stopp-Abmahnwildwuchs des Portals www.hintergrundfakten.de nun auf ein anderes, in dieser Sache bisher beispielloses Vorgehen, damit es endlich zu einer adäquaten Gesetzgebung kommt.
Unabhängig davon, ob das Justizministerium auch weiterhin keinen Änderungsbedarf sieht, sollen dabei die vielen Parlamentarier, denen die problematischen Aspekte der Abmahnpraxis nicht präsent sind, individuell überzeugt werden, damit sie sich für eine Gesetzesänderung einsetzen. So will man den großen konservativen Einfluss derjenigen Juristen überwinden, die die hohe Unzufriedenheit mit der Abmahnpraxis chronisch ignorieren, die aber unter den politischen Entscheidungsträgern eine Minderheit darstellen.
Für die erforderliche große Zahl von Mitstreitern und für nachhaltige Publizität und stetige Dynamik, sollen auf viele Webseiten verteilte Mikroinfos sorgen, die zur Initiative weisen. Man rechnet mit guten Erfolgschancen, vorausgesetzt, viele Webseiten-Betreiber machen mit. Da diese besonders unter der Abmahnpraxis leiden, dürfte deren Bereitschaft groß sein.
Denn Webseiten-Betreiber tragen ein hohes finanzielles Risiko wegen unabsichtlicher Rechtsverstöße. Schon bei der ersten Abmahnung sind sie verpflichtet, Kosten und Anwaltsgebühren zu erstatten. Bei Abmahnungen sind ferner strafbewehrte Unterlassungserklärungen abzugeben, mit Vertragsstrafen nicht selten im sechsstelligen Bereich. Wer arglos eine vorformulierte Erklärung mit weit gefasstem Unterlassungsrahmen unterschreibt, dem kann später leicht ein neuer Verstoß unterlaufen, der dann eventuell den Ruin bedeutet.
Setzen Gerichte wie so oft neue Regeln, die es fortan einzuhalten gilt, ist im Vorteil, wer dies zuerst wahrnimmt und kann schlecht informierte, nicht konforme Konkurrenten kostenpflichtig abmahnen. Da Laien die jeweilige Rechtslage nicht adäquat beobachten und einschätzen können, bleibt ihnen als Gegenmittel nur, einen Fachanwalt mit der permanenten Überwachung der eigenen Web-Präsenz auf mögliche Rechtsverstöße zu beauftragen.
Weil dies nur für finanzkräftige Betreiber tragbar ist, sind kleingewerbliche Konkurrenten hier im Wettbewerb benachteiligt. Wenn große Handelsketten zudem, wie bereits geschehen, kleine Online-Konkurrenten zu Hunderten abmahnen, können diese nicht nur verunsichert werden und fortan übervorsichtig handeln. Teils kann sogar deren Existenz auf dem Spiel stehen. Auch bei Online-Auktionen und -Marktplätzen gibt es immer wieder wirtschaftlich starke Verkäufer, die versuchen, schwächere Konkurrenten durch Abmahnungen zu vertreiben.
Das Instrument der Abmahnung, dass ursprünglich für fairen Wettbewerb sorgen und gleichzeitig helfen sollte, noch teurere, gerichtliche Verfahren zu vermeiden, führt unter den derzeitigen Anwendungsregeln nicht selten zu Missbrauch und benachteiligt vor allem viele kleine Marktteilnehmer.
Auch besteht derzeit kaum eine Chance, nicht gegen irgendeine Regel zu verstoßen, durch immer neue Gerichtsurteile gesetzte inbegriffen. Selbst Fachanwälte können manchmal zu keinem bestimmten Verhalten raten, das mit Sicherheit vor Abmahnungen schützt. Deshalb fordert die Initiative Stopp-Abmahnwildwuchs, dass in Zukunft abmahnfähige Mängel bei der ersten Abmahnung ohne Kosten und vielleicht ruinöse Unterlassungserklärungen beseitigt werden können. Diese Regelung würde gleichzeitig Abmahnern, die lediglich hohe Kostenerstattungen von vielen Abgemahnten eintreiben wollen, den Antrieb nehmen.
Es geht der Initiative aber nicht nur um Abmahnmissbrauch. Sie fordert auch eine klarere Gesetzgebung und Vorlagen für oft strittige, rechtlich relevante Texte, etwa für Widerrufsbelehrungen, allgemeine Geschäftsbedingungen, Datenschutzerklärungen und Impressen, die Gesetzesrang haben sollten. Solche Vorlagen wären für Gerichte unangreifbar und man könnte sich verlässlich daran orientieren. Dies würde der Endlosspirale immer neuer Urteile, die neue Abmahngründe etablieren, die wieder zu neuen Urteilen führen, einen Großteil ihrer Dynamik nehmen. Auch sollte es keine überhöhten Streitwerte mehr geben und keine Abmahnungen wegen Kleinigkeiten, deren Schadwirkung eher theoretischer Natur ist.
Über tückische Fallstricke der Rechtslage, ihre Forderungen, die Strategie, von der man sich den Durchbruch verspricht und die Möglichkeiten zum Mitwirken, informiert die Initiative auf ihren Informationsseiten. Man hat auch eine Literaturliste zum Themenkreis Web-Abmahnungen und rechtssichere Website- und Homepage-Gestaltung zusammengestellt.
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